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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer
Autoren: C Wilken
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Totenbett nieder und murmelte ein Gebet. Marie holte Els dazu, die sich ebenfalls von Remigius verabschiedete.
    »Als ich ihn das erste Mal nach all den Jahren auf Kraiberg wiedersah, hielt ich ihn für den unhöflichsten und verschrobensten alten Querkopf auf Erden«, sagte Marie leise und lehnte sich an Ruben, der die Arme um sie legte.
    »Störrisch, eigenwillig, gelehrt, intelligent und gewitzt. So habe ich ihn kennengelernt. Er hat sich sehr gegrämt wegen dir, Marie. Ich glaube, am Ende wollte er den Lapis nur erschaffen, um dich zu retten, er redete von nichts anderem.«
    »Ach, Remigius. Wusstest du, dass er meine Mutter liebte?«
    »Ich dachte es mir, nach dem, was Jais verlauten ließ.«
    »Aber ich werde nie erfahren, ob sie seine Liebe erwiderte.«
    »Kennst du die Antwort nicht schon längst?« Er drückte das Gesicht in ihre Haare und sog ihren Duft ein. »Remigius möchte bei den Kapuzinern neben Ambrosius beerdigt werden. Ich halte das für eine gute Lösung, denn Albrecht ist damals nach einem Tag wütend wieder abgereist und wird das Hab und Gut deines Onkels bereits verkauft haben.«
    »Die Tafeln sind tatsächlich allesamt zerstört? Das wird den Herzog nicht freuen, wo er doch eintausend Gulden für eine bezahlt hat.«
    Bei der Erwähnung des Herzogs ließ Ruben sie los und schien sich der widrigen Umstände zu erinnern, in denen sie sich befanden. »Es gibt noch einiges zu klären, Marie. Wir sind vorgeladen.«
    »Was?« Furcht erfasste sie. »Will man uns anklagen? Ich gehe nicht wieder in den Falkenturm!«
    »Nur befragen. Tulechow wird dabei sein, und ich bin mir sicher, dass der Herzog sich nur selbst ein Bild machen will. Immerhin sind die Umstände dieses Dramas äußerst ungewöhnlich. Larding wird hingerichtet werden, aber ich will vorher mit ihm sprechen, denn ich glaube, dass er mir etwas zu Barnstein und meiner Familie sagen kann. Bertuccio hat über einen Bekannten, der bei der Krönung in Prag war, etwas in Erfahrung gebracht.«
    Tulechow und Rubens Vergangenheit lagen wie ein drohendes Unwetter über ihnen, das sie jederzeit verschlingen konnte. Ruben straffte die Schultern, und ein unüberwindlicher Abgrund schien sich zwischen ihnen aufzutun. »Ich habe noch einige Dinge zu erledigen, und dann die Beerdigung …«
    »Ich gehe zu den Kapuzinern.« Sie wollte selbst mit dem Abt sprechen und ihm die Umstände erklären, denn der verschwiegene Mann war ihr in guter Erinnerung.
    »Ja.« Er blickte zu Els, die sich um den Toten kümmerte.
    »Sie kann entscheiden, ob sie zurück aufs Gut will oder bei mir bleiben möchte.«
    Ruben lächelte. »Bertuccio fand sie recht nett. Er hat gesehen, wie gut sie mit Kräutern umgeht.«
    »Tatsächlich? Warum nicht.«
    Sie verließen die Kammer.
    »Was willst du jetzt tun? Soll ich dir einen Tragsessel kommen lassen?«, fragte Ruben.
    Die Distanziertheit, die aus seiner Stimme sprach, verletzte sie. »Wie schaffst du es nur, plötzlich so kalt und fern zu wirken? Lernt man das als Komödiant?«
    »Die Straße ist ein guter Lehrmeister. Marie, mach es uns nicht noch schwerer. Du wirst Tulechow heiraten!«
    »Ich weiß, Ruben. Aber eines musst du mir versprechen. Du musst es mir versprechen!«
    Seine Augen schimmerten verdächtig. »Alles, mein Herz«, sagte er mit brüchiger Stimme.
    »Sei am Tag meiner Hochzeit an der Stadtmauer vor der Jesuitenkirche. Bevor ich in die Kirche gehe, hörst du?«
    Er nickte und konnte doch nicht anders, als sie an sich zu ziehen und mit einer verzweifelten Leidenschaft zu küssen, die jeden Vorsatz von Distanziertheit zunichtemachte.
    Die Hitze am folgenden Tag war unerträglich. Eine einzelne Wolke stand am blauen Julihimmel und spendete weder Schatten, noch rief sie Regen oder Winde zu Hilfe. Die Münchner Luft vibrierte in der Nachmittagssonne, die Straßen waren leergefegt, nur hier und dort sah man eine Katze im Schatten dösen, und vor den Stadtmauern brüllte das durstige Vieh. Unter den Stadtbewohnern wuchs die Angst vor einem Seuchenausbruch. Es hatte bereits Fiebertote gegeben, und vereinzelt hörte man, dass jemand den Schreckensboten Pest beschwor. In der herzoglichen Residenz bewegten sich Höflinge und Dienstboten mit lethargischer Langsamkeit durch die muffigen Gänge und Räume, in denen selbst die überall weit geöffneten Fenster keinen erfrischenden Windhauch bescherten.
    Tulechow hatte Marie im Ridlerkloster abgeholt und ihr einen hübschen spanischen Fächer geschenkt, mit dem sie sich hektisch
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