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Bluescreen

Bluescreen

Titel: Bluescreen
Autoren: Kevin Mark; Vennemann Greif
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jüdische Journalist Irving Howe mit ihm führte, sagte: »[I]n Situationen wie dieser sehen viele Schwarze, und das gilt auch für mich, einen positiven Unterschied zwischen ›Weißen‹ und ›Juden‹. [. . .] Als Schriftsteller und schwarzer Amerikaner würde ich mich sehr freuen, wenn es uns gelänge, diese positive Unterscheidung aufrechtzuerhalten.« Letztendlich wurde diese Unterscheidung jedoch fallen gelassen, zumindest immer dann, wenn die Mehrheit der Juden sonst auf etwas hätte verzichten müssen. Wir, die Enkel dieser Debatte, die Angehörigen jener Generation, die von der Assimilation der Juden im weißen Amerika profitiert haben, können also schwerlich zwischen unserer weißen und unserer jüdischen Identität hin und her wechseln, wie es uns gerade passt.
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Die alternative Schreibweise »Nigga« wurde eingeführt, damit Rapper ihre Texte aufschreiben konnten, ohne dass die Plattenfirmen das verbotene Wort abdrucken mussten. Die Schreibweise sollte Freundschaft zum Ausdruck bringen, nicht Hass. Zunächst bot es den Künstlern allerdings vor allem eine Möglichkeit, die strikten Regularien der Label in Bezug auf Album- und Songtitel zu umgehen. Irgendwann wurde aus »Nigga« dann ein eigenes Wort, ähnlich wie »Brother«, was im afroamerikanischen Kontext so viel bedeutet wie »schwarzer Mann«. Für Weiße war »Nigga« aber, Gott sei Dank, genauso unaussprechlich wie »Nigger«. (In meinem großen Merriam-Webster’s- Wörterbuch wird das Problem folgendermaßen gelöst: »Nigga« wird als »afroamerikanischer« Begriff eingeführt, der vor allem von Afroamerikanern gebraucht und als Beleidigung aufgefasst werde, wenn Angehörige anderer Rassen ihn verwenden.)
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Mark Greif, »Radiohead oder die Philosophie des Pop«, in: Ein Schritt weiter. Die n+1-Anthologie , herausgegeben von n+1-Research, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2008, S. 156-179, S. 173.

Nachwort: Im Tal
    Tief unten im Tal, wenn man noch am Bungee-Seil auf und ab baumelt, verzückt von der Illusion des Sprungs in den Abgrund, entdecken wir ein Symbol unserer Zeit.
    »Ich habe es getan!«
    »Was hast du getan?«
    »Ich schloss meine Augen und sprang.«
    »Wo hinein?«
    »Ins Bekannte.«
     
     
     
    Habt Mitleid mit jenen, die im Blau des Videobandes verlöschen. Mit denen, die im Blau des Bildschirms verloren gehen. Mit denen, die unter dem Blau des Mittagshimmels umkamen. Und mit denen, die in blauen Höhen verschwanden.
    Wir leben in einer Zeit der Erinnerung an Orte, an denen wir nie gewesen sind.
    Einer Zeit des versehentlichen Löschens.
    »Ein blaues Auge geht auf. Das rote schließt sich. Bald wird da nichts mehr sein außer Farbe. Interpenetration. Scheibe. Rhythmus. Tanz. Nuancen von Orange und Violett, die einander verschlingen.« Blaise Cendrars schrieb diese Zeilen, im Jahr 1917. Er gab sich der Hoffnung hin, die Technologie selbst könne uns neu beleben. Uns wieder sehend machen. Die Kreiden, eingesperrt in die Schachtel des Künstlers, gegeneinander antreten lassen, um uns in der Morgendämmerung der neu gemischten Farben zu wecken.Was sich einst sagen ließ, ließe sich heute in denselben Worten sagen. Und wäre doch kein bisschen näher an der Wahrheit.
    Was würde es bedeuten, wenn wir herausfänden, dass unsere Leben eine Bedeutung haben?
     
     
     
    Früher leuchteten unsere Gesichter rot in der Hitze der lodernden Flammen. Heute werden wir blau angeleuchtet: blau das Kinn, blau der Hals, blau die Pupillen. Das Blau unserer Bildschirme.
    Es muss andere Wege geben, das Neue zu sehen.

Textnachweise
    »Im Hochsommer der Sexkinder« erschien 2006 unter dem Titel »Afternoon of the sex children« in der vierten Ausgabe der Zeitschrift n+1 (S. 169-187). Der Text wurde 2007 in die von David Foster Wallace und Robert Atwan herausgegebene Anthologie The Best American Essays 2007 aufgenommen (New York: Mariner Books 2007).
    »Die Realität des Reality-TV« erschien 2005 unter dem Titel »The reality of reality television« in der dritten Ausgabe von n+1 (S. 165-174).
    »Gesetzgebung aus dem Bauch heraus oder: Umverteilung« erschien 2006 unter dem Titel »Gut-level legislation, or, redistribution. Against the excremental economy« in der vierten Ausgabe von n+1 (S. 20-25).
    »Anästhetische Ideologien« erschien 2007 unter dem Titel »The meaning of life II. Anaesthetic ideology« in der fünften Ausgabe von n+1 (S. 91-107).
    »WeTube« erschien unter diesem Titel 2008 in der zweiten Ausgabe von Paper Monument ,
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