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Bluescreen

Bluescreen

Titel: Bluescreen
Autoren: Kevin Mark; Vennemann Greif
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answers«). Die eigentliche Idee, auf die Kanye hinauswill, ist allerdings die einerList der Geschichte, durch die sich das Gift Crack, das die Schwarzen in den Gettos abhängig machte, in das Serum Hip-Hop verwandelte, mit dem sich schwarze Künstler stärkten, und nach dem nun ein weißes Publikum süchtig war:
     
    »Crack raised the murder rate in DC and Maryland
    We invested in that – it’s like we got Merrill Lynched.
    And we been hangin’ from the same tree ever since
    Sometimes I feel that music is the only medicine
     
    So we cook it, cut it, measure it, bag it, sell it,
    The fiends cop it, nowadays they keep tellin’
    ›That’s that good shit‹ – ›We ain’t sure, man‹ –
    ›Put that CD on your tongue,‹ – ›Yeah, that’s pure, man‹
     
    That’s that crack music, nigga
    That real black music, nigga
     
    We took that shit, measured it, and then cooked that
 shit
    And what we gave back, was crack music
    And now we ooze it, through they nooks and crannies
    So our mamas ain’t got to be they cooks and nannies
    And we gon’ repo everything they ever took from
 granny.
    Now the former slaves trade hooks – for Grammies.
    This dark diction has become America’s addiction.
    Those who ain’t even black use it.
    We gon’ keep baggin’ up this . . . crack music.«
     
     
     
     
    Ich kann mir gut vorstellen, dass jetzt einige Leute sagen: So hört sich doch kein Mensch Popmusik an! So sucht man sich nicht seine Lieblingsband aus, und so bewertet man auch keine Songs! Hier wird ja gerade so getan, als könne man Musik in den Mixer werfen, die Botschaft vom Rest trennen und sie dann wie rote Blutzellen trinken. Das ist doch unmenschlich! Beurteilen Sie Musik wirklich anhand ihrer politischen Inhalte? Als ob Sie sich einen mit Beats unterlegten Leitartikel anhören würden?
    Natürlich lautet die Antwort: nein. Aber ich singe eben mit. Und wenn ich mitsinge, höre ich sehr genau darauf, was ich da singe. Ich weiß, dass ich diese Worte mit meinem eigenen Mund ausspreche, mit meinem Geist, dass ich das wirklich mache. Musikhören bedeutet, aktiv etwas zu tun. Gerade bei Pop kommt es darauf an, ihn nicht zu hören, ohne sich dabei zu bewegen oder mitzusingen. Es ist einfach ein großes Vergnügen, zusammen mit dem Sänger irgendeines Liedes Dinge zu sagen, die man sonst im Leben nie von sich geben würde – bisweilen sogar gerade dann, wenn sie den eigenen Ansichten oder dem Bild widersprechen, das sich die anderen von einem machen; oder wenn sie alle allgemein anerkannten Werte auf den Kopf stellen. Deswegen genieße ich es auch, bei Merle Haggards »Okie from Muskogee« oder bei »Stand by Your Man« mitzusingen, bei »Run for Your Life«, »I Wanna Be Your Dog« oder »They Saved Hitler’s Cock« von den Angry Samoans, ganz zu schweigen von – wo wir gerade beim Hip-Hop sind, den »10 Crack Commandments« oder »A Milli«. Ich verliere aber oft ganz schnell den Spaß an der Sache, wenn die Texte dumm, konformistisch oder zynisch sind. Wenn praktisch jeder Aspekt der Musik (die Melodien, die Texte, das Artwork des Booklets usw.) verrät, dass die Person, die sie geschrieben hat, dämlich, faul oder untalentiert ist, vor allem, wenn auch noch eine gewisse Selbstzufriedenheit zu spüren ist. Schade drum, aber es ist nun mal so. Auf eine andere Art verwandelt es mein Vergnügen in Unbehagen, wenn ich Texte singe, die zwar ernst gemeint und gut gemacht sind, die mich aber ins Unrecht setzen; in denen es um reale Missstände geht, für die ich irgendwie mitverantwortlich bin; um Sachen, bei denen ich einfach nicht das Recht habe, Spaß zu empfinden; oder die sich für eine politische Botschaft einsetzen, die meinen Überzeugungen davon zuwiderläuft, wie die Welt sein sollte. Dass es mir Freude bereitet, das zu singen, gibt mir irgendwie das Gefühl, ein Heuchler, Parasit oder schlicht ein Idiot zu sein.
    Man könnte also sagen, dass meine Überzeugungen meinen Kunstgenuss bestimmen. Bei der Schönheit ist es übrigens ganz ähnlich: Geben Sie mir zehn Fotos von Menschen, die ich nach ihrer Schönheit ordnen soll. Natürlich bekomme ich das hin: Auch bei mir landet das Model auf dem ersten und das entstellte Monster auf dem letzten Platz. Im echten Leben wird mein ästhetisches Empfinden jedoch dadurch beeinflusst, was jemand sagt oder wie er sich verhält. Wirklich, ich finde Menschen physisch attraktiver, wenn sie lustig, tiefgründig, nachdenklich, vital, gerade heraus, »real« und
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