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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer
Autoren: C Wilken
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Verwendung von immer neuen, noch edleren Materialien sollte die Hofgesellschaft überraschen und unterhalten. Zudem nahmen Edelsteine in der Hierarchie der Natur eine vergleichbar hohe Stellung ein wie der Fürst innerhalb der Gesellschaft.
    Kaiser Rudolf II. (1552–1612) ließ in Prag eine Steinschneiderwerkstatt unter der Leitung von Cosimo Castrucci errichten. Dort entstanden erstmals auch Landschaftsmotive nach zeitgenössischen Gemälden in Pietra-Dura. Um die Persönlichkeit von Rudolf II. ranken sich zahlreiche Legenden. Sicher war er ein Mensch mit vielen Schwächen, psychischen Problemen, einem Hang zur Verschwendungssucht, aber er war auch freundlich, leichtgläubig, humanistisch und künstlerisch interessiert. Er war ein Mensch seiner Zeit, fürchtete sich vor Hexen, und er war von der schwarzen Kunst, der Alchemie, besessen. Dieser Leidenschaft frönten viele Adlige, und nicht wenige Gelehrte widmeten sich der Alchemie, dem Vorläufer der heutigen Chemie. An der Prager Universität lehrte in den 1580er Jahren auch Codicillus von Tulechow.
    Gelehrte wie Jacob Alstein (1570–1620), Arzt und Alchemist, und der Paracelsist Karl Widmann (1555–1637) kamen zusammen, um ihre Erkenntnisse zu diskutieren. Landgraf Moritz von Hessen-Kassel (1572–1632) sah in der Alchemie das Mittel zur materiellen und geistigen Reform, um die Spaltung der europäischen Christenheit zu überwinden. Heinrich Khunrath (lat. Ricenus Thrasibaldus) (1560–1605), Arzt und Alchemist, verfasste Schriften, in denen er Elemente aus »Biblia, Alchymia, Kabala, Magia, Medicina und Historia« mischte. Der mächtige böhmische Adlige Wilhelm von Rosenberg (1535–92) förderte die Alchemie und nahm die Alchemisten/Betrüger Edward Kelley und John Dee, die bei Kaiser Rudolf in Ungnade gefallen waren, an seinem Hof auf. Marcus Bragadino, der angebliche Goldmacher, dem Wilhelm V. zum Opfer fiel, war ein Schüler von John Scott, einem Alchemisten aus Prag. Wissenschaftler und Mathematiker wie Tycho Brahe und Johannes Kepler erarbeiteten erste Erkenntnisse über die Planeten. Astrologen fanden sich an jedem Fürstenhof. Die Sehnsucht der Menschen nach neuen Erkenntnissen, dem Geheimnis des ewigen Lebens, dem Goldmachen war allgegenwärtig.
    Seit der Antike gibt es Legenden um magische Edelsteine, wie zum Beispiel den Ring des Tyrannen Polykrates von Samos oder den Achat-Ring des Pyrrhus, an dem die neun Musen und Apollo zu sehen waren. Solchen Steinen sprach man große Kräfte zu, sie wurden als Amulett, Medaillon, Ringstein oder in Täschchen genäht am Körper getragen.
    Der Stein der Weisen, der Lapis philosophorum, erscheint in jener Zeit real, man glaubt, mit seiner Hilfe die Zeit überwinden zu können. Zeit ist ein Thema der Alchemie, und die Bereitung von Gold verkürzt die Zeit der Natur, die selbst Gold erzeugt. Das sogenannte Elixier verlängert die Lebenszeit der Sterblichen, und der Lapis philosophorum ist ein Mittel, der Enge des Daseins zu entkommen – Erlösung von der Zeit.
    Vor diesem Hintergrund erschien es mir denkbar, dass ein Gelehrter wie Marsilius Ficinus (1433–99), der tatsächlich für die Medici gearbeitet hat, sich mit einer Gaunerei etwas Extrageld verdienen wollte. Entscheidend aber sind Ficinus’ Schriften. Er entwickelte eine alchemistische Pesttheorie und war davon überzeugt, dass Steine und Metalle belebt waren. Es brauchte einen klugen Kopf für den Entwurf des groß angelegten Betrugs.
    Naldo Mazzei, Florentiner Kunsthändler, ist Fiktion, angelehnt an die Kunsthändler, die bei Il Magnifico aus und ein gingen.
    Pier Maria Serbaldi da Pescia (1449–92) war ein Edelstein- und Münzgraveur, Bildhauer und Juwelier. Er studierte bei dem Genueser Edelsteingraveur Giacomo Tagliacarne. Da Pescia war in Pistoia, Venedig, Florenz und Rom tätig und mit Michelangelo Buonarotti befreundet. Künstler wurden oft nicht bezahlt, manchmal reduzierte der Auftraggeber den vereinbarten Lohn nach Gutdünken, und deshalb scheint es mir vorstellbar, dass sich auch ein da Pescia für eine lukrative Gaunerei hergab.
    Diesen – für damalige Zeiten allzu freigeistigen und fortschrittlichen – Ideen gegenüber stand die rückwärtsgerichtete Lehre der katholischen Kirche. Ihr Machtinstrument war der Jesuitenorden, der zu Maximilians Zeit stetig mächtiger und einflussreicher wurde. Auch diesen Aspekt des geistlichen Ordens, der auf die Politik Einfluss nahm, indem er seine Erzieher und Lehrer in alle Welt aussandte, fand ich
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