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Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Titel: Blutbahn - Palzkis sechster Fall
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Sekunden
ziemlich blass geworden war, suchte nach Worten. »Du, Reiner, das ging vorhin so
schnell, als ich in der Dienststelle war, da hab ich doch glatt vergessen –«
    Um die peinliche Situation zu retten,
unterbrach ich ihn und befahl in einer autoritären Tonlage: »Die Spurensicherung
wird jeden Moment hier sein. Vorläufig beschlagnahme ich die ganze S-Bahn. Würden
Sie bitte prüfen, ob die Bahn auf ein anderes Gleis gefahren werden kann, damit
wir den Fahrplan nicht weiter strapazieren müssen?«
    Im Hintergrund sah ich, wie Gerhard,
der ans Ende des Abteils gegangen war, leise, aber hektisch telefonierte.
    »Selbstverständlich«,
antwortete Frau Grün und verließ den Zug. Fast unhörbar, aber eben nur fast, murmelte
sie ›komischer Laden hier‹.
    »Können wir
Sie eine Weile alleine lassen?«, fragte ich den Notarzt, obwohl ich die Antwort
bereits kannte.
    »Denken Sie,
dass der Tote mich beißen wird?«, antwortete dieser. »Gehen Sie nur rüber, in der
Kneipe gibt’s ein exzellentes Exportbier. Ich warte solange auf Ihre Kollegen, damit
die nichts an meiner schönen Leiche kaputtmachen. Vielleicht kann man ihn ja konservieren.«
    »Ich trinke nur Pils«, meinte ich
und verließ mit Gerhard die Bahn.
    Der Wartesaal des Hauptbahnhofes
bot eine triste Erscheinung. Neben den obligatorischen Fahrplänen gab es kaum Erwähnenswertes.
Karl May hätte zwar auch hierzu eine mindestens 40-seitige Beschreibung des Saales
geliefert, doch so etwas konnte man in der heutigen hektischen Zeit niemandem mehr
zumuten. Einige Beamte unserer Dienststelle liefen herum, und bestimmt 20 Zivilpersonen
saßen und standen im Saal, die meisten wirkten verärgert. Mehrere Anwesende waren
angesichts der fünften Jahreszeit mehr oder weniger aufwändig verkleidet. Mit meinem
Jogginganzug passte ich gut dazu. Da sollte Stefanie noch einmal behaupten, ich
könnte mich meiner Umgebung nicht anpassen. Zu unserer Überraschung kam Jutta aus
der Gaststätte. Jutta Wagner, eine ganz liebe Kollegin, war normalerweise im Innendienst
beschäftigt und plante und organisierte Besprechungen wie keine andere. Ohne sie
würde es auf der Dienststelle ziemlich chaotisch ablaufen, wie überall in deutschen
Beamtenstuben, wo Männer in der Überzahl waren. Nur gegen unseren KPD, da kam sie
meist nicht an.
    »Hallo, ihr beiden, da seid ihr
ja endlich. In der Zentrale wurde mir gesagt, dass ich euch hier finde.«
    »Und wieso bist du hier?«, fragte
ich stutzig.
    Sie lächelte.
»Was macht man normalerweise in einem Bahnhof? Auf den Zug warten? Ich war auf dem
Weg nach Ludwigshafen zum shoppen. Durch den Leichenfund hat sich das erübrigt.«
    »Was?«, sagte
ich überrascht. »Du wolltest genau in die Bahn steigen, die da draußen steht?«
    »Mach mal halblang,
junger Mann. Ich habe von der Tat nichts mitbekommen, ich bin nämlich am vorderen
Ende des Zuges eingestiegen. Ich wurde bereits ungeduldig, aber nach einigen Minuten
kam eine Durchsage, dass es wegen eines angeblichen Unfalls noch eine Weile dauert
und wir auf keinen Fall aussteigen sollen. Das kam mir ein bisschen spanisch vor.
Deshalb ging ich zum Fahrzeugführer in den Führerstand, der gerade wie wild telefonierte.
Ich gab mich als Polizeibeamtin zu erkennen. Er hat mir dann von dem Toten erzählt
und dass zufällig anwesende Bundespolizisten gerade dabei wären, den hinteren Zugteil
zu evakuieren. Von ihm erfuhr ich auch, dass die Kripo bereits auf dem Weg sei.
Zur Sicherheit rief ich selbst an und man sagte mir, dass Gerhard schon unterwegs
sei. Der Fahrzeugführer ließ mich dann raus und ich habe versucht, die Fahrgäste
etwas vorzusortieren.«
    Ich nickte anerkennend.
»Das war bestimmt eine Aufgabe nach deinem Geschmack. Kennst du bereits den Täter?«
    Jutta sah mir
fest in die Augen. »Auch wenn es so aussieht, das hier ist keine Agatha-Christie-Spielrunde.
Wir haben keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Täter sich in diesem Gebäude aufhält.«
    »Lass dich doch nicht auf den Arm
nehmen«, sagte Gerhard. »Du weißt doch, wie sarkastisch Reiner sein kann. Insbesondere,
wenn sein Tagesplan durcheinandergerät.«
    Jutta wurde wieder sachlich. »Gefunden
hat ihn eine Frau Uta Wohnhaupt. Ich habe bereits mit ihr sprechen können. Sie ist
nichtsahnend in die S-Bahn gestiegen und war gerade im Begriff, sich dem Toten gegenüber
zu setzen, als sie den Gestank wahrnahm und im gleichen Moment den Dreizack in seiner
Brust und das Blut bemerkte. Nach ihren Angaben waren etwa sechs weitere
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