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Blutleer

Blutleer

Titel: Blutleer
Autoren: Silvia Kaffke
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vom LKA.«
    Jakubian war sehr groß. Selbst Sven wirkte neben ihm eher schmächtig. Barbara schätzte ihn auf knapp zwei Meter und musste an ihm hochgucken. Sie kannte diese Art Mann: Er wirkte auf den ersten Blick gemütlich und schwerfällig wie ein freundlicher Bär, kämpfte immer ein wenig mit seinem Gewicht, auch wenn er nicht dick war. So einem Mann passte nichts von der Stange. Sein tadellos sitzender Anzug musste Maßkonfektion sein. Sie schüttelte seine riesige, aber sehr wohlgeformte Hand. »Barbara Hielmann-Pross. Jetzt bin ich doch ein wenig verwirrt. Ich dachte, das LKA bringt seinen eigenen Fallanalytiker mit. Wie heißt er noch gleich …«
    »Adler-Furth.« Jakubians Stimme war nicht ganz so tief wie Barbara vermutet hatte, klang aber sehr warm und angenehm. »Er hatte einen Herzinfarkt und fällt über längere Zeit aus.« Jakubian hielt ihre Hand einen Moment fest, aber vorsichtig, als fürchtete er, sie zu zerbrechen. Er trug sein dunkles Haar mit den angegrauten Schläfen ganz kurz, aber Barbara vermutete, dass es lockig war. Seine Augen waren ebenfalls ganz dunkel und standen dem Eindruck vom gemütlichen Bären völlig entgegen. Lebhaft, aber keineswegs unruhig, blickten sie sie direkt an. Schwer, etwas vor ihm zu verbergen oder sich an ihm vorbeizudrücken, dachte Barbara.
    »Ich habe Herrn Jakubian vorgeschlagen, dich als Beraterin hinzuzuziehen«, meinte Sven.
    »Adler-Furths Team ist gerade an einem Serienbankräuber dran, und keiner von ihnen ist erfahren genug für einen Mörder dieses Kalibers«, ergänzte Jakubian.
    Barbara seufzte. So schnell wurde sie Hirschfeld also nicht mehr los. Einen Moment zögerte sie jedoch. Was hatte Thomas ihr in einer solchen Situation immer gesagt? »Du könntest Nein sagen.« Aber das hatte sie bisher nie getan. Und überhaupt, zum Teufel mit Thomas!
    »Gut, ich bin dabei. Aber ich werde meinen Verpflichtungen an der Uni bis zum Ende des Semester nachkommen.«
    »Bis dahin dachte ich eigentlich den Fall abgeschlossen zu haben. Sie bekommen den Vertrag so schnell wie möglich.« Jakubian hatte ein sehr gewinnendes Lächeln, nicht ganz so hinreißend wie Sven, aber es wirkte auch weniger kalkuliert. »Herr Heyer, es wäre mir lieb, wenn Sie sich inzwischen um die andere Leiche kümmern würden, die ja hier in Duisburg liegen soll. Wenn es sein muss, nehmen Sie Hirschfeld mit. Es ist mir wichtig, dass sie schnell gefunden wird.« Er wandte sich wieder an Barbara. »Und wir beide fahren jetzt nach Bochum.«
    Ach ja?, dachte Barbara und folgte ihm verblüfft.
    Jakubian hatte der Versuchung widerstanden, in Barbaras Jaguar-Cabrio einzusteigen. »In meinem Wagen habe ich es bequemer«, meinte er und dirigierte Barbara zu einem Dienst-BMW des LKA. Barbara musste zugeben, dass der riesige Mann sich wahrscheinlich hätte zusammenfalten müssen, um in ihrem Wagen mitfahren zu können. Sie konnte ihm ansehen, dass er über ihr Luxusauto recht erstaunt war. Er fragte aber nicht danach.
    »Machen Sie jetzt Heinz Werstens Job?«, fragte sie ihn, als sie am Marientor auf die A 40 fuhren.
    »Wersten?« Er fädelte sich in eine winzige Lücke ein. »Das war mein Vor-Vorgänger.« Der Wagen beschleunigte, und binnen kürzester Zeit fuhr Jakubian schneller als erlaubt, aber innerhalb der üblichen Grenzen. »Ich bin erst letzten Monat vom LKA Hannover hierher gewechselt.«
    Barbara wunderte sich. In seiner Position sollte er Land und Leute gut kennen, die unterschiedlichen Mentalitäten in den unterschiedlichen Landstrichen. Und vor allem war er angewiesen auf persönliche Kontakte zu den Ortspolizeien. Jemand von außerhalb auf diesen Job zu setzen war nicht besonders klug.
    Als hätte Jakubian ihre Zweifel bemerkt, fügte er hinzu: »Ich bin kein gebürtiges Nordlicht, sondern hier in Duisburg geboren und in Oberhausen aufgewachsen. Aber die letzten zwanzig Jahre habe ich in Niedersachsen gearbeitet.«
    »Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit.«
    »Ja, das stimmt. Auf dem Weg zum Polizeipräsidium habe ich mich verfahren. Ich hatte den Ehrgeiz, ohne Navigationssystem hinzufinden, und völlig unterschätzt, wie sehr die Stadt sich verändert hat.«
    »Nun, ich dachte dabei eher an Ihren Job«, sagte Barbara vorsichtig und musste feststellen, dass Jakubian in dieser Hinsicht völlig uneitel war.
    »Ich weiß, woran Sie gedacht haben. Eigentlich hätte Liefers, das war der Nachfolger von Heinz Wersten, hier sein sollen, um mich einzuarbeiten. Aber er hat sich krankgemeldet.«
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