Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blutrot

Titel: Blutrot
Autoren: Jack Ketchum
Vom Netzwerk:
Pick-up und fuhr in der Stirrup Iron Road an der alten Lutheranerkirche und an seinem Laden vorbei. Er sah, dass drinnen Licht brannte und Bills Ford in der Einfahrt stand.
    In der Stadt ging er auf einen Kaffee in Arnie Grohns Restaurant. Dort bewunderte er zum ungefähr hundertsten Mal in diesem Jahr Arnies Kellnerin Gloria. Sie war Anfang dreißig, hatte rotes Haar, war hübsch und mit einem versoffenen Lehrer aus Portland verheiratet, von dem es hieß, er würde sie schlagen. Was wahrscheinlich stimmte, denn Ludlow sah manchmal blaue Flecken an ihren Beinen und Oberschenkeln. Er bezweifelte, dass sie einfach nur tollpatschig war.
    Er fragte sich, warum sie sich so etwas gefallen ließ.
    Es gab auf der Welt so viele verborgene Realitäten, so viele geheime Leben. Es kam ihm so vor, als würde niemand nur ein einziges Leben führen.
    Ihm fiel ein, vor Kurzem in der Zeitung von einer Frau in Florida gelesen zu haben, die für ein paar Jungen aus der Nachbarschaft in ihrem Haus eine Stripshow veranstaltet hatte. Ihre vierzehnjährige Tochter war darin die Hauptattraktion gewesen. Sie hatte die Beleuchtung gedimmt und Musik aufgelegt. Dann hatte sich die Tochter ausgezogen, die Mutter hatte das Zimmer verlassen, und die Vierzehnjährige hatte nach dem Wer-will-noch-mal-werhat-noch-nicht-Motto mit einem Jungen nach dem
anderen geschlafen. Es schien dabei noch nicht einmal um Geld gegangen zu sein.
    Ihm war es unerklärlich, wie jemand auf so eine Idee kam. Aber er glaubte auch nicht daran, dass man mit zunehmendem Alter klüger wurde. Es gab vieles, was er nicht verstand und vermutlich niemals verstehen würde.
    Als er mit seinem Kaffee fertig war, überquerte er die Straße, ging einen Block weiter zu Dean’s Sporting Goods und fragte Dean nach der Schrotflinte und dem Jungen. Den Grund für die Frage nannte er nicht, und Dean wollte ihn auch gar nicht wissen. Er bräuchte gar nicht erst im Buch nachzuschauen, sagte der, denn er hätte eine Auto-5 nie im Angebot gehabt. Nur die Browning Semi-Auto Kaliber 12. Er solle es doch mal bei Guns & Ammo versuchen, meinte Dean, draußen an der 95.
    Der Verkäufer hinterm Tresen bei Downtown Guns & Ammo war etwa so alt wie Bill Prine, also Mitte vierzig. Aus seinen kurzen weißen Hemds ärmeln ragten mächtige Arme hervor. Er hatte ein graues, mürrisch dreinblickendes Gesicht, das Ludlow, zusammen mit dem herausquellenden Bierbauch, verriet, dass der Mann zu viele Nächte in Bars herumhockte und zu selten mit dem Sonnenaufgang aufstand. Hinter ihm räumte ein kleiner älterer Mann mit aufgerollten Ärmeln Kisten mit 70-mm-Vollmantelgeschossen ins Regal. Der Verkäufer lächelte nicht, als Ludlow zur Tür hereinkam.
Er nickte ihm nur zu und fragte, was er für ihn tun könne. Der ältere Mann machte einfach mit der Arbeit weiter.
    »Ich würde gern wissen, ob Sie einem etwa achtzehnjährigen Jungen kürzlich eine Browning Auto-5 verkauft haben. Der Junge ist groß und schlank und hat kurzes blondes Haar.«
    »Sind Sie Polizist?«, fragte der Verkäufer.
    »Nein.«
    »Wie ein Anwalt oder Privatdetektiv sehen Sie auch nicht aus.«
    »Bin ich auch nicht.«
    »Warum fragen Sie dann?«
    »Sagen wir, es ist eine Privatangelegenheit.«
    »Eine Privatangelegenheit?«
    »Ganz recht.«
    Der Mann lächelte und schüttelte den Kopf.
    »Tut mir leid, Mister. Mit Privatangelegenheiten befassen wir uns hier nicht.«
    »Der Junge, den ich suche, hat mit der Browning meinen Hund erschossen. Er hatte keinen Grund dazu.«
    Einen Moment lang starrte ihn der Mann stirnrunzelnd an, dann zuckte er die Achseln und spreizte die Hände.
    »Tut mir leid, das zu hören«, sagte er. »Aber Sie müssen verstehen, dass wir uns in so was nicht reinziehen lassen können. Wenn Sie Polizist wären, läge der Fall natürlich anders.«

    »Ich kann auch mit einem Polizisten zurückkommen, falls das nötig ist. Aber ich verstehe nicht, warum Sie uns beiden solche Umstände machen wollen. Ich bitte Sie doch bloß um einen kleinen Gefallen.«
    »Tut mir leid. Ich kann Ihnen nicht helfen.«
    »Herrgott noch mal, Sam«, sagte der ältere Mann, der hinter seinem Kollegen das Regal einräumte. »Der Junge hat seinen verdammten Hund erschossen. Jetzt schau doch einfach mal kurz ins Buch, ja?«
    Aus dem Tonfall des Mannes schloss Ludlow, dass die beiden vermutlich nicht die Gewohnheit hatten, nach der Arbeit Arm in Arm nach Hause zu gehen.
    »Na toll. Super. Und was ist, wenn er den Jungen umbringt, Clarence?«
    »Ach
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher