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Blutskizzen

Titel: Blutskizzen
Autoren: Norbert Horst
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was ist denn jetzt noch? Sie hat die Scheibe einen Spalt auf. »Zu deiner Information: Atze macht den Aktenführer. Halt uns zwischendurch auf dem Laufenden.« Machen wir. Sie rollt ab.
    Binz ruft, zeigt bei der Leiche auf eine Stelle im Nacken. Ja, sieht aus, als sei es eine Schnur gewesen. Er zieht noch eine Folie ab. Dieses Geräusch. Jetzt muss es aber langsam losgehen. Play. „… teilte die Einsatzleitstelle telefonisch mit,…»
    »… dass auf einem Parkplatz an der Bundesstraße...«
    Ein dunkler Audi rollt auf den Parkplatz. Frau Dr. Richter steigt aus, Knopfdruck, der Schirm springt auf, Blumenmuster.
    »Tag, Herr Kirchenberg.«

19 Uhr 12
    Roland macht den letzten Stich mit der Rundnadel, zieht das Garn stramm, schneidet den Rest ab. Er drückt die Naht leicht gerade, streicht mit dem Daumen übers Gesicht. Letzte Zärtlichkeiten. Mit dem Zeigefinger von oben hinter die Stirnhaut, er zieht sie ein wenig glatt, versucht ihm sein altes Aussehen zu modellieren. Noch ein prüfender Blick, »so, mehr können wir nicht mehr für dich tun«, dann packt er die Sachen zusammen. Frau Dr. Richter steckt das Diktiergerät in ihren Aktenkoffer, im Vorraum hängen die Mäntel. Die Sohlen ihrer Stiefel quietschen auf den Fliesen. Sie zieht den Mantel über den ausgestreckten rechten Arm.
    »Jetzt muss ich aber erst mal was essen. Seit heute Morgen hatte ich nur ein halbes Käsebrötchen. Gibt’s noch diesen Italiener an der einen Kirche, wo wir schon mal gemeinsam waren?«
    »Da Renato? Den gibt es noch. Heißt auch noch so, obwohl Renato jetzt durch Willi ersetzt wurde.«
    »Kommen Sie noch mit, Herr Kirchenberg?« Aufforderung mit warmem Lächeln. Aber müde Augen.
    »Verlockendes Angebot, aber ich muss den Bericht heute noch diktieren und mal schauen, ob unsere Spurensicherer aus dem Müllcontainer noch was Brauchbares geholt haben. Der müsste mittlerweile schon zum Trocknen in unserer Garage stehen. Außerdem ist noch nicht klar, ob wir diese Tat mit der MK Container zusammenlegen. Wäre schon gut, wenn das heute noch entschieden würde.«
    Die Ärmel ihres Nylonmantels schaben sirrend im Takt ihrer Schritte, dazwischen das Quietschen der Sohlen.
    »Die Leiche hatte ich auch und es gibt schon ein paar Parallelen.« Sie zieht die Augenbrauen hoch, kurzer Seitenblick. »Wobei dieser hier sehr wahrscheinlich mit einer Schnur erwürgt wurde und der letzte aus dem Müll eindeutig mit den Händen. Und dieser hatte keine Schädelverletzung.«
    »Außerdem sind beide ältere Männer und in ähnlicher Auffindesituation, das ist schon auffallend. Gut möglich, dass wir die Fälle zusammenlegen.«
    Draußen hat es aufgehört zu regnen, über den Dächern ist ein Stern zu sehen, zwei. Roland hat links die Tasche, fingert sich mit der Rechten einhändig eine Kippe aus der Schachtel, orange, Ernte 23. Er bietet eine an. Beckmann und Binz sind schon weg, sonst auch keiner mehr von unseren da.
    »Eigentlich hab ich’s ja aufgegeben. Aber so auf den Stress...«
    Das Feuerzeug tut es nicht, drei Versuche, er schüttelt kräftig, jetzt. Mit der kalten Luft ganz tief, leichtes Brennen in den Bronchien, das Nikotin wuchtet sich nach drei Sekunden sanft ins Gehirn.
    »Gut, dann werden wir unseren Salat mal alleine essen.« Sie reicht die Hand.
    »Salat?« Roland, die Kippe im Mundwinkel. »Höchstens vor der Pizza.«
    Die Blinker des Audi leuchten kurz auf. A6, Riesenwalzen. Ist das eigentlich ein Dienstwagen, oder fahren die ihre privaten Karren? Roland verstaut die Taschen, schlägt die Klappe zu. Sattes Geräusch, satt und teuer. Sie startet den Motor, grüßt kurz, blitzendes Lächeln, sie rollen vom Hof.
    Das Schloss hakt. Im Radio Einheitspop, auch egal. Fußball fängt erst in einer Stunde an. Wo Dominik jetzt wohl ist.’ne Stunde vorher sollte man schon im Stadion sein, bisschen Atmosphäre schnuppern. Gleich vom Büro aus mal anrufen. Die Straßen trocknen langsam ab, letzte Feuchtigkeit, glänzen matt. Soviel über null haben wir nicht mehr, könnte schon glatt werden.
     
    Drei Versuche beim Sesam-öffne-Dich, das Tastenfeld ist schon ganz schön ausgelutscht. Die Hauswände reflektieren das gelbe Blinklicht, flirrende Schatten, Ornamente. Ist eigentlich gar nicht richtig hell geworden heute. Durch das Lichtband im Tor zur Garage fällt ein heller Streifen auf das Hofpflaster. Beim Türöffnen drückt die Wärme dumpfen Müllgeruch nach draußen, der Heizlüfter bullert. Mitten im Raum der Container, Beckmann auf einer
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