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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee
Autoren: C Box
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aufgebracht ihre Bürotür und trat beiseite, um die Rezeptionistin durchzulassen. Inzwischen war ihr Haar wieder kupferfarben.
    »Was gibt es da mit Bette?«
    Joe hatte den Namen ihres Cockerspaniels vergessen. Er stand auf.
    »Haben Sie einen Moment Zeit?«, fragte er.
    Stricklands Augen blitzten. Sie hasste Überraschungen, doch sie liebte ihren Hund. Das wusste Joe.
    »Mrs. Strickland …?«, fragte die Rezeptionistin aufbruchbereit vom Empfangstresen her.
    »Ja, gehen Sie nur«, fuhr Strickland sie an. »Ich schließe gleich ab.«
    Joe schob sich an ihr vorbei ins Büro. Dort herrschte das Chaos. Unterlagen, Notizblöcke und Briefe stapelten sich auf
Stühlen, auf dem Schreibtisch und in den Ecken. Sie hatte in kurzer Zeit ein gewaltiges Durcheinander angerichtet. Er räumte einen Besucherstuhl frei, ließ sich nieder und wartete auf sie.
    Verärgert darüber, dass er ihr Büro unaufgefordert betreten hatte, setzte sie sich ihm gegenüber. »Was gibt’s denn?«, fragte sie schroff.
    Er sah sich ungerührt um. Die einzigen persönlichen Gegenstände an der Wand waren ein gerahmtes Cover der Illustrierten Rumour und ein Foto von Bette.
    »Joe, ich …«
    »Was Sie getan haben, hat meine Tochter umgebracht«, sagte er bloß und ließ die Worte wie Steine fallen.
    Sie schrak zurück, als wäre sie gestochen worden.
    »Wir beide wissen, was in den Bergen geschehen ist«, sagte er und hielt ihren Blick, bis sie wegschaute. »Ihre Behörde hat Sie entlastet. Aber jetzt reden wir über das wahre Leben. Ich war dort. Sie haben ihren Tod verursacht – und den Tod dreier weiterer Menschen.«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, stieß sie hervor. »Sie sind krank.« Ihr Blick irrte durch den Raum, vermied aber Joe.
    »Sie haben meiner Frau nicht mal ein Beileidsschreiben geschickt. «
    »Verlassen Sie sofort mein Büro, Aufseher Pickett.«
    Joe schaffte auf dem Schreibtisch kurzerhand Platz für die Akte, die er mitgebracht hatte, öffnete sie aber nicht.
    »Sie können April nicht wieder lebendig machen«, sagte er. »Doch es gibt einiges, womit Sie Ihre Schuld wenigstens teilweise begleichen können.«
    Ihre Hände fuhren auf den Schreibtisch nieder. »Ich bin an gar nichts schuld!«
    »Natürlich reicht das längst nicht aus«, fuhr Joe fort und
schlug die Akte auf, als hätte Strickland nichts gesagt, »aber es ist immerhin etwas. Meine Frau wird sich besser fühlen. Und ich mich auch. Und vielleicht werden selbst Sie sich besser fühlen.«
    »Raus aus meinem Büro!«, keifte Strickland mit wutverzerrtem Gesicht. Sie war offenkundig nicht gewohnt, dass Menschen sich nicht um ihre Anordnungen scherten.
    Joe wandte sich ungerührt der Akte zu. »Das erste Dokument ist eine Presseerklärung über die Gründung der April-Keeley-Stiftung für Kinder.« Er merkte, dass sie zuhörte, obwohl ihr Gesicht bleich und verkniffen war. »Die ersten fünfundzwanzigtausend Dollar dafür stiften Sie aus dem Treuhandvermögen, das Ihr Vater Ihnen eingerichtet hat. Sollten Sie einen höheren Betrag erübrigen können, wäre das nur umso besser.«
    Er überflog das Blatt, um daraus zu zitieren: »Stiftungszweck ist es, ›für einen besseren Schutz von Pflegekindern einzutreten und die Gesetzeslage für sie zu verbessern.‹ Man wird Sie erneut als Heldin feiern. Vielleicht wird es über Sie einen Magazinbericht geben, der Sie nicht nur als Retterin des Waldes, sondern auch als Beschützerin von Pflegekindern feiert.«
    »Was ist das?«, fragte sie. »Woher haben Sie das?«
    »Das habe ich gestern Abend aufgesetzt«, erwiderte er achselzuckend. »Presseerklärungen sind nicht meine Stärke, doch ich denke, die geht in Ordnung.«
    »Und was soll ich damit?«
    »Sie sollen sie unter Ihrem Namen veröffentlichen. Und dann halten Sie eine Ihrer Pressekonferenzen ab und verkünden die Gründung der Stiftung.« Ein leiser Sarkasmus hatte sich in seine Stimme geschlichen, und ein beinahe unmerkliches Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

    Strickland war offenkundig entgeistert. Joe hatte ihr Gesicht noch nie so verzerrt gesehen.
    »Und noch etwas«, sagte er und zog das zweite Dokument aus dem Aktendeckel. »Ihr Kündigungsschreiben. Sie können es während der Pressekonferenz unterzeichnen und Ihren Rücktritt öffentlich bekanntgeben. Das wirkt, als träten Sie von Ihrem Amt zurück, um sich ganz für das Wohl der Kinder einzusetzen. Das gefällt allen. Der wirkliche Grund wird unser kleines Geheimnis bleiben.«
    Es war Joe leichtgefallen,
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