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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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ihm erwarten? Oder er von ihr?
    »Gewöhnlich bleibe ich nicht die ganze Nacht,
weißt du«, vertraute sie ihm an. »Meistens bestelle
ich um vier Uhr früh, wenn der Kerl schläft, ein Taxi. Aber
du hieltest mich bis fünf in Atem, und ich… wollte einfach
nicht. Du machtest mich müde.«
    Er nickte und wischte den Rest Dotter mit dem letzten Bissen Toast
auf. Er war nicht sonderlich interessiert, zu erfahren, mit wie
vielen Männern sie geschlafen hatte. Wenige waren es jedenfalls
nicht, wie es sich anhörte.
    Vergil hatte in seinem ganzen bisherigen Leben drei Eroberungen
gemacht, und davon war nur eine halbwegs zufriedenstellend gewesen.
Die erste mit siebzehn - ein unglaublicher Glücksfall – und
die dritte vor einem Jahr. Die dritte war zufriedenstellend gewesen
und hatte ihn verletzt. Es war der Anlaß gewesen, der ihn
gezwungen hatte, sich damit abzufinden, daß er zwar ein heller
Kopf war, mit seiner Erscheinung aber nicht viel Staat machen
konnte.
    »Das hört sich furchtbar an, nicht wahr?« sagte
sie. »Ich meine, das mit den Taxis und allem.« Sie schaute
ihn unverwandt an. »Ich bin sechsmal gekommen«, sagte
sie.
    »Nicht schlecht.«
    »Wie alt bist du?«
    »Zweiunddreißig«, sagte er.
    »Du wirkst wie ein Halbwüchsiger – im Bett, meine
ich. Ausdauer.«
    Mit siebzehn war er nicht annähernd so tüchtig
gewesen.
    »Hat es dir Spaß gemacht?«
    Er legte die Gabel aus der Hand und blickte nachdenklich auf. Es
hatte ihm Spaß gemacht, zuviel. Wann würde sich die
nächste Gelegenheit bieten? »Doch, gewiß.«
    »Weißt du, warum ich dich aussuchte?« Sie hatte
ihr einzelnes Spiegelei kaum berührt und kaute noch immer an
ihrem einzigen Streifen Roastbeef. Ihre Fingernägel hatten die
Nacht makellos überstanden. Wenigstens hatte sie ihn nicht
gekratzt. Oder hätte es ihm gar gefallen?
    Er verneinte.
    »Weil ich wußte, daß du ein Techie bist. Ich
hatte noch nie mit einem Techie geschlafen. Vergil, so heißt du
doch, nicht wahr? Vergil Ian Ulam. Ich hätte eher angefangen,
wenn ich es gewußt hätte.« Sie lächelte. Ihre
Zähne waren weiß und gleichmäßig, wenn auch
etwas groß. Ihre Unvollkommenheiten ließen sie ihm noch
liebenswerter erscheinen.
    »Danke. Ich kann nicht für uns alle sprechen. Die
anderen Techies, meine ich. Wer immer sie sind.«
    »Nun, ich finde dich süß«, sagte sie. Das
Lächeln verflog, verdrängt von ernsthafter Überlegung.
»Mehr als süß. Wirklich, Vergil, du bist die beste
Nummer, die ich je hatte. Mußt du heute zur Arbeit?«
    »Nein«, sagte er. »Ich kann mir meine Arbeitszeit
aussuchen.«
    »Gut. Bist du fertig mit dem Frühstück?«
    Noch dreimal schafften sie es bis zum Mittag. Er konnte es nicht
richtig glauben. In seinem ganzen Leben hatte er noch nicht so viel
gevögelt wie in den letzten zwölf Stunden.
    Candice war wund, als sie ging. »Mir ist, als hätte ich
ein Jahr für den Fünfkampf trainiert«, sagte sie, als
sie in der Tür stand, den Mantel in der Hand.
»Möchtest du, daß ich heute abend wiederkomme? Ich
meine, zu Besuch?« Sie schien besorgt. »Ich kann es nicht
schon wieder machen. Ich glaube, du hast meine Periode vorzeitig
ausgelöst.«
    »Bitte«, sagte er und ergriff ihre Hand. »Das
wäre fein.« Sie schüttelten einander ziemlich
förmlich die Hand, und Candice ging hinaus in den
Frühlingssonnenschein. Vergil verweilte noch kurze Zeit an der
Tür, wo er abwechselnd lächelte und ungläubig den Kopf
schüttelte.

 
5
     
    Eine Woche nachdem er Candice kennengelernt hatte, begann Vergils
Geschmack sich zu ändern. Bis dahin hatte er hartnäckig an
Süßspeisen und Stärke festgehalten, an fettem Fleisch
und Brot und Butter. Seine Lieblingsspeise war eine Pizza
Vierjahreszeiten, mit Schinken und Paprika, Anchovis und Oliven.
    Candice regte an, daß er weniger Fett essen solle – sie
nannte es »diesen öligen Scheiß« – und
statt dessen mehr Gemüse und Getreide. Seinem Körper schien
es recht zu sein.
    Auch die Menge der Nahrung, die er zu sich nahm, ging zurück.
Er erreichte rascher den Sättigungspunkt. Sein Bauchumfang
verringerte sich merklich. Und wenn er allein in der Wohnung war,
verspürte er eine neue und unerklärliche Rastlosigkeit.
    Mit seinen veränderten Eßgewohnheiten ging ein Wandel
in seiner Einstellung zur Liebe einher. Das kam nicht unerwartet;
Vergil verstand genug von Psychologie, um zu erkennen, daß er
bloß eine zufriedenstellende Beziehung brauchte, um von seiner
nervösen Abneigung gegen Frauen geheilt

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