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Blutsäufer (German Edition)

Blutsäufer (German Edition)

Titel: Blutsäufer (German Edition)
Autoren: Trash Thompson
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Es klang nach einem gequälten Tier, und genauso fühlte sie sich,
wie ein gequältes Tier.
    Ein Tier, das seine Mutter verloren hatte. Oder
Mutter und Vater.
    Starker Wind fuhr ihr in die Seite. Der Wind
war ihr Freund. Manchmal nutzte sie ihn, um zu fliegen wie ein Drachenflieger,
nur dass sie kein Fluggerät dazu brauchte. Sie sprang zehn Meter hoch und ließ
sich dann von ihm treiben. Oder beeinflusste durch geschickte Drehungen, durch
Verlagerung ihres Körpers, die Richtung.
    Derzeit fehlte es ihr an Kraft, um zehn Meter
hoch springen zu können. Der Sprung bis zum Haus hatte ihr schon alles
abverlangt. Sie musste um das Haus herumgehen wie ein normaler Mensch. Oder wie
ein sehr schwacher Vampir.
    Auf der anderen Seite des Hauses sah sie die
Frau in dem seltsamen schwarzen Anzug. In ihren Händen hielt sie Fackeln. Und
über der Frau, in der Krone einer Esche, brannte Mircea, brüllte Mircea, STARB
Mircea.
    Der Gräfin wurde schwarz vor Augen. Eine
Zeitlang war sie wie erblindet. Als ihre Sehkraft nach und nach zurückkehrte,
fiel etwas, das wie grauer Schnee anmutete, vom Baum.
    Warum hatte Mircea die Frau nicht einfach
zerfetzt? Das kostbare Blut des Polizisten hätte ihm annähernd die Kraft
zurückgeben müssen, die er einst besessen hatte. Zumindest für die Vollmondtage
– und einige Tage danach.
    Wie ein Raubtier hob sie ihre Nase in den
Wind und schnupperte. Sie roch einen frischen Leichnam. Sie roch eine
aufgerissene Wunde und die Reste gewöhnlichen Blutes. Und sie verstand. Mircea musste
sich in seiner Gier nach Blut wie ein Besessener gebärdet haben. Das
Vampirdasein war ein Weg in den Wahnsinn – das wusste und fühlte sie, denn der
Wahnsinn loderte auch in ihr –, und ein tausendjähriger Vampir wie er war bereits
am Ende dieses Weges angelangt. Annähernde Unsterblichkeit war für Vampire
allenfalls zu erreichen, wenn sie sich den Veränderungen anpassten. Über die
Jahrhunderte wurde die Gier nach Blut größer und im Missverhältnis dazu der
Bedarf und die Verträglichkeit des untoten Körpers geringer. Zu viel Blut
konnte einen alten Vampir genauso töten wie gewöhnliches Blut.
    Hätte ich mich nicht auf dieses kindische Spielchen
eingelassen – wäre ich bei ihm geblieben, als er meiner Hilfe bedurfte –, es
wäre nie so weit gekommen, dachte sie. Doch ich musste ja die Sterbende
spielen, die einem Gott gleich wiederaufersteht, aus purer Eitelkeit.
    Sie verdrängte den Gedanken über die Folgen
von Mirceas Tod, darüber, dass der Tod des Königs der Vampire zum Krieg unter
seinesgleichen führen würde.
    Die Gräfin versuchte sich zu fassen. Die Frau
in dem schwarzen Anzug hatte sich ihr gerade zugewandt. Die Frau, die ihren
geliebten Mircea, den König der Vampire, getötet hatte. Die Fackeln hatte sie
gegen ein Schwert getauscht.
    Kurz vorher waren Polizeisirenen aufgeklungen.
Erst sehr leise, kaum hörbar, wurden sie innerhalb von Sekunden immer deutlicher,
lauter.
    Ich hätte sie gleich bei unserer ersten
Begegnung töten sollen, ging es der Vampirin durch den Kopf. Dann würde Mircea
noch leben. Nun bleibt nicht mehr viel Zeit.
    Und du bist so schwach.
    Erneut wurde ihr schwarz vor Augen. Sie
taumelte und spürte einen Fremdkörper in ihrem Leib. Sie fuhr mit beiden Händen
über ihren Rücken und ertastete etwas Scharfes, Spitzes, Kaltes, das dort
wieder ausgetreten war. Sie griff um den Körper herum bis vorn an ihren Bauch.
    „Stirb, du Missgeburt!“, schrie die Frau, die
das Schwert losgelassen hatte. Sie schien das Getaumel der Vampirin als ihr
Werk anzusehen, glaubte sie wohl schon am Rande des Todes.
    Was für Augen sie machte, als das Schwert mit
einer Hand wieder herausgezogen wurde.
    „Wie …?“, stammelte sie, „wie …? Das ist …
ist … ist …“
    Unmöglich?
    Das Schwert zischte durch die Luft. Ein
gellender Schrei erklang. Der Schrei wurde übertönt von den Sirenen der
Streifenwagen, die in die Straße einbogen. Zwei, drei Sekunden, dann würden sie
vor dem Haus sein.
    Die Gräfin musste fort. Fort aus dieser
Stadt, fort aus diesem Land. Sie hatte genug Aufmerksamkeit erregt. Nie sollte
jemand belegen können, dass ihre Art existierte. Die Menschen sollten Vampire
weiterhin für ein Ammenmärchen halten und die wenigen, die das Gegenteil
behaupteten, für verrückt abtun und ihnen einen lebenslangen Platz in ihren
Anstalten gewähren. Die Ignoranz der Menschen half, das Ammenmärchen aufrechtzuerhalten.
    Der Regen, der mit dem Gewitter gekommen war,
würde
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