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Blutskizzen

Titel: Blutskizzen
Autoren: Norbert Horst
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der beiden Leitern. Auf den Fliesen ausgebreitet Plastikfolie mit Müll. Beuys hätte seine Freude gehabt. Beckmanns Oberkörper verschwindet bis zum Bauch im Container, Binz auf den Knien, friemelt etwas auseinander, lässt sich dabei nicht stören. Flüchtiger Seitenblick.
    »Wir haben schon mal versucht, etwas zu systematisieren«, Beckmann erscheint wieder aus der Tiefe. »Zum einen von oben nach unten wegen der Liegezeit, und dann nach Wichtigkeit. Zuerst die möglichen Spurenträger, also Kippen und so’n Zeug, dann die völlig wertlosen Sachen und dann Dinge, die vielleicht für Hinweise gut sind. Da hinten ist zum Beispiel’ne Zeitung von vorvorgestern mit Namen drauf.«
    »Und da vorne noch ein Falkplan von Köln«, Binz zeigt auf die hintere Ecke. »Wenn der trocken ist, kann man ihn mal auseinanderblättern, vielleicht steht was drin, Markierungen oder Telefonnummern oder so.«
    Der Muff liegt im Raum wie ein Kissen.
    »Dann noch drei Behältnisse, die zusammengehören.« Er steigt von der Leiter, legt zwei Plastikflaschen auf eine der Folien. »Einmal die Pommestüte von den Arbeitern, dann ein Beutel mit alten Malersachen, Pinsel und so weiter, und dann einen echten Hausmüllbeutel. War zu Hause wohl der Mülleimer voll, kenn ich.«
    »’n Ausweis oder was Ähnliches war nicht zufällig dabei?«
    Gequältes Grinsen. »Ne, nur zwei Reisepässe. Aber die haben wir entsorgt. Sind ja wertlos, stehen ja keine Adressen drin.«
    Ja, ja. War nicht so gut. »Okay, macht man. Ich gehe hoch, mal hören, was Ulla so zu erzählen hat.«
     
    Bei der Sechs im Fahrstuhl ist der linke untere Querbalken kaputt. Die Sechs ist eine Fünf. Etwas viel Schwung beim Öffnen, die Fahrstuhltür schlägt an die Wand, es hallt durchs Treppenhaus. Im Flur der Geruch von Reinigungsmitteln, Ullas Raum ist leer.
    »Wir sind hier.« Aus dem MK-Raum.
    Die Uhr an der Wand zeigt zwanzig nach, in fünfundzwanzig Minuten ist Anstoß. Altenkamp am Terminal, tippt, Ulla und Atze sortieren Blätter im Stehen, kurzer Gruß.
    »Na, wie war es noch?«
    »Hat sich nach unserem Telefonat nichts Weiteres mehr ergeben. Er ist erdrosselt worden mit einem Werkzeug, sonst nur noch eine kleine Verletzung am Kopf. Nicht sehr schlimm, vielleicht von einem Sturz. Außerdem noch ein paar Abwehrverletzungen an den Armen.«
    Edda kommt träge, keine passenden Vermissten. Dann Ernst, wirft einen Stapel Blätter auf den Tisch.
    »Na, was Neues?«
    »Nichts Neues.«
    Er fährt sich mit den Fingern durchs Haar, reibt sich die Augen. Wird auch immer grauer, unser Ernst. Schon wesentlich mehr Grau als Schwarz. Aber immer noch schlank. Und jugendliche Bewegungen. Er nimmt sich die Jacke. »Kommst du?« Altenkamp nickt mit Blick auf den Bildschirm, schließt die Datei, trinkt seine Tasse leer, steht auf. »Wir fahren noch mal raus zu denen, die wir nicht angetroffen haben. Einer davon ist ein Bauer, der gestern Abend spät noch ein paar Schritte gegangen ist, sagt seine Frau. Vielleicht hat er was gesehen.« Die beiden verschwinden, Edda hinterher, hat noch einiges am Rechner zu tun. Kann das besser an ihrem Bildschirm.
    Ulla stützt sich mit beiden Händen auf dem Tisch ab, dunkler Nagellack, atmet einmal tief durch.
    »Ich habe mit Helmut gesprochen, ob wir die Sachen zusammenlegen. Sind doch sehr viele Gemeinsamkeiten. Wir wissen zwar noch nicht, wer unser Opfer hier ist, können also zum Motiv nichts sagen. Aber in der anderen MK sind wir mit den Spuren auch so langsam am Ende. Wir werden uns morgen früh zusammensetzen und entscheiden. Ich möchte, dass du auch dabei bist.«
    »Wird das nicht’n bisschen viel vom Spurenaufwand und von der Aktenführung her?«
    Sie wiegt den Kopf. »Es geht. Atze würde das schon hinkriegen.« Atze schnauft mit hochgezogenen Brauen, wortlos. »Helmut müsste uns noch ein paar Teams besorgen, dann könnten wir hier morgen voll angreifen.«
    Telefon.
    »Mordkommission, Wiesing.« Nicken, zweimal. »Es kommt jemand runter.« Auflegen. »Unten steht ein Lkw-Fahrer aus Litauen, will eine Aussage zu einem Fahrzeug in der Sache im Industriegebiet machen. Ich bin hier grad so mittendrin...« Hundegesicht, Klimpern.
    »Ja, ja, ja, schwache Persönlichkeiten kann man ausnutzen, immer dasselbe.«
    »Dauert auch nicht lange, hörte sich jedenfalls so an.«
     
    Paul hinterm Wachtisch macht eine Kopfbewegung Richtung Tresen. Um die fünfzig, grauer Sechstagebart, Lederkappe. Er stützt sich auf den Ellbogen, aus dem karierten Hemdärmel
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