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Blutleer

Blutleer

Titel: Blutleer
Autoren: Silvia Kaffke
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wir – entwöhnt war. Wir sind jetzt acht Jahre zusammen, Barbara. Wir lieben uns, aber verliebt würde ich das nicht nennen.« Man konnte ihm ansehen, dass er das bedauerte. Aber Barbara musste sich eingestehen: Er hatte Recht.
    »Wir sind ein altes Ehepaar, Thomas. Daran ist nicht zu rütteln.« Wir waren es nicht, als du lebensbedrohlich krank warst, fügte sie in Gedanken hinzu und erschrak fast darüber.
    »Ja. Es ist keine Entschuldigung, aber doch eine Erklärung dafür, warum ich schwach geworden bin.«
    Barbara schob das Frühstückstischchen beiseite, damit sie aufstehen konnte. »Du hast Recht, es ist keine Entschuldigung dafür.« Sie wünschte, sie hätte den Mumm, einfach mit der Faust auf das Tischchen zu schlagen und die Scherben des teuren Porzellans auf dem noch teureren Teppich zu verteilen, aber sie stand einfach nur auf und ging zur Tür. »Erklärungen, Thomas, Erklärungen gibt es eine Menge. Du hättest das nicht getan, wenn unsere Beziehung wirklich in Ordnung wäre. Und ich würde vielleicht eine Menge Erklärungen haben, wenn ich den Mann noch kennen würde, der da jede Nacht neben mir schläft. Aber das tue ich nicht. Und deshalb kenne ich auch den Mann nicht, der mich jetzt betrügt.«
    »Und ich kenne dich immer noch gut genug, Barbara, um zu wissen, dass du jetzt weglaufen wirst.«
    »Weglaufen?« Barbara drehte sich um. »Ja, das wäre vielleicht eine gute Idee. Aber das brauche ich gar nicht. Denn du bist ja kaum hier.«
    Immer noch funktionierten die alten Mechanismen, die Thomas in den langen Jahren der Herzkrankheit seit seiner Kindheit entwickelt hatte. Barbara konnte Anzeichen erkennen, dass er wütend war. Aber er war niemals aufgeregt. »Dann wäre es dir lieber, wenn ich weiterhin hier zu Hause hocken würde, während du deiner Karriere nachgehst?«
    »Es gibt auch Kompromisse.«
    »Deine Fälle sind immer wichtiger als jeder Kompromiss. Und soll ich dir mal was sagen? Meine Forschungen, meine Seminare und meine Studenten sind auch wichtig.«
    »Wolltest Du nicht sagen: Studentinnen?« Sie wandte sich zum Gehen.
    Thomas packte sie sanft am Arm. »Wo willst du hin?«
    »Ich werde duschen, Thomas. Nur duschen. Dann schreibe ich einen Bericht für Sven Heyer und bereite mein Seminar für Dienstag vor.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich kann mich daran erinnern, dass du mir immer vorgeworfen hast, nicht zu kommunizieren.«
    Barbara traten plötzlich Tränen in die Augen, und der Ärger darüber ließ sie fast zittern. »Ich kann nicht darüber reden, Thomas. Es gibt auch nichts zu reden. Du hast mich betrogen und … und … meine Welt ist eingestürzt, verdammt noch mal. Ich kann darüber nicht mehr theatralische Sprüche machen und hysterisch heulen. Ich will aufwachen und denken, es ist nur ein böser Traum. Sag mir, dass es nur ein Traum war.«
    »Wenn du mir verzeihen kannst, dann war es nur ein böser Traum.«
    Barbara beruhigte sich etwas. »Ja, so einfach wäre es für dich.«
    »So war es für mich, als du mit Heyer …«
    »Heyer ist ein ganz anderer Fall, Thomas. Wir hatten uns damals getrennt.«
    »Du hattest dich getrennt, das ist etwas anderes.«
    »Ich habe dich nicht betrogen!«, schrie Barbara ihn an.
    »Danke. Jetzt hat Mutter es oben auch gehört.« Er war so aufreizend ruhig, dass Barbara ihn am liebsten geschlagen hätte. Aber sie ging ins Bad und ließ endlos warmes Wasser über ihren Körper laufen. Es vermischte sich mit ihren Tränen.
    Ungefähr eine Stunde später kam sie aus dem Badezimmer, die Augen immer noch verheult. Thomas war nicht mehr da, und der Anrufbeantworter blinkte. »Hallo Barbara, hier ist Sven. Du musst wegen Hirschfeld noch mal nach Duisburg kommen, bitte so schnell wie möglich.«
    Arbeit war noch immer das beste Mittel, um sich abzulenken. Sie stieg in ihre Kleider, ergriff das Brötchen, das Thomas in die Küche gestellt hatte, warf noch eine Scheibe Käse darauf und machte sich auf den Weg.
    Kurz nach elf kam Barbara im Duisburger Polizeipräsidium an. Die Sonne schien, und sie war offen gefahren, nun versuchte sie ihre Haare, die das Baseballcap platt gedrückt hatte, wieder etwas in Form zu bringen. Sie ging hinauf in Heyers Büro.
    »Was ist denn los, Sven, ich dachte, seit gestern Nacht wäre alles klar?« Erst jetzt bemerkte sie den Mann, der direkt neben der Tür auf einem Stuhl saß. Er stand auf und reichte ihr die Hand.
    »Darf ich dir vorstellen, Barbara?« Sven kam hinter dem Schreibtisch hervor. »Das ist Ruben Jakubian
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