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Blumen fuer Polt

Blumen fuer Polt

Titel: Blumen fuer Polt
Autoren: Alfred Komarek
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Blauburger halbleer.
    „Erwischt, Herr Inspektor! Das war eine
Trinkgeschwindigkeits-Übertretung.“
    Jetzt erst bemerkte Polt, daß Karin Walter neben ihm
stand und vorbildlich maßvoll an ihrem Glas nippte.
    „Hallo, Karin, schön, dich zu treffen. Ich war ganz
wo anders, entschuldige.“
    „Schon gut.“
    Sie stieß ihr Glas an das seine, und gleichzeitig
spürte Polt eine Fingerkuppe, die wie zufällig seine Hand berührte. Natürlich
werde ich jetzt rot, dachte er, hoffentlich schaut keiner.
    Aloisia Habesam zerstreute seine Bedenken. Als ihre
kleine Gestalt in der Tür des Preßhauses erschien, verstummten die Gespräche,
und alle Blicke wandten sich ihr zu. „Was gibt es hier zu schauen?“ Zielstrebig
kam sie näher. „Wenn ich als schwaches Weib schon einmal ausnahmsweise
willkommen bin in der Kellergasse, möchte ich auch mittrinken, und zwar
ordentlich.“
    Ernst Höllenbauer nickte gehorsam. „Was ist? Gehen
wir in den Keller?“ fragte er die kleine Runde, die im Preßhaus versammelt war.
Widerspruch war nicht zu erwarten, also ging der Weinbauer schon einmal
voraus.
    „Zweiundvierzig Stufen sind's“, sagte Simon Polt zu
Karin Walter, als sie hinunterstiegen. „Am Ende der Kellerröhre gibt es 18
Meter unter der Erde einen kunstvoll gewölbten Raum, ein sogenanntes
böhmisches Platzl.“
    „Wenigstens im Keller kennt sich die Gendarmerie
aus, nicht wahr?“ Karin schaute ein wenig mißtrauisch auf die feuchten,
abgetretenen Stufen. Simon Polt hörte nicht richtig hin, weil er sich ziemlich
aufgeregt darauf konzentrierte, neben seiner unverhofften Begleiterin Schritt
für Schritt in die Tiefe zu tauchen. Als sich die Runde hinter einer langen
Reihe mächtiger Fässer zum Kosten versammelt hatte und Ernst Höllenbauer zum
Weinheber griff, schaute sich die Lehrerin neugierig um. Sie entdeckte einen
schmalen Durchgang. „Wo geht's denn da hin?“
    Ernst Höllenbauer schob zwei einfache Kerzenleuchter
und eine Schachtel Zündhölzer über den Tisch, auf dem die Kostgläser standen.
„Wie war 's mit einer Kellerführung, Simon?“
    „Wenn du meinst.“
    Eine gute Weile durchforschten Simon Polt und Karin
Walter die ausgedehnte und verwirrend verwinkelte Unterwelt. Dann blieb Polt
stehen. „Jetzt brauchen wir Kerzenlicht.“ Dicht nebeneinander gingen die
beiden weiter. Karin roch gut, fand Polt. Ungefähr so, als wüchse im Keller
ein Stück Unkrautwiese. Der kleine Seitengang endete in einer ausgemauerten
Nische. Die Ziegel waren von einer naß glänzenden Schicht bedeckt.
    „Wie nennt man dieses Zeugs eigentlich?“ Karin
tupfte mit dem Zeigefinger dagegen und schnupperte interessiert.
    „Kellerschiatz“, sagte Polt verlegen, weil ihm ein
Wort wie Märchentau lieber gewesen wäre, oder doch wenigstens Feenspucke. Rasch
fuhr er fort. „Wenn du eine Münze draufklebst, darfst du dir was wünschen!“
    „Wozu wünschen?“ Karin faßte Simon unternehmungslustig
ins Auge. In diesem Moment betrat Aloisia Habesam die Szene, feierlich eine
Kerze schwenkend.
    „Darf ich gratulieren?“
    „Leider nein.“ Karin seufzte. „Dieser entartete
Gendarm hat mir gerade gestanden, daß er nur mit Frauen in Schnürstiefeln und
Latex kann, Sie wissen schon, die mit den schwarzen Lederpeitschen. Aber woher
soll ich so etwas nehmen, hier bei uns auf dem Land?“
    „Macht euch nur lustig über mich!“ entgegnete Frau
Habesam überraschend sanftmütig. „Und jetzt kommt mit, ihr zwei. Der
Höllenbauer hat nämlich gerade eine Flasche Jubiläumsrebe aufgemacht,
Beerenauslese 1983. Ganz etwas Rares. Das überlassen wir nicht den Männern,
was, Karin?“
     
    Als der Höllenbauer mit seinen Gästen eine gute
Stunde später ans Tageslicht kam, schaute Karin Walter auf die Uhr. „Teufel.
Schon vier. Und ich muß noch dreißig Schulaufsätze korrigieren für morgen. Bis
bald also.“
    Rasch ging sie davon, und auch Polt hielt es nicht
länger. Er hatte ohnehin noch vor, in der nahen Brunndorfer Kellergasse
vorbeizuschauen. Langsam lenkte er sein Fahrrad zwischen den Fußgängern
talwärts und bremste, als er vor Franz Greisingers Preßhaus eine aufgeregt
diskutierende Menschengruppe bemerkte. Er drängte sich durch und sah zwei
kahlköpfige junge Männer, die grellbunte Freizeithosen und T-Shirts trugen.
Einer der beiden lag bewegungslos auf dem Asphalt, Erbrochenes vor dem Mund.
Der zweite lehnte an der Preßhausmauer, hatte eine Weinflasche in der Hand und
nahm von Zeit zu Zeit einen kräftigen Schluck. Polt
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