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Blutrot

Titel: Blutrot
Autoren: Jack Ketchum
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abgewischt als diese Burschen hier. Das Wild würde meilenweit vor ihnen zurückweichen. Selbst wenn sie nicht wie eine lärmende Ziegenherde über den Pfad getrampelt wären.
    Er schwenkte die Rute bis über den Kopf zurück und ließ sie dann kraftvoll ins Wasser hinabschnellen. Er spürte das Zischen der Leine, bevor er sie wieder von sich schleuderte, über den Fluss hinweg zu dem halb versunkenen Baum, wo er den ersten
Barsch gefangen hatte, den größeren von beiden. Diesmal aber zielte er mit dem Köder auf die andere Baumseite, wo das Wasser tiefer war. Er ließ ihn eintauchen und zog dann ruckartig an der Leine.
    Der Hund hob erneut den Kopf. Aus dem Augenwinkel sah der alte Mann die Neuankömmlinge und wandte sich ihnen halb zu, während sie den Hügel hinunterstolperten. Dann richtete er sein Augenmerk wieder auf die Angelleine und zog erneut daran.
    Es waren noch halbe Kinder. Siebzehn, achtzehn Jahre alt vielleicht.
    Sie hatten eine Schrotflinte dabei, die sich der größte der drei Jungen über die Schulter gelegt hatte wie einen Stock oder ein Schlagholz, nicht wie eine Feuerwaffe.
    »Schon was gefangen?«
    Der alte Mann drehte sich zu dem Jungen um, der ihn angesprochen hatte. Es war der mit der Schrotflinte. Er war groß und sah gut aus, was er wahrscheinlich auch wusste. Der Junge trug kurze Haare, in der Art, wie sie es dem alten Mann damals beim Militär geschnitten hatten. Er trug Jeans und ein T-Shirt, auf dem STOLEN FROM MABEL’S WHOREHOUSE stand. Darunter prangte die Karikatur einer vollbusigen Frau, die vor einer Art Western-Bar stand.
    Im Gegensatz zu den beiden anderen war der Junge schlank und muskulös. Auch sie trugen Jeans
und T-Shirts - einer ein rotes, der andere ein ausgeblichenes gelbes, beide mit Taschen für Zigaretten. Ihre Haare waren mittellang und braun, nicht blond und kurz wie die ihres Freundes. Der Junge in Rot hatte einen beträchtlichen Bauch.
    »Zwei liegen schon in der Kiste«, sagte der alte Mann. »Seht sie euch ruhig an.«
    Der Junge im gelben T-Shirt, der noch den mageren Körper eines Halbwüchsigen hatte, keine Erwachsenenfigur wie der Bursche mit der Schrotflinte, bückte sich und klappte den Deckel der Kühlbox auf. Einen Moment lang betrachtete er die Fische, die Hände tief in den Hosentaschen, sodass seine Schultern spitz unter dem T-Shirt hervorstachen. Dann richtete er sich wieder auf.
    »Nicht schlecht«, sagte er. »Ordentliche Teile.«
    Der alte Mann lächelte. »Im Augenblick kann man sogar Fünfpfünder rausholen.« Er zupfte an der Leine. »Aber mir reichen die da.«
    Der dicke Junge in Rot trat mit den Turnschuhen Kieselsteine und kleine Felsbrocken los. Er wirkte träge, als wüsste er nichts mit sich anzufangen, wie die meisten übergewichtigen Kinder. Ein nur wenige Meter entfernt schwimmender Fisch konnte hören, was an Land geschah. Der alte Mann hoffte, der Junge würde endlich die Füße stillhalten.
    »Ihr Hund?«, fragte der Junge mit der Waffe.
    Der Alte blickte zu seinem Hund hinab und sah, dass dieser den Jungen ihn auf eine bestimmte Art
beobachtete. Mit fortschreitendem Alter wurde der Hund zunehmend reizbar. Man sah es ihm an, wenn er es sich in den Kopf gesetzt hatte, jemanden nicht zu mögen. Dann starrte er denjenigen unentwegt an und konnte den Blick so lange nicht von ihm wenden, bis dieser ihn vollständig von seiner Vertrauenswürdigkeit überzeugt hatte.
    Das Problem an ihm war jedoch, dass man sein Vertrauen mit einem Hundekeks erkaufen konnte.
    Der alte Mann musste lächeln, als er darüber nachdachte, was für ein schlichtes Gemüt dieser Hund war.
    »Ja, er gehört mir. Aber keine Sorge, er beißt nicht.«
    Manche Leute waren komisch mit Hunden, dachte er. Immer glaubten sie, ein Hund würde gleich zuschnappen. Dabei hatten nach seinen Erfahrungen verdammt wenige Hunde jemals wirklich zugebissen, außer man hatte sie extrem gereizt, und selbst dann geschah so etwas nur selten. Hunde wollten von den Menschen genau das Gegenteil. Sie wollten gar nicht zubeißen und waren froh, wenn es dafür keinen Grund gab, denn sie wurden gefüttert und hatten es nachts warm, niemand quälte sie, und tagsüber hatten sie viel Zeit, in der Sonne zu liegen, in der Gegend herumzutollen und allen möglichen Dingen hinterherzujagen.
    »Hat schon ein paar Jahre auf’m Buckel, was?«, sagte der Junge in Rot.
    Der alte Mann nickte. »Wir sind schon seit einer Ewigkeit zusammen.«

    Er zog an der Angelleine. Im Moment biss nichts an. Vielleicht
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