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Blutskizzen

Titel: Blutskizzen
Autoren: Norbert Horst
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schnelle Schritte, er schießt sofort, Thorsten schreit, wendet den Kopf, zu spät. Noch ein Schuss, die Farbe spritzt kurz am Helmrand auf.
    »Das war der Moment, eine Sekunde unaufmerksam, das reicht.« Walter fährt zurück, das Ganze in Zeitlupe. Reißen am Hosenbein, Blick in den Flur, auf den Schreier, Schuss.
    »An der Stelle reichen eben 360 Grad nicht aus, die 90 nach oben kommen noch dazu. Außerdem muss man sich natürlich dazu zwingen, so einen Schwerverletzten nicht zu beachten. Schon schwer.«
    »Was soll’s, Walter, aber ich werde in meinem Alter wohl eh nicht mehr in eine Amoksituation kommen, Thorsten auch nicht.« Thorsten grunzt zustimmend.
    »Aber ihr könntet trotzdem mal öfter zum Schießen kommen. Ihr K-Leute schlabbert das nämlich ganz schön. Du warst das letzte Mal...«, er nimmt eine Liste, blättert, »... vor vier Jahren da.« Hochgezogene Augenbrauen.
    »Walter, wir Tintenpisser von K sind doch Geistesarbeiter. Arbeit mit Köpfchen.« Kurzes Tippen an die Stirn.
    Er klappt den Ordner zu, verständiges Grinsen. »Ach ja, ihr seid ja die Weltmeister und ihr vom KK 11 erst recht, ganz vergessen.« Verstaut das Ding wieder im Fach.
    »Außerdem, man muss ja nicht immer gleich alle erschießen.« Stille. Thorsten stößt unterm Tisch ans Knie, Walter hantiert am Recorder. Ach ja! Idiot. Riesenidiot.
    »Tut mir leid, Walter, ich wollte nicht, also, ich meine...«
    »Schon gut. Ist lange her.« Klarer Blick, ohne Peinlichkeit.
    »Ja, trotzdem. War’n blöder Spruch. Hatte ich nicht mehr auf dem Schirm.«
    »Ist okay, Konni, wirklich. Wie gesagt, ist lange her. Lange her und wirklich kein Problem mehr. Sonst könnte ich diesen Job hier gar nicht machen.« Er boxt zart auf den Oberarm. Wirklich okay.
    »Gut. Ich muss jetzt auch.«
    Er macht die Schiebetür auf, kommt mit nach draußen. »Ich hoffe, wir sehen uns nicht erst in vier Jahren wieder.«
    »Ich werde mich bemühen. Und noch mal sorry wegen eben.«
    »Mach dir keinen Kopp, Junge. Du weißt doch: alles eine Frage der Perspektive.« Gruß, er geht zu den anderen in den Wagen.
    Thorsten hat kein Auto dabei, will mitfahren.
    Der Regen ist stärker geworden.

12 Uhr 08
    Dieser Geruch.
    Ulla telefoniert, nickt stumm, sieht dabei aus dem Fenster. Sie greift nach hinten, holt sich den Spurenordner, blättert.
    »47. Meier hieß der.« Wieder nickendes Zuhören.
    Edda steht an den Aktenschrank gelehnt, Altenkamp sitzt vor dem Bildschirm, taucht seinen Teebeutel ständig in die Tasse. Dieser Geruch. Ulla legt auf, notiert etwas, legt es in ein Körbchen.
    »Wir fahren nachher noch mal zur Wohnung des Opfers«, Altenkamp, ohne den Blick vom Teebeutel zu nehmen. »Die Nachbarin aus der Dachgeschosswohnung hat eben angerufen, sie will uns was zeigen.«
    »Gut«, sie nickt, »dann könnt ihr noch den Umschlag hier mitnehmen und beim Staatsanwalt abgeben. Liegt ja auf dem Weg.« Sie steckt den Falz mit einer Büroklammer fest, reicht den Umschlag rüber. »Jetzt zu dir: Danke, dass du gekommen bist, Konni, ich hab nur’ne kurze Frage. Du hattest doch im Frühling den Mord an dem Rentner im Südpark? Wo hatte der Täter damals das Opfer getroffen?«
    »Den ungeklärten Raubmord? Getroffen hat der den wahrscheinlich im Park, aber nach allem, was wir ermitteln konnten, hat er den wahrscheinlich schon seit der Sparkasse verfolgt und ihn dann bei günstiger Gelegenheit angesprochen. Aber, sag mal, was riecht hier so?«
    Edda am Fenster kichert hell. »Das ist Heinz’ Gebräu. Der fastet schon fünf Tage und quält uns die ganze Zeit mit diesen gesunden Tees. Was ist es denn heute, Heinz?«
    »Wermut-Bärlauch, selbst gemischt. Abführend, blutreinigend und gut für die Nieren.« Er wringt den Beutel mit den Fingern aus, wirft ihn in den Papierkorb neben Ullas Schreibtisch.
    »Aber sofort da raus!« Ulla mit funkelnden Augen. »Die Putzfrau war schon da, und wenn der die ganze Nacht hier drin liegt, halte ich es hier morgen früh nicht mehr aus.«
    »Dann hast du wenigstens keine Fliegen in der Bude«, Edda mit Kichern.
    »Soll ich die Akte mit dem Rentner für dich raussuchen?«
    »Ne, erst mal nicht.« Ulla winkt ab. »War nur so eine Idee. Wir machen noch ein paar andere Sachen zu Ende, wenn die nichts bringen, müssen wir vielleicht darauf zurückgreifen. Ich wollte es nur erst mal wissen.«
    »Du musst es wissen. Wenn, dann jetzt, ich bin nämlich gleich weg.«
    »Wie weg?«
    »Ich habe Fußballkarten. Geschenk für meinen Neffen, und da müssen
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