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Blumen fuer Polt

Blumen fuer Polt

Titel: Blumen fuer Polt
Autoren: Alfred Komarek
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Eintreiben von überhöhtem
Schmerzensgeld war er Weltmeister.“
    „Genau.“ Polt nickte. „Und damit erschöpft sich
unser offizieller Wissensstand. Daß er auch als Erpresser recht erfolgreich
war, pfeifen allerdings die Spatzen von den Dächern. Noch bevor die Polizei
eintraf, hat er vermutlich dem Autofahrer klargemacht, daß er mit sich reden
lassen könnte. Dann steckte er einen schönen Batzen Bestechungsgeld ein. Vor
der Polizei gab er aber trotzdem nicht zu, den Unfall mit verursacht zu haben.
Kein Lenker wagte etwas zu sagen, und der Riebl hat doppelt kassiert.“
    Unwirsch zog Holzer einen Bogen Papier aus der
Schreibmaschine. „Keine Zierde für die Menschheit, der Riebl. Auch wenn er
diesmal Pech gehabt hat.“
    „Aber für den Herrn Breitwieser wird's eng. Der einzige
Zeuge, den wir bislang haben, ist Christian Wolfinger. Und der hat nichts
gesehen, was den Unglückslenker entlasten könnte.“
    Holzer griff nach der Zigarettenschachtel. „Aber der
Riebl Rudi hatte vielleicht auch getrunken.“
    „Wir werden's erfahren. Der Gerichtsmediziner nimmt
ihn sich in der Auf bahrungshalle von Brunndorf vor, unser Herr Dienststellenleiter
ist dabei.“
    „Wo er doch keine Obduktionen mag.“ Holzer paffte.
    „Wer wird denn so empfindlich sein.“ Simon Polt
stand auf und öffnete das Fenster weit, weil ihn der Zigarettenrauch störte.
     
    Der
todte Hengst
     
    Nach dem Sonnenuntergang war es kühl geworden. Es
gab kaum Menschen auf der Straße, nur ab und zu verdrängte ein Auto die Stille.
Polts Dienststelle war in einem jener großen Häuser aus dem späten 19.
Jahrhundert untergebracht, die bewiesen, daß Burgheim einmal bessere Zeiten
gesehen hatte. Doch schon mit dem Ende der Monarchie war das Städtchen in eine
sehr stille Ecke des klein gewordenen Staates geraten, und nach dem Zweiten
Weltkrieg sorgte die tote Grenze für lähmende Lethargie. Der Burgheimer Wein,
einst weithin gerühmt, besonders der Blaue Portugieser, hatte seinen Ruf
verspielt, und alle Versuche, Industriebetriebe anzusiedeln, waren gescheitert.
Doch seit einiger Zeit ging es ein wenig aufwärts in Burgheim und in den
Dörfern des Wiesbachtales. Neu belebtes Brauchtum lockte Besucher in die
Kellergassen und weckte das Interesse am Wein, der überdies zu erfreulich
moderaten Preisen zu haben war.
    Natürlich hatte auch die nunmehr offene Grenze Veränderungen
gebracht, die letztlich für alle von Vorteil sein würden, davon war Polt
überzeugt. Doch vorerst gab es auch Probleme, die ihm unter anderem eine Menge
neuer Kollegen einbrachten, Gendarmen für die Grenzsicherung. Erst ein paar
Wochen war es her, da hatten sich im Turnsaal der Burgheimer Hauptschule über
dreißig Rumänen gedrängt, erschöpfte, enttäuschte Menschen, darunter Mütter
mit Kleinkindern. Wieder einmal war ein Schleppertransport aufgegriffen
worden. Die Flüchtlinge bekamen zu essen und zu trinken, wurden freundlich mit
dem Nötigsten versorgt, und dann entledigte man sich ihrer mit höflichem
Nachdruck. Abschiebung, wie das Gesetz es befahl. Polt seufzte resignierend.
Dann hörte er einen Traktor näherkommen. Karl Gapmayr lenkte ihn. Er bremste
scharf, stieg vom Fahrersitz und ging mit energischen Schritten auf Polt zu,
der noch immer am offenen Fenster stand.
    „Ich habe eine Meldung zu machen, Herr Inspektor.“
    „Warum kommen Sie nicht herein?“
    „Vielleicht ist es eilig. Aber wahrscheinlich nicht,
wie ich befürchte.“
    „Reden Sie schon, was ist denn los?“
    „Ich habe bis vor kurzem gearbeitet, oben, in meiner Riede todter Hengst, wo wir miteinander geredet haben heute nachmittag.
Abschließend schaue ich mich immer noch ein wenig um. Und da sehe ich den Willi
wie tot unter dem Lößabsturz liegen. Ich weiß nicht, was mit ihm ist, aber es
schaut nicht gut aus. Ich wollte so rasch wie möglich zu Ihnen. Tut mir leid
für Sie, Inspektor. Sie dürften ihn ja gemocht haben, irgendwie.“
    „Ruf den Arzt, schnell“, rief Polt über die Schulter
dem Ernst Holzer zu, dann schwang er sich aus dem Fenster und rannte zum
Streifenwagen.
    Gapmayr schaute ihm nach. Weil sich keiner um ihn
kümmerte, stieg er auf seinen Traktor und startete. Die Gendarmen wußten ja, wo
er zu finden war.
    Simon Polt gab es in diesen Minuten zweimal. Einen
Polt, der erstarrt und hilflos zuschaute, und einen anderen, der handelte. Er
sah sich die Autotür öffnen und den Schlüssel ohne zu zittern im Startschloß
drehen. Dann fuhr er los, konzentriert, exakt und in
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