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Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21

Titel: Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21
Autoren: Jonathan Kellerman
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ihn verführt?«
    »Vielleicht war es auch andersherum. Ich kann nicht mal mit Sicherheit sagen, dass etwas passiert ist. Aber die Art und Weise ihrer Beziehung zueinander war nicht gerade die zwischen Mutter und Sohn. Mir war das nie aufgefallen, bevor ich mit ihnen so viel Zeit zu verbringen begann. Es hat eine Zeitlang gedauert, bis ich bemerkte, dass Mrs. D. seltsamer als gewöhnlich war.«
    »Was hat sie getan?«
    »Sie war nicht gerade umwerfend als Mom. Bei Billy und Nora war sie distanziert. Aber bei Brad - vielleicht hat sie gemeint, juristisch gesehen, weil Brad ein adoptierter Cousin und nicht ihr Sohn war … trotzdem, er war vierzehn, und sie war eine erwachsene Frau.«
    »Hüftenreiben und Dekolletee?«, fragte ich.
    »Ein bisschen, aber normalerweise war es subtiler. Ein vertrauliches Lächeln, kleine Blicke, die sie einfließen ließ, wenn sie glaubte, niemand sähe zu. Von Zeit zu Zeit erwischte ich sie dabei, wie sie seinen Arm streifte und er sie ebenfalls berührte. Nora und Billy schienen es nicht zu bemerken. Ich fragte mich, ob ich es mir einbildete, kam mir vor wie ein Außerirdischer, den man auf einen fremden Planeten hat fallen lassen.«
    »Wie hat Brad reagiert?«
    »Manchmal tat er so, als wäre ihm gar nicht klar, was sie da tat. Bei anderen Gelegenheiten schien er es eindeutig zu genießen. Es hat definitiv irgendwie zwischen ihnen gefunkt. Wie weit es ging, weiß ich nicht. Ich hab es nie jemandem erzählt, nicht mal meinen Freundinnen. Wer hat damals in diesen Kategorien gedacht?«
    »Aber Sie fanden es ekelhaft.«
    »Ja«, sagte sie, »aber als Amelias eigene Kinder sich offenbar nicht daran zu stören schienen, hab ich mich allmählich gefragt, ob ich nicht Gespenster sehe.« Schwaches Lächeln. »Dass ich mich mit tiefen Zügen von einem illegalen Kraut gestärkt hatte, beförderte meine Zweifel.«
    »Amelia war eine Verführerin«, sagte ich, »aber sie schickte Brad in einen anderen Staat.«
    »Mehrere Male. Vielleicht wollte sie ihn nicht mehr um sich haben, damit sie sich mit ihren eigenen Impulsen auseinandersetzen konnte? Würden Sie das als psychologische Einsicht bezeichnen?«
    »Auf jeden Fall.«
    Sie lächelte. »Vielleicht sollte ich Psychoanalytikerin werden.«
    »Wie oft ist ›mehrere Male‹?«
    »Ich würde sagen, drei- bis viermal.«
    »Weil er in Schwierigkeiten geraten war.«
    »So lauteten die Gerüchte.«
    »Wurden die Gerüchte spezifisch?«, fragte ich.
    »Die ganz normale Jugendkriminalität«, sagte sie. »Benutzt man den Begriff nicht mehr?«
    »Ich schon. Wovon ist hier die Rede? Diebstahl und Schuleschwänzen?«
    »Das ja.« Sie runzelte die Stirn. »Außerdem hatten einige Leute in der Nachbarschaft Haustiere, die plötzlich verschwanden, und man munkelte, dass Brad etwas damit zu tun hatte.«
    »Warum?«
    »Ich weiß es ehrlich nicht, davon wurde nur geredet. Das ist wichtig, nicht wahr? Grausamkeit Tieren gegenüber findet man häufig in der Biographie von Serienmördern, stimmt’s?«
    »Es ist ein Risikofaktor«, sagte ich. »Wann war das letzte Mal, dass Brad weggeschickt wurde?«
    »Nachdem Amelia die Sache mit der Band aufgegeben hatte. Nicht direkt danach, vielleicht einen Monat oder fünf Wochen später.«
    »Was hat sie davon überzeugt, dass es keinen Sinn hatte?«
    »Wer weiß? Eines Tages hat sie Mutter einfach angerufen und verkündet, dass es für populäre Musik keine Zukunft gäbe. Als ob das ihre Entscheidung gewesen wäre. Was für eine blöde Nuss.«
    »Und kurz darauf war Brad verschwunden.«
    »Ich vermute, sie hat ihn nicht mehr gebraucht … Jetzt, wo wir davon reden, wird mir klar, wie schlimm das für ihn gewesen sein muss. Benutzt und entsorgt. Falls es ihm etwas ausmachte, hat er es nicht gezeigt. Ganz im Gegenteil, er war immer gelassen, nichts hat ihn aufgeregt. Das ist auch nicht normal, oder? Würden Sie mein psychologischer Berater sein?«
    »Wenn Sie einen Vertrag an Land gezogen haben, reden wir darüber. Was war mit Captain Dowd?«
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Hatte er etwas mit der Band zu tun?«
    »Er hatte mit nichts was zu tun, soweit ich mitbekommen habe. Was ihn nicht sehr von den anderen Vätern in der Nachbarschaft unterschied. Aber sie waren nicht da, weil sie gearbeitet haben. Captain Dowd lebte von seiner Erbschaft und hat nie längere Zeit einen Beruf ausgeübt.«
    »Womit hat er seine Zeit verbracht?«
    »Mit Golf, Tennis, dem Sammeln von Autos und von Flaschen für seinen Weinkeller und anderem Kram.
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