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Blutleer

Blutleer

Titel: Blutleer
Autoren: Silvia Kaffke
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zu spannen.
    »Ich finde wirklich, wir sollten das aus der Welt schaffen.«
    »Ja. Morgen. Gute Nacht.« Barbara stieg ins Bett. Thomas stand auf und ging hinaus.
    Das riesige Bett war groß genug, um sich darin für eine Nacht aus dem Weg zu gehen, jedenfalls hoffte sie, bereits eingeschlafen zu sein, wenn er ins Bett kam. Doch als sie nach langem Hin-und Herwälzen auf die Uhr sah, war es bereits halb drei, und Thomas war immer noch nicht da. Leise stand sie auf, um zur Toilette zu gehen, immer in Erwartung, dass er noch wach im Wohnzimmer säße und seine Aussprache fordern würde. Doch dort war alles dunkel. Schließlich fand sie ihn tief schlafend im Wintergarten auf der bequemen Lederliege, unter einer leichten Decke.
    Sie betrachtete ihren Mann mit merkwürdig gemischten Gefühlen. Dort lag der Mensch vor ihr, der ihr näher gekommen war als irgendjemand vor ihm, nicht einmal ihre Eltern hatte sie so nah an sich heran gelassen. Er kennt mich besser als ich mich selbst, dachte sie. Nicht zum ersten Mal. Das mochte auch immer noch so stimmen. Nur ob sie Thomas noch kannte, zwei Jahre nach der Transplantation, das konnte sie nicht mehr beantworten.
    Zurück im Bett ließ die Erkenntnis, dass er nicht mehr kommen würde, sie vor Erschöpfung endlich fest einschlafen.

2.
    Am anderen Morgen wurde sie von Kaffeeduft geweckt. Sie schlug die Augen auf und neben ihrem Bett stand ein Tischchen mit einem kompletten Frühstück. Thomas goss gerade den Kaffee ein. Er würde es ihr also nicht leicht machen.
    Sie setzte sich auf und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Schon eine ganze Weile war es her, seit sie sich entschlossen hatte, sie wieder halblang zu tragen, wie früher zu BKA-Zeiten. Heute hatte sie zum ersten Mal das Gefühl, dass die Haare sie störten.
    »Ausgeschlafen?«, fragte Thomas. Sie versuchte die Zärtlichkeit aus früheren Tagen herauszuhören, fand sie aber nicht. Es war nur wenig mehr als eine nüchterne Frage. Du interpretierst zu viel hinein, dachte sie. Immerhin musste er sehr nervös sein.
    »So ziemlich«, antworte sie und akzeptierte seinen Kuss auf die Wange, erwiderte ihn aber nicht.
    »Wir müssen wohl reden«, meinte er leise. »Aber wenn du erst in Ruhe frühstücken willst …«
    »Das würde ich gern, aber es ist wohl dir gegenüber nicht ganz fair.«
    Er zog sich den Sessel heran. »Özay hat dir von Katharina erzählt.«
    Barbara versuchte auf seinem Gesicht zu ergründen, was dieser Name ihm bedeutete. »Er sagte mir nicht, wie sie heißt. Nur dass du wohl mit ihr geschlafen hast. Du hast ihn in arge Gewissensnöte gebracht.«
    Thomas seufzte. »Ich weiß, es war sehr dumm von mir, ausgerechnet ihn zu engagieren. Aber du sagst immer, er ist der Beste. Und ich wollte den Besten, um sie zu finden. Sie ist sehr labil und ich habe Angst, sie könnte sich etwas antun.«
    »Weshalb sollte sie das?« Barbara beschloss, sich ein Brötchen zu schmieren, um ihn nicht die ganze Zeit ansehen zu müssen.
    »Weil ich ihr gesagt habe, dass Schluss ist und ich bei dir bleiben will. Weil du die Frau bist, die ich liebe.«
    »Aber vögeln musstest du sie vorher noch?« Barbara schreckte selbst zusammen vor der Schärfe, mit der sie das sagte.
    »Das ist hier kein Polizeiverhör, Barbara.«
    »Ja, ich vergaß. Ein so nobler Mensch wie du vögelt nicht.« Verbissen strich sie weiter Butter auf das Brötchen, so lange, bis Thomas ihr sanft das Messer aus der Hand nahm.
    »Kannst du einen Moment zuhören? Du hast alles Recht, wütend zu sein, aber ich habe auch das Recht, dir zu erzählen, was passiert ist und vielleicht auch warum.«
    Barbara brachte nur eine Geste zustande, die einladend wirken sollte, und warf das Brötchen auf den Teller.
    »Sie kam im letzten Jahr zum ersten Mal in mein Seminar. Eine sehr hübsche, sehr kluge und sehr ehrgeizige Person. Sie glänzte immer mit ihren Beiträgen, nahm an den Gesprächskreisen außerhalb der Uni teil. Und dann kam sie plötzlich nur noch unregelmäßig, wirkte fahrig und ungepflegt. Irgendwann habe ich mir sie geschnappt und zum Reden gebracht. Sie hatte schlimme Depressionen, ein Wunder, dass sie es überhaupt noch vor die Tür schaffte. Ich schickte sie zu einem vernünftigen Arzt und hatte ein Auge auf sie. Und sie, kaum war sie aus dem Gröbsten heraus, verliebte sich.«
    Barbara atmete tief durch. »Und das geschah natürlich ganz ohne dein Zutun.«
    »Es war sehr schmeichelhaft für mich und … ich gebe ja zu, dass ich schon ein wenig – sagen
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