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Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21

Titel: Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21
Autoren: Jonathan Kellerman
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noch nicht parierten, senkte sie ihre Hand, fuhr sich damit über die Kehle, legte beide Hände an die Hüften und schrie: ›Runter mit euren Köpfen!‹ Es war albern, aber unheimlich, ich hasste es, wenn sie das tat. Nora und Billy schien es nichts auszumachen.«
    »Und Brad?«
    »Das ist es ja«, sagte sie. »Brad pflegte zu lächeln. Ein merkwürdig anzügliches Lächeln. Als wäre es ein Privatwitz zwischen ihm und Amelia. Sie kennen sein Hobby, nicht wahr? Damals interessierte er sich wirklich dafür. Hatte alle Arten von Messern und auch immer welche bei sich. Ich habe nie gesehen, wie er jemandem damit wehgetan hat, und er hat nie jemanden damit bedroht. Zumindest nicht mich. Also hat es vermutlich nichts zu bedeuten - Amelia mit ihrer Hand über der Kehle.«
    Ich sagte nichts.
    Elise Van Syoc fragte: »Hab ich recht?«

48
    Als ich über den Hügel fuhr, dachte ich darüber nach, was Familie für die Dowd-Kinder bedeutet hatte.
    Grenzen wurden verwischt, Menschen wurden benutzt, Darstellung war alles.
    Brad war verlassen, widerstrebend aufgenommen, ausgenutzt und weggeschickt worden. Zurückgeholt und von einer Frau eingespannt worden, die Vorbehalte gegen ihn hatte und ihn gleichzeitig begehrte.
    Jahre später hatte er sich nach ihrem Tod wieder in die Familie eingeschlichen und die Machtposition eingenommen. In dem Wissen, dass er nie dazugehört hatte, nie dazugehören würde.
    Zu diesem Zeitpunkt hatte er Juliet Dutchey ermordet. Vielleicht noch andere Frauen, die noch nicht entdeckt worden waren.
    Als Milo und ich seinerzeit verschiedene Theorien erörterten, hatte er sich laut gefragt, ob Cathy und Andy Gaidelas vielleicht eine symbolische Elternrolle eingenommen hätten.
    Glaubt ihr Brüder immer noch an diese Ödipus-Geschichte?
    Mehr, als ich es vor ein paar Wochen getan hatte.
    Warum Meserve?
    Brad war nur ein einziges Mal in meiner Gegenwart unverhohlen wütend geworden, und zwar, als er über Meserve gesprochen hatte.
    Einen jungen Mann, der andere geschickt zu manipulieren verstand.
    Hatte Brad sich in ihm wiedererkannt, wie er vor zwei Jahrzehnten gewesen war?
    Lief trotz seiner glatten Art, seiner Kleidung, all der Autos - trotz des Image - alles auf Selbsthass hinaus?
    Die Botschaft einer Leiche, die in einer Gefängniszelle hing, lautete: Vielleicht.
    Benutzt und entsorgt … das erklärte nicht das Ausmaß des Grauens. Das tut es nie. Ich fragte mich, warum ich es weiter versuchte.
    Ich kam am Mulholland an und rollte im Leerlauf an Traumhäusern und anderen Hypotheken vorbei, unfähig, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
    Brad war der vollendete Schauspieler gewesen. Er hatte Billy und Nora beschützt, mit ihr geschlafen und beide bestohlen.
    Hatte seinen Cousin in mörderischen Dienst genommen und dann seine Hinrichtung in die Wege geleitet.
    Hatte einer Cousine - einem Cop - zu derselben Zeit Avancen gemacht, als von ihren Kollegen im Fall eines verschwundenen Showgirls gegen ihn ermittelt wurde.
    Warum nicht? Warum sollten Blutsbande irgendeine Bedeutung für ihn haben?
    Marcia Peaty hatte keinerlei Probleme, Brad als böse anzusehen, aber sie war überzeugt davon, dass Cousin Reynold nur ein unbedeutender Loser gewesen war.
    Ein ehemaliger Cop, aber sie hatte weit danebengelegen. Daran würde sie ziemlich lange zu knabbern haben. Wenn sie meine Patientin wäre, würde ich mich darum bemühen, sie zu der Einsicht zu bringen, dass sie ein Mensch war, nicht mehr und nicht weniger.
    Wenn man ernsthaft darüber nachdachte, waren Regeln und Ausnahmen nicht so leicht auseinanderzuhalten.
    Kirchenälteste schleichen in dunkle Häuser und erwürgen ganze Familien. Diplomaten und Manager und andere respektable Männer unternehmen Sex-Reisen nach Thailand.
    Jeder kann reingelegt werden.
    Wenn sie nicht so arrogant gewesen wären, hätten Brad und Nora ihrem Hobby noch einige Jahre nachgehen können.
    Wie lange hätte es gedauert, bis er das Treuhandvermögen völlig geplündert und beschlossen hätte, dass Nora nicht mehr nützlich war?
    Die Jetcard und die Insel vor der Küste von Belize sprachen für nicht lange.
    Hatte Nora - betäubt, herzlos, dauernd stoned - überhaupt eine Ahnung, dass man ihr das Leben gerettet hatte?
    Was für ein Leben stand ihr bevor? Zunächst sicher eine schwere Depression, sobald die Realität des Gefängnislebens zuschlug. Falls sie damit zurechtkam und ein Gefängnistheater gründete, könnten die Dinge schon rosiger aussehen. Rollen besetzen, inszenieren. Nach
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