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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Arbeitslosenunterstützung vor sich; diese und seine
Ersparnisse könnten für eine Weile über den Mangel an
bezahlter Arbeit hinwegtäuschen. »Woher wissen Sie,
daß ich ein ›Techie‹ bin?«
    »Ich sehe das. Ihre Brusttasche…« – sie
steckte den Finger hinein und zog ein wenig. »Sieht so aus, als
steckte sonst eine Reihe Bleistifte darin. Die man dreht, bis die
Mine herauskommt.« Sie lächelte köstlich und steckte
die rosa Zungenspitze heraus, um es zu demonstrieren.
    »Ja?«
    »Ja. Und Sie tragen Socken im Schottenmuster. Das tun
heutzutage nur Techies.«
    »Mir gefällt es so«, sagte Vergil abwehrend.
    »Oh – mir auch. Was ich sagen wollte, ich habe nie einen
Techie kennengelernt. Ich meine… näher.«
    Großer Gott, dachte Vergil. »Was treiben Sie?«
fragte er und wünschte sogleich, er könnte die Worte wieder
verschlucken.
    »Und ich würde gern einen kennenlernen, wenn Sie das
nicht allzu herausfordernd finden«, sagte sie, ohne auf seine
Frage einzugehen. »Sehen Sie, die Bar schließt in ein paar
Minuten. Ich brauche nichts mehr zu trinken, und die Musik
gefällt mir nicht sonderlich. Ihnen?«
     
    Sie hieß Candice Rhine. Sie arbeitete in der
Anzeigenabteilung der Lokalzeitung. Sein Volvo-Sportwagen fand ihre
Billigung, desgleichen seine Wohnung, eine Dreizimmerwohnung im
zweiten Stock, vier Blocks vom Strand in La Jolla entfernt. Er hatte
sie vor sechs Jahren kurz nach dem Medizinstudium zu einem sehr
günstigen Preis von einem Professor gekauft, der nach Ecuador
ziehen wollte, um eine Studie über südamerikanische
Indianer abzuschließen.
    Candice betrat die Wohnung, als habe sie seit Jahren dort gewohnt.
Sie warf ihre Wildlederjacke auf die Couch und ihre Bluse auf den
Eßtisch. Den Büstenhalter hängte sie kichernd an die
Lampe darüber. Ihre Brüste waren klein,
vergrößert durch einen sehr schmalen Brustkorb.
    Vergil sah alles das und wußte nicht, ob er träumte
oder wachte.
    »Komm schon, Techie!« sagte Candice, nackt in der
Türöffnung zum Schlafzimmer. »Ich mag die Felle.«
Er hatte eine Tagesdecke aus Alpakafellen über sein
Französisches Bett gebreitet. Sie posierte in der
Türöffnung, die Fingerspitzen in Kopfhöhe gegen den
Rahmen gestützt, das Spielbein leicht abgeknickt. Dann machte
sie auf der Ferse kehrt und schlenderte in die Dunkelheit.
    Vergil blieb, wo er war, bis sie die Schlafzimmerlampe
einschaltete. »Ich wußte es!« quiekte sie. »Sieh
dir bloß all die Bücher an!«
     
    In der Dunkelheit wurde Vergil nur zu deutlich bewußt,
welche Gefahren der Verkehr mit einer Unbekannten in sich barg.
Candice schlief neben ihm, den gesunden Schlaf von drei Gläsern
Alkohol und den Anstrengungen der Liebe.
    Viermal.
    So gut hatte er sich noch nie gehalten. Vor dem Einschlafen hatte
sie gemurmelt, daß Chemiker es mit ihren Pulvern täten,
und Ärzte mit Geduld, aber nur ein Techie in geometrischer
Progression.
    Was die Gefahren anbelangte, so hatte er während seines
Studiums oft genug – und nicht nur in Lehrbüchern –
die Resultate der Promiskuität in einer reisefreudigen und
zunehmend amoralischen Welt gesehen. Wenn Candice zur
Promiskuität neigte (und Vergil konnte nicht umhin zu glauben,
daß nur ein sehr triebhaftes und unterschiedslos mit
Männern verkehrendes Mädchen so unverblümt die
Initiative ergreifen konnte), dann war kaum abzuschätzen, welche
Mikroorganismen sich jetzt an und in ihm ausbreiteten.
    Trotzdem mußte er lächeln.
    Viermal.
    Candice stöhnte im Schlaf, und Vergil schrak zusammen. Er
würde nicht gut schlafen, soviel war ihm klar. Er war nicht
gewohnt, jemand in seinem Bett zu haben.
    Vier…
    Seine braungefleckten Zähne glänzten im Dunkeln.
     
    Am Morgen war Candice um einiges zurückhaltender. Sie bestand
darauf, das Frühstück vorzubereiten. Er hatte Eier und
dünn geschnittenes Rindfleisch in seinem alten Kühlschrank
mit den abgerundeten Ecken, und Candice verstand etwas daraus zu
machen, als wäre sie einmal Köchin in einem
Schnellimbiß gewesen - oder war das einfach die Art, wie Frauen
an solche Dinge herangingen? Er hatte nie die richtige Art und Weise,
Spiegeleier zu braten, herausgebracht. Entweder lief der Dotter aus,
oder die Ränder wurden braun und verbrannt.
    Sie saßen einander am Tisch gegenüber, und Candice
betrachtete ihn mit ihren großen braunen Augen. Er war hungrig
und aß schnell. Mit Tischsitten und feinen Manieren konnte er
nicht aufwarten, dachte er bei sich, aber warum auch? Was konnte sie
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