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Blutrot

Titel: Blutrot
Autoren: Jack Ketchum
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durch die Eingangshalle an einer Treppenflucht vorbei und verschwand schließlich links hinter einer Tür. Rechts von ihm befand sich eine weitere offene Tür, durch die er ins Wohnzimmer schauen konnte: mehrere Plüschsessel und über einem Kamin eine dunkle, sturmgepeitschte Küstenlandschaft von Maine. Das Dienstmädchen kehrte zurück und bat, Mr. Ludlow möge ihr bitte folgen. Er empfand es als höflich, dass sie ihn mit seinem Namen ansprach.
    Sie führte ihn in ein vollständig mit Eiche vertäfeltes Arbeitszimmer, das fast so groß war wie seine Küche, die wiederum der größte Raum in seinem Haus war. Zudem waren die Wände einen guten Meter höher als bei ihm.
    Der Mann, der hinter dem Walnuss-Schreibtisch saß, war Ende vierzig. Er war breitschultrig, kräftig und nur leicht angegraut. Sein Haar war nicht blond wie das des Jungen, sondern dunkelbraun. Er trug ein weißes, am Kragen offenes Hemd und rotblau gestreifte Hosenträger, die an eine weite, beigefarbene Hose geknöpft waren. Der Mann erinnerte Ludlow an jemanden, aber ihm fiel nicht ein, an wen. Sein Händedruck war fest. Der Mann lächelte ihn offen und gut gelaunt an. Ludlow misstraute ihm sofort.
    »Sie sind Av Ludlow? Freut mich, Sie kennenzulernen. Nehmen Sie Platz.«

    Ludlow ließ sich in einen der Sessel vor dem Schreibtisch sinken.
    »Kennen Sie mich, Mr. McCormack? Dem Dienstmädchen habe ich bloß meinen Nachnamen genannt.«
    McCormack lachte. »Persönlich nicht, aber ich kenne Ihren Laden. Ludlow’s General Store. Ich bin oft dran vorbeigefahren.«
    Das erklärte zwar nicht, woher der Mann seinen Rufnamen kannte, aber Ludlow ließ es dabei bewenden.
    »Ich bin wegen Ihres Sohns hier, Mr. McCormack.«
    »Nennen Sie mich Michael. Welchen meiner Söhne meinen Sie denn, Av?«
    »Daniel.«
    »Okay, Daniel. Und was ist mit ihm?«
    »Daniel besitzt eine Browning Auto-5 Schrotflinte. Er hat damit gestern meinen Hund erschossen.«
    »Was hat er?«
    »Ich habe in Miller’s Bend gefischt. Er kam mit zwei anderen Jungen dorthin. Er wollte Geld von mir. Ich sagte ihm, im Handschuhfach meines Pick-ups lägen rund zwanzig Dollar. Es war ihm nicht genug. Deshalb hat Ihr Sohn meinen Hund erschossen.«
    Der Mann sah ihn bestürzt an.
    »So etwas würde Danny nie tun.«
    Ludlow wusste nicht, ob er der bestürzten Miene trauen sollte oder nicht. Er beschloss, zunächst einmal zugunsten des Mannes zu entscheiden.

    »Ich fürchte doch, Mr. McCormack. Tut mir leid. Aber manchmal kennt ein Vater seinen Sohn nicht so gut, wie er glaubt. Daniel war derjenige, der geschossen hat. Die beiden anderen Jungen standen bloß daneben und haben zugesehen. Als es vorbei war, haben sie gelacht.«
    »Sie haben gelacht ?«
    »Ja. Sie schienen es lustig zu finden, einen Hund zu erschießen.«
    Mit offenem Mund starrte ihn McCormack an, dann lehnte er sich zurück.
    »Also was wollen Sie mir sagen? Dass Ihr Hund meinen Jungen angegriffen hat oder etwas in der Art?«
    »Der Hund saß dort, wo er sitzen sollte. Es lag nicht in seiner Natur, ungehorsam zu sein.«
    McCormack schüttelte den Kopf.
    »Tut mir leid. Das klingt überhaupt nicht nach meinem Sohn.«
    »Wie gesagt, manchmal kennt man seinen Jungen nicht so gut, wie man ihn zu kennen glaubt. Besitzt Daniel ein T-Shirt, auf dem STOLEN FROM MABEL’S WHOREHOUSE steht?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Vielleicht könnten Sie es für mich überprüfen.«
    Der Mann schien darüber nachzudenken. Seine Augen zogen sich zusammen.
    »Worum geht es Ihnen, Mr. Ludlow? Wollen Sie Geld?«

    Ludlow fiel auf, dass er auf einmal nicht mehr Av war. Jetzt war er Mr. Ludlow.
    »Nein, Sir. Mir geht es allein um Gerechtigkeit. Ich möchte, dass der Junge seine Tat zugibt und man ihm klarmacht, was er damit angerichtet hat. Er soll es verdammt noch mal bereuen, dem Hund und mir jemals begegnet zu sein. Und ich möchte, dass er bestraft wird, so wie jeder anständige Mensch erwartet, dass er bestraft wird. An dieser Stelle kommen Sie ins Spiel, Mr. McCormack. Er ist Ihr Sohn.«
    »Sie fordern eine Strafe? Wovon sprechen Sie, von Gefängnis?«
    »Zunächst einmal spreche ich von einer Tracht Prügel. Aber wenn ich Sie wäre, würde ich die Sache auch zur Anzeige bringen. Bevor er sich einbildet, so etwas immer wieder tun zu können.«
    »Sie sind noch nicht zur Polizei gegangen?«
    »Noch nicht, nein. Ich habe gehofft, Sie und Daniel würden das lieber selbst tun. Es würde besser für ihn aussehen, finden Sie nicht?«
    McCormack dachte kurz
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