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Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Titel: Blutflüstern: Novelle (German Edition)
Autoren: Kim Harrison
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Aber dem Hörensagen nach hatten das die meisten Geister.
    »Euch fehlt es nicht an Mut«, sagte er, und sein Atem bewegte die Haare auf meinem Kopf. »Das ist der wichtigste Teil. Der Rest ist nebensächlich. Echte Stärke bedeutet, mit seinem Versagen leben zu können. Sich einzugestehen, dass man manchmal nicht rechtzeitig dort sein kann und dass wegen dieses Mangels jemand stirbt. Es war Klugheit, die den Vampir gefangen hat, nicht reine körperliche Stärke. Außerdem wird die Kraft noch kommen.«
    Es klang so einfach. Ich wollte ihm glauben. Ich wollte ihm so sehr glauben, dass meine Brust davon schmerzte. »Wird sie?«, fragte ich, als ich mich ein Stück zurückzog, um ihm mit verweinten Augen ins Gesicht schauen zu können. »Ich habe das auch immer geglaubt, aber ich bin so verdammt schwach. Sieh mich an«, sagte ich abfällig. »Eingewickelt wie ein Baby, und meine Knie werden jedes Mal weich, wenn ich nur aufstehe, um am Fernseher umzuschalten. Es ist dumm, zu denken, dass die I.S. mich wollen wird. Ich sollte aufgeben und nach Portland gehen, um eine Erdhexe zu werden, dann einen Zauberladen aufmachen und …« Meine Augen liefen wieder über. Verdammt . »Und Zauber verkaufen«, beendete ich den Satz und trat ein wenig Schnee ins Feuer.
    Pierce schüttelte den Kopf. »Das ist die verflixt dümmste Idee, die ich gehört habe, seitdem ich wieder Ohren zum Hören habe, und ich bin gesonnen zu sagen, dass ich einige dumme Dinge gehört habe, seitdem Ihr mich aufgeweckt
habt. Könnte ich mit den Toten sprechen, würde ich Euren Vater fragen, und ich weiß, was er antworten würde.«
    Seine Sprache entglitt ihm wieder; er musste aufgeregt sein. Ich schaute von der Stelle auf, wo der Schnee geschmolzen war und ein Holzscheit halb gelöscht hatte. »Das kannst du nicht wissen«, sagte ich missmutig. »Du hast ihn nie auch nur getroffen.«
    Trotzdem lächelte er mich an, und seine blauen Augen reflektierten das dämmrige Licht. »Das brauche ich auch nicht. Ich erwarte von einem Mann, der eine junge Dame von solchem Feuer aufgezogen hat, nur eine Antwort: Tut, was Euer Herz Euch sagt.«
    Ich presste die Lippen zusammen. »Ich bin zu schwach«, sagte ich dann, als wäre es das einzig Wichtige. »Nichts wird sich ändern. Nichts.«
    Ich wollte nicht mehr darüber reden. Meine Hände waren kalt, und ich ließ die Uhr in meinen Schoß fallen, um die Handschuhe wieder anzuziehen.
    »Hey!«, sagte Pierce, als er sie sah. »Das ist meine!«
    Mir fiel die Kinnlade runter, aber dann dämmerte es mir. »Kein Wunder, dass der Zauber nicht funktioniert hat. Das ist deine Uhr?« Ich zögerte. »Bevor sie meinem Dad gehörte? Vielleicht kann ich es noch mal probieren«, sagte ich. Aber er schüttelte den Kopf, während gleichzeitig offensichtlich war, dass er die Uhr anfassen wollte.
    »Nein«, sagte er. »Ihr seid seine Tochter, und das Blut, das den Zauber entfacht hat, ist eine engere Verbindung als ein Stück edles Metall. Wäre er in der Position gewesen zu kommen, hätte er es getan.« Seine Augen leuchteten eifrig, dann leckte er sich über die Lippen und fragte: »Darf ich?«
    Schweigend gab ich sie ihm.
    Pierce’ Lächeln war so strahlend, dass es fast wehtat. »Es ist meine«, sagte er, dann schob er schnell hinterher: »Verzeiht mir. Ich meinte, dass es einst die meine war. Ich nehme an, sie wurde verkauft, um den Stein zu bezahlen, der mich davon abhielt, aufzuerstehen und meinen unrechtmäßigen Tod zu rächen. Seht Ihr?«, sagte er und zeigte auf eine kleine Delle. »Dies ist geschehen, als ich mich gegen einen Pfosten geworfen habe, um einem schlecht gelaunten Klepper zu entkommen.«
    Ich lehnte mich vor und fand ein wenig Trost in seiner Geschichte.
    »Ich frage mich, ob der Scherenschnitt meiner Liebsten noch darin ist«, meinte er dann und drehte die Uhr um. Ich zog die Augenbrauen hoch, als er einen Fingernagel in eine winzige Spalte schob und ein lateinisches Wort flüsterte. Der hintere Deckel schwang auf, und ein gefaltetes Stück Papier flatterte zu Boden.
    »Das ist es nicht«, sagte er seufzend. Ich hob das Papier auf und gab es ihm.
    »Was ist es?«, fragte ich dann. Er zuckte mit den Achseln und gab mir die Uhr, während er den Zettel auffaltete. Aber dann schien mein Herz stehenzubleiben, als der Duft des Pfeifentabaks meines Dads von dem Papier aufstieg.
    Pierce bemerkte meinen Gesichtsausdruck nicht, sondern blinzelte auf die Worte hinab. »Mein kleines Glühwürmchen«, sagte er, und Tränen
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