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Blutrot

Titel: Blutrot
Autoren: Jack Ketchum
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was.«
    Der ältere Mann blickte zu Ludlow hinüber, musterte ihn eingehend und nickte dann. Ludlow erwiderte die Geste.
    »Verdammt, er wird ihn nicht umbringen , Sam. Jetzt sieh schon nach.«
    Sam ging ans Tresenende und klappte das Buch auf.
    »Ich hab es ihm verkauft, ja«, sagte er. »Ich erinnere mich. Vor drei, vier Tagen. Der Junge kam mit seinem Vater rein. Schick ausstaffierter Kerl, der Vater. Der Junge hatte einen Bürstenschnitt, stimmt’s? Ganz kurz.«
    »Richtig«, sagte Ludlow.

    »Hier steht’s. Ich hab es ihm Dienstagnachmittag verkauft. Registriert auf Daniel C. McCormack, achtzehn Jahre alt.«
    »Steht da auch eine Adresse?«
    Der Verkäufer wandte sich zu seinem Kollegen um.
    »Clarence, bist du dir wirklich sicher?«
    Der ältere Mann seufzte, unterbrach seine Arbeit und schaute wieder zu Ludlow hinüber. Der Mann war ein echtes Ostküstenoriginal. Er hatte die typischen Augen eines Neuengländers, in denen nicht der leiseste Hauch von Böswilligkeit lag, aber auch keine Spur von Milde.
    »Mister«, sagte er, »falls irgendwer fragt, woher Sie das wissen …«
    »Ich habe den Jungen zufällig auf der Straße wieder gesehen«, sagte Ludlow, »und bin ihm nach Hause gefolgt. Hatte einfach Glück.«
    Der ältere Mann nickte. »Klingt plausibel. Sam, gib ihm die Adresse.«
    Der Verkäufer drehte das Buch um und Ludlow notierte den Namen und die Adresse. Der Kauf war mit einer American-Express-Karte getätigt worden, die Michael McCormack gehörte. Das musste der Vater sein. Auch diesen Namen notierte er sich.
    »Danke. Ist übrigens eine hübsche Waffenausstellung, die Sie da haben«, sagte er und deutete auf die unzähligen Gewehre in den Wandhalterungen.
    »Oh, danke«, sagte der ältere Mann. »Mein kleiner Bruder hier und ich erledigen alle Bestellungen
selbst. Arrangieren und aufhängen tun wir die Waffen auch selbst. Kommen Sie ruhig mal vorbei, falls Sie jemals meinen, eine zu brauchen. Ich persönlich bevorzuge ja einen Hund. Viel Glück wünsche ich Ihnen.«

4
    Die McCormack-Adresse lag im Northfield-Abschnitt der Landspitze. Auf dem Weg dorthin fuhr Ludlow an Häusern vorbei, in die sein eigenes drei- oder viermal hineingepasst hätte. Und selbst dann wäre immer noch Platz für weitere Schlafzimmer gewesen.
    Northfield war eine Gemeinde, in der überwiegend reiche Leute aus New York und Boston ihren Zweitwohnsitz hatten, Leute, für die die pompösen Bauten aus dem 18. oder 19. Jahrhundert einen idealen Zufluchtsort vor der großstädtischen Hektik darstellten. Jeden Morgen stiegen Heerscharen von Dienstmädchen und Hausmeistern aus den Bussen und trotteten pflichtschuldig zur Arbeit. Abends um fünf machte die Herde sich dann wieder auf den Heimweg.
    Einst hatte hier der Schriftsteller Norman Mailer ein Anwesen besessen. Ludlow wusste von zumindest einem Vorstandsvorsitzenden einer Telekommunikationsfirma, der seine Zeit zwischen Northfield, New York City und Colorado aufteilte. Der Mann war exzentrisch
genug, um seine Socken und seine Unterwäsche persönlich in Ludlows Laden zu kaufen, der von hier gut drei Meilen und eine halbe Stadt entfernt lag. Ludlow fragte sich, bei wem der Mann wohl seine Socken kaufte, wenn er in New York oder drau ßen in Colorado war.
    Nach Northfield-Maßstäben war das Haus der McCormacks bescheiden. Das des alten Mannes hätte nur zweimal hineingepasst. Er schätzte, dass es irgendwann Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut worden war und etwa fünfzig Jahre später einen zweiten Flügel erhalten hatte. Er stieg aus dem Wagen. Der Geruch von frisch gemähtem Gras schlug ihm entgegen. Während er an hohen Hecken und einem schmiedeeisernen Zaun entlangging, sah er, dass es der kürzlich akkurat gestutzte Rasen der McCormacks war, der diesen Duft verströmte. Er ging über den breiten Weg aus grauem Feldstein zur Veranda, stieg zwischen einem Paar kannelierter weißer Säulen die Stufen hinauf und trat vor die Haustür. Daran hing ein umgedrehtes, detailgetreu nachgebildetes Messing-Hufeisen samt Fersen- und Zehenstollen. Damit klopfte er an.
    Das Dienstmädchen war eine junge Schwarze mit einer verkrüppelten linken Hand, die vom Handgelenk bis zu den Fingerspitzen hell verfärbt war. Ludlow versuchte nicht allzu offensichtlich darauf zu starren, aber es gelang ihm nicht. Vermutlich ging es jedem so, dem die Frau das erste Mal begegnete.
Er fragte, ob er Mr. McCormack sprechen könne und nannte seinen Namen.
    Sie lächelte freundlich, wandte sich um, ging
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