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Blutsäufer (German Edition)

Blutsäufer (German Edition)

Titel: Blutsäufer (German Edition)
Autoren: Trash Thompson
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Äste, breitete sich aus,
züngelte, knisterte, fauchte. Das brennende Ungeheuer ließ ein letztes Mal sein
Gebrüll hören, dann sackte es in sich zusammen, während es im Geäst knackte und
brach. Ein morscher Ast fiel auf die Erde, er streifte Magdalena an der
Schulter. Dann fing es an zu schneien.
    Grauer Schnee wehte herab, mit Flocken so groß
wie Schmetterlinge. Sie tanzten im Wind, wurden von ihm davongetragen und sanft
ins Gras gesetzt. Eine fiel Magdalena auf ein Augenlid. Sie griff danach, und
die Flocke zerbröselte in ihrer Hand.
    Das ist kein Schnee, dachte sie, das kann
kein Schnee sein.
    Sie roch daran und verzog das Gesicht. Die
Flocke roch nach Fäulnis und Verwesung, überdeckt und gemildert von beißendem Rauch.
    Immer mehr Flocken regneten herab, umtanzten
sie und zerfielen auf der Erde, während die Baumkrone lichterloh in Flammen
stand.
    Der Wind wurde stärker und pfiff um die
Hausecken. Ein loser Dachziegel schlug auf die Erde, ein Fensterladen knarrte. Magdalena
kam es vor, als würde das morsche Gemäuer des Hauses sich leicht neigen.
    Und der Schnee, der Schnee, der Schnee, dachte
sie, der Schnee ist das Monster – oder das, was von ihm übrig geblieben ist.
    Und ICH habe es getötet.
    ICH!
    Das herannahende Gewitter nahm sie kaum wahr.
Die zuckenden Blitze und den heraufgrollenden und dann tosenden Donner. Ein
Blitz schien direkt im Mond einzuschlagen. Andere stachen wie im Kampf in
benachbarte dunkle Wolken. Einer brach weißschimmernd und gleißend ins Haus.
    Sie hatte plötzlich das Gefühl, dass jemand
hinter ihr stand. Jemand, der es nicht gut mit ihr meinte, jemand, der sie
hasste. Sie wusste , dass jemand hinter ihr stand.
    In der Ferne hörte sie Sirenengeheul. Es kam
rasch näher. Sie dachte an das Funkgerät, das mit seiner Antenne im Rachen des
Polizisten steckte. Ob der Polizist noch einen Funkspruch hatte absetzen können,
ehe es ihm in den Schlund gestoßen worden war? Kam jetzt die Verstärkung, die
er in den vielleicht letzten Sekunden seines Lebens gerufen hatte? Es sah danach
aus.
    Aber sie kommen zu spät.
    Die Wolken begannen sich zu entladen. Starker
Regen trommelte auf das brennende, von Rauchschleiern umwehte Haus. Der
Dachstuhl brach ein, darunter rumorte es, das Gemäuer erzitterte.
    Magdalena hob ihr Schwert auf und drehte sich
um, bereit, sich ihrem letzten Kampf zu stellen.

32
     
    Die
Gräfin war nicht tot, die Gräfin ruhte sich aus, war in einer Art meditativer
Trance begriffen, in der ihre Wahrnehmung auf ihr Innerstes beschränkt blieb.
Jetzt war sie zurück und hörte Franz‘ Herz überlaut pochen. Sie roch sein Haar,
seine Haut, seinen Atem, sie roch seine Zuneigung wie seine Angst. Sie
lächelte, obwohl sie noch geschwächt war.
    Den Schüssen des Polizisten hätte sie leicht
ausweichen können, aber sie hatte es nicht gewollt. Sie mochte das
Melodramatische, das Theatralische, das Schauspiel. Sie genoss es, den Menschen
Hoffnung zu geben und diese Hoffnung binnen kurzem wieder zu zerstören. Sie
genoss auch Franz‘ Traurigkeit. Es rührte sie. Er war ihr beinahe hündisch
ergeben. Kein Mensch vor ihm, den sie mit in ihr Haus genommen hatte – auch
vorher nicht in ihrer Heimat Rumänien – hatte ihr eine ähnliche Anhänglichkeit
bewiesen. Es machte ihr Freude, ihn zu erregen und dann wieder zu quälen. In
beiden Fällen zitterte sein Körper. Sein Körper zitterte immer, wenn sie bei
ihm war. Köstlich! Sie liebte seinen zitternden Körper. Wenn sie sich im Bett
an ihn schmiegte, war es, als würde sein Leib sie sanft massieren und seine
Erregung, geleitet von Begierde oder Angst oder einer Mixtur aus beidem, ihr
zusätzliche Kraft verleihen.
    Zittern bedeutet Leben, dachte sie. Wann hast
du das letzte Mal gezittert? Als du noch ein Mensch warst – natürlich. Seitdem
nie wieder.
    Sie fuhr mit einer Hand durch Franz‘ Haar,
worauf er erwachte. Als sie ihn ansprach, begann sein Zittern aufs Neue.
    „Du lebst, Gräfin?“, fragte er.
    „Natürlich lebe ich, mein lieber Franz“,
erwiderte sie, „kein Mensch kann mich töten, oder hast du das etwa gedacht? Und
verletzen kann mich ein Mensch nur, wenn ich es ihm gestatte.“
    Franz hatte seinen Kopf ein Stück erhoben,
während er sprach. Nun ließ er ihn wieder auf ihre Brüste sinken. Er schloss
seine Augen. Zufrieden.
    Dieses Vertrauen, das er hat, wenn ich ihn
freundlich behandle, dachte die Gräfin, dieses Vertrauen, das ich eines Tages
enttäuschen muss, wenn mein Überdruss seinen Tod
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