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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer
Autoren: C Wilken
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Luft zufächelte, während sie an der Seite ihres zukünftigen Gatten durch den Hofgarten ging. Sie war keineswegs von Tulechows Unschuld in dieser Affäre überzeugt, auch wenn er sich alle Mühe gab, jeden glauben zu machen, dass er nichts von Lardings Intrige gewusst hatte. Vielleicht hatte er tatsächlich erst nach Sibylles Tod begriffen, welch grausamer und zu allem entschlossener Geist sich hinter Lardings höflicher Fassade verbarg. Doch Tulechow war mit Larding befreundet gewesen und hatte auf eine politische Karriere gehofft. Wie weit Tulechow zu gehen bereit war, stand auf einem anderen Blatt.
    »Meine Liebe, wenn Ihr mir die vertraute Anrede erlaubt?«, sagte Tulechow und fuhr fort, als Marie mit einem aufgesetzten Lächeln zustimmte. »Unsere Verbindung wurde unter pikanten Umständen geknüpft, und ich kann gut verstehen, dass Ihr nach allem nicht unbedingt glücklich darüber seid.«
    »Vorsichtig formuliert«, bemerkte Marie trocken.
    »Ja, nun. Sibylles Tod hat mich schwer getroffen, und ich muss zugeben, dass ich mich in Graf von Larding getäuscht habe. Ich hielt ihn für einen aufrichtigen Freund. Unter der Folter würde ich schwören, nichts von den Tafeln und den Plänen des Grafen gewusst zu haben!« Sie hielten im Schatten eines Sonnenschirms vor einem plätschernden Brunnen.
    Marie schwieg, dachte sich jedoch ihren Teil, denn das Gespräch der drei Männer, das sie unfreiwillig am Pegasustempel belauscht hatte, war keine Einbildung gewesen. Tulechow war nur schlauer als Larding und verriet seine ehemaligen Freunde, um die eigene Haut zu retten.
    »Larding ist ein Phantast! Mein Gott, wer hätte das für möglich gehalten! Er behauptet tatsächlich, Lobkowicz hätte die böhmischen Stände nur auf sein Drängen hin dazu bewogen, Ferdinand zum König zu wählen. Zeiner hatte den Auftrag, die Tafeln ausfindig zu machen, und Euer Oheim sollte das Geheimnis lösen. Und das Furchtbarste ist, dass Larding durch mich überhaupt erst auf diese wahnsinnige Idee gekommen ist!«
    »Durch Euch?« Sie ahnte bereits, worauf er anspielte.
    »Mein Großonkel Codicillus, ein Gelehrter an der Prager Universität unter Kaiser Rudolf, war mit Eurem Oheim befreundet. Ich war noch ein Kind, aber mein Vater hat mit großer Bewunderung von Codicillus und dessen illustrem Freundeskreis gesprochen.« Er sah sie kurz an, und Marie gab sich erstaunt. »Diese großen geheimnisvollen Namen brannten sich mir ins Gedächtnis – Thrasibaldus, Melchior Janus, Sallovinus – allesamt große Gelehrte. Übrigens durfte ich Bernardus Sallovinus noch selbst kennenlernen.«
    Diesmal war die Erschütterung, die sich in ihrer Miene spiegelte, wahrhaftig, und ihr kam die finstere Ahnung, dass Larding die Tafeln vielleicht auch zerstört hatte, weil er sie Tulechow nicht gönnte, der seinen Platz eingenommen hätte. Nicht »hätte«, dachte Marie und legte die zitternde Hand auf ihren Gürtelbeutel, in dem sie den Karfunkel versteckte. Was sie geahnt hatte, wurde zur Gewissheit. Es konnte nicht anders sein! Tulechow war eingeweiht, er hatte die nötigen Kontakte und das Durchsetzungsvermögen und Charisma, um eine Verschwörung zu leiten. Kein Zweifel, Tulechow hatte bereits Lardings Platz eingenommen.
    »Ich wollte Euch das sagen, bevor wir mit Seiner Durchlaucht sprechen, damit Ihr nicht etwa überrascht seid und falsche Schlüsse zieht.« Er griff nach ihrer behandschuhten Hand und deutete einen Kuss an, wobei er sie bedrohlich fixierte. »Wir verstehen uns, meine Liebe?«
    »Nur zu gut, Herr von Tulechow.«
    »Severin, ich bitte Euch. Der Herzog und vor allem seine Gattin sind sehr von Eurer tapferen Haltung eingenommen.« Er lächelte charmant und geleitete sie durch die Galerie bis zu einem der zahlreichen Vorzimmer des herzoglichen Trakts. An einem Stehpult wartete ein schwarz berockter Sekretär, um alle Besucher in einem Buch zu notieren.
    »Bitte entschuldigt mich kurz. Der Herr Sekretär wird Euch zeigen, wo Ihr auf die Audienz wartet. Ich werde in Kürze bei Euch sein.« Tulechow verneigte sich und ging mit dem selbstsicheren Schritt des Siegers davon.
    Der Sekretär notierte ihren Namen und führte sie in ein weiteres Vorzimmer. Außer einer Reihe von Stühlen entlang der Wände war der Raum leer, und spärliche Stuckverzierungen an der Decke waren der einzige Schmuck. Ein einzelner Gast wartete. »Ruben! Was machst du hier?«
    Er hob spöttisch eine Braue. »Das Gleiche wie du, nehme ich an. Ich warte auf meine Audienz bei
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