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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen
Autoren: John Saul
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auf die er von Beginn an angespielt
hatte. Einmal war ein Puzzleteil davon hier, dann eines dort
aufgetaucht. Doch die Teile waren so klein gewesen, die Hinweise so spärlich, daß sie sie in keinen Zusammenhang hatte
bringen können.
Der Tanz.
Metaphysik.
Elektrizität.
Leben, Tod, Wahnsinn.
Und Nijinsky.
Richard Kraven selbst hatte ihr von Vaclav Nijinsky erzählt,
und zwar bereits in einem seiner ersten Interviews:
A. J.: Warum interessieren Sie sich für das Ballett, Mr.
Kraven?
    R. K.: Mein Interesse für das Ballett hat mit dem Tanz an
sich nichts zu tun, Mrs. Jeffers. Mich faszinieren nur die Tänzer.
    A.J.: Die Tänzer?
R. K.: Wissen Sie, was ein Ballettänzer unbedingt benötigt?
Den Wunsch nach Perfektion. Er muß Perfektion in physischer
und mentaler Hinsicht anstreben.
A.J.: Aber ist es wirklich möglich, eine solche Perfektion zu
erreichen?
R. K.: Es gab jemanden, der sie besaß. Vaclav Nijinsky.
Kommt Ihnen der Name bekannt vor?
A.J.: Soviel ich weiß, ist er im Wahnsinn gestorben.
R. K.: So sagt man, aber dem stimme ich nicht zu. Er ist
höher gesprungen als jemals einer vor ihm. Aber er ist nicht
nur einfach gesprungen, Mrs. Jeffers. Am Scheitelpunkt seines
Sprungs schwebte er über der Bühne.«
A.J.: Ich glaube, ich kann Ihnen nicht ganz folgen.
R. K.: Damals hat man gesagt, es schien nur so, als ob er
schwebe, aber nach seiner eigenen Aussage hat er tatsächlich
frei in der Luft geschwebt. Er hat gesagt, daß er gelernt habe,
sich von seinem Körper zu trennen, und während er tanzte,
kam es ihm so vor, als befände er sich auf dem Schnürboden
über der Bühne und steuere von dort aus seinen eigenen Körper
wie eine Marionette.
A.J.: Und Sie glauben, daß so etwas möglich ist?
R.K.: Nicht bloß möglich, Mrs. Jeffers. Ich bin ganz sicher,
daß er das getan hat. Der Grund, warum er mit dem Tanzen
aufgehört hat, war nämlich der, daß er Angst bekam, es könne
jemand anders in seinen Körper eindringen, während er sich
außerhalb von ihm befand. Gegen Ende seiner Karriere hat er
gesagt, es sei möglich, bei seiner Rückkehr den Geist eines
Fremden in seinem Körper anzutreffen. Einmal, so meinte er,
könne es geschehen, daß dieser Geist dann stärker als sein
eigener wäre. Dann wäre er nicht mehr in der Lage, seinen
Körper zurückzuerobern. Darum hat er zu tanzen aufgehört,
und darum hat man ihn auch als einen Schizophrenen abgetan.
Aber wenn er gar nicht schizophren war, Mrs. Jeffers, was
dann? Was bedeutet das alles dann?
    Hier hatte das Interview geendet. Anne hatte sich zwar eine
Notiz gemacht, um die Geschichte über Nijinsky zu überprüfen, doch das war ihr dann zu unbedeutend vorgekommen.
Deshalb hatte sie sich anderen Dingen zugewandt, die ihr
wichtiger erschienen waren.
    Jetzt aber mußte sie feststellen, daß es gar nichts Wichtigeres
gab. Falls Nijinsky – und Richard Kraven – recht hatten.
Sie betrachtete sich noch einmal die letzte Zeile des Briefes:
…ich habe mir meine Partnerin schon ausgesucht.
    Damit konnte Kraven nicht Glen gemeint haben…
Wen aber dann?
Wen hatte er sich ausgesucht? Ihr kam ein schrecklicher
    Gedanke. Sie griff zum Telefon und wählte Rayette Hoovers
Nummer. Rayette nahm selbst ab, und Anne fragte mit
erstickter Stimme, ob sie ihre Tochter sprechen könnte. Als sie
einen Moment später auflegte, war sie kreidebleich, und ihre
Hände zitterten. Doch bevor sie etwas sagen konnte, ergriff
Mark Blakemoor das Wort: »Die Nummer wurde überprüft,
Anne«, sprach er ruhig. »Der Wagen stammt von einer
Autovermietung. Und Glen hat ihn vor einigen Tagen gemietet.«
    Anne nickte stumm. »Aber Glen hat damit nichts zu tun«,
sagte sie mit einem Kloß im Hals. »Er ist es tatsächlich, Mark!
Er hat Heather gefangengenommen! Mein Gott, er hat Heather
und wird sie umbringen!«
65. Kapitel
    Heather Jeffers warf ihrem Vater einen verstohlenen Blick zu,
während sie so tat, als würde sie durch die Windschutzscheibe
dem Sturm, der draußen wütete, zuschauen. Als er sie bei
Rayette abgeholt hatte, war sie überrascht gewesen. Wenn sie
oder Kevin sonst irgendwohin wollten, gingen sie zu Fuß,
nahmen den Bus oder fuhren zusammen mit Freunden. Sie war
noch überraschter gewesen, als sie gesehen hatte, womit er sie
abholte.
    »Habt ihr euch das etwa gekauft?« hatte sie beim Anblick
des großen Wohnmobils verblüfft gefragt.
»Ich habe es mir geliehen«, hatte ihr Vater daraufhin erklärt.
»Deine Mutter weiß bis
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