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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee
Autoren: C Box
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darüber nach, was er Sheridan über Verantwortung erklärt hatte.
    »Ich kann mich darum kümmern«, meinte Nate.
    »Nein«, erwiderte Joe zögernd.
    »Sie wissen nicht, was Sie wollen, stimmt’s?«
    »Ich will, dass sie aus Wyoming verschwindet«, sagte Joe, »und nicht mehr für die Forstverwaltung arbeitet. Sie soll bezahlen. Und dabei denke ich nicht an Geld. Ich meine ihre Stellung – wenigstens die.«
    »Sie ist böse.« Nate runzelte die Stirn. »Sie frei rumlaufen zu lassen, wird andere in Mitleidenschaft ziehen – egal, wo sie landet.«
    Joe dachte darüber nach. »Weiter will ich nicht gehen, Nate.«
    »Sind Sie sich da sicher?«
    Joe nickte. Er war sich voll der Tatsache bewusst, dass er eine Grenze überschritt. Doch er war der Ansicht, dass diese Grenze unter den gegebenen Umständen verletzt werden musste. Falls er sich irrte, würde er ungeheuren Ärger bekommen, ja selbst wenn er Recht hatte. Das Einfachste und Sicherste wäre natürlich, die Dinge auf sich beruhen zu lassen. Doch das vermochte er nicht.
    »Vielleicht ein klein wenig weiter«, sagte er und fühlte sich dabei freudig erregt und zugleich schuldig.
    »So gefallen Sie mir.« Nate nickte lächelnd und verpasste ihm einen Klaps auf den Rücken. »Also müssen wir sie dazu bringen, zu kündigen und Wyoming zu verlassen. Und dafür brauchen wir einen Hebel. Wie gut kennen Sie sie?«

    »Nicht gut genug. Fragt sich, ob überhaupt jemand sie kennt.«
    »Aber Sie kennen sie gut genug, um eine ziemlich klare Vorstellung davon zu haben, was ihr wichtig ist, oder?«
    Joe dachte nach und kam auf zweierlei. Er nahm Nate mit in sein Büro, wo er ihn bat, einen Moment zu warten. Dann ging er nach oben, um nach Marybeth zu schauen. Sie hatte geweint. Joe versuchte, sie zu trösten, doch sie wollte keinen Trost. Sie so zu sehen, bestärkte seine Entschlossenheit, etwas zu unternehmen. Er marschierte in die Küche, schnappte sich eine Flasche Bourbon, gab Eis in zwei Gläser, trug alles ins Büro und schloss die Tür.
    In den nächsten zwei Stunden besprachen sie die Sache. Schließlich einigten sie sich auf einen Plan.
    Es begann zu schneien.

35
    Am nächsten Tag um 16:52 betrat Joe Pickett das Gebäude der Bundesforstverwaltung in Saddlestring, setzte sich auf ein Vinylsofa, das wohl Mitte der siebziger Jahre angeschafft worden war, strich über seinen Aktendeckel und lächelte der Frau am Empfang zu.
    »Ich möchte Melinda Strickland sprechen.«
    Die Rezeptionistin warf einen Blick auf die Wanduhr. Das Gebäude schloss in acht Minuten. Sie hatte schon ihre Handtasche auf den Schreibtisch gestellt und ihren Mantel bereitgelegt. Joe wusste aus Erfahrung, dass niemand in der Behörde auch nur eine Minute länger als fünf Uhr arbeitete. So war es in den meisten Behörden des Staates Wyoming und des Bundes.
    »Rechnet sie mit Ihnen?«
    »Das sollte sie. Aber vermutlich tut sie es nicht.«
    »Ihr Name?«
    »Joe Pickett. Bitte sagen Sie ihr, es ist wichtig.«
    Die Rezeptionistin war neu. Strickland hatte sie kürzlich eingestellt, um ihre Vorgängerin – eine der beiden Frauen, die Beschwerde gegen sie eingereicht hatten – zu ersetzen. Joe kannte sie von ihrer früheren Tätigkeit in einer Kreditgenossenschaft. Sie war ernst, gedrungen und schroff. Sie klopfte bei Strickland, trat ein und schloss die Tür hinter sich.
    Joe hörte die Frauen reden, wobei eine Stimme immer schriller wurde. Kurz darauf öffnete sich die Tür wieder, und die Rezeptionistin kam an ihren Schreibtisch zurück, um Tasche und Mantel zu holen.
    »Sie bittet, dass Sie sich einen Termin gegen Ende der Woche geben lassen.«

    »Verstehe. Haben Sie ihr gesagt, dass es wichtig ist?«
    Die Rezeptionistin warf Joe einen empörten Blick zu.
    »Ja.«
    »Haben Sie ihr erzählt, dass es um ihren Hund geht?«
    Sie wirkte plötzlich ganz durcheinander. Wie Joe vermutet hatte, war sie lange genug in ihrer neuen Position, um die enge Beziehung bemerkt zu haben, die Strickland zu ihrem Cockerspaniel hatte.
    »Nein. Was ist mit ihrem Hund?«
    Joe schüttelte den Kopf. »Ich muss mit Mrs. Strickland unter vier Augen sprechen.«
    Die Rezeptionistin schnaufte beleidigt, machte auf dem Absatz kehrt und stampfte zurück in Stricklands Büro. Joe hörte die Angestellten hinter sich aus den Zimmern strömen, die Lichter löschen und die Türen schließen. Es war fünf, und sie strebten so eilig aus dem Gebäude, dass die Eingangstür zwischen ihnen nie zuging.
    Strickland öffnete deutlich
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