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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen
Autoren: John Saul
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Nachdem
Mark es überflogen hatte, reichte er es Anne. Mit zitternder
Hand las sie die Worte:
    Teuerste Anne,
Sind Sie schon bereit, der Wahrheit ins
Gesicht zu schauen? (Sie befindet sich
nur zum Teil im Computer der Rest ist
in Ihrer Seele.) Eigentlich müßte sie
Ihnen schon seit meiner Entlassung aus
dem Krankenhaus bekannt sein. Erinnern Sie sich noch an den Nachmittag?
Sie haben eine Erregung gespürt wie
nie zuvor. Es war die reine Elektrizität,
Anne, dieselbe Elektrizität, die im
Theater zu spüren war, wenn Nijinsky
auftrat. Der größte Kummer meines
Lebens ist übrigens, daß ich nie im
Zuschauerraum gesessen habe, wenn
der große Tänzer auftrat. Aber
wenigstens habe ich herausgefunden,
daß er nicht verrückt gewesen ist.
Trotzdem hat alles großen Spaß
gemacht, doch jetzt ist es Zeit für den
letzten Tanz. Und ich habe mir meine
Partnerin schon ausgesucht.
    Anne las den Brief immer wieder durch. Sie zermarterte sich
das Gehirn, um die Worte zu begreifen, die darin standen.
Was hatten sie zu bedeuten?
Nijinsky? Was sollte ein Tänzer, der schon fast fünfzig Jahre
tot war, überhaupt mit jemandem, der noch lebte, zu tun
haben?
»Haben Sie irgendeine Ahnung, wohin Glen gegangen ist?«
hörte sie Marks Stimme wie aus weiter Ferne fragen. Seine
Stimme klang sanft, und als sie ihre Augen von dem Brief
abwandte, um ihn anzuschauen, fand sie kein Anzeichen von
Genugtuung in seinem Gesicht.
Alles, was sie sah, war Mitgefühl.
»Nein«, sagte sie schwer atmend. »Sein Wagen steht vor der
Tür…« Die Worte erstarben ihr auf den Lippen. Sie wollte
gerade sagen, daß er vielleicht einen Spaziergang machte, doch
draußen regnete es ja. Sogar wenn er vor dem Regen
ausgegangen wäre, müßte er jetzt schon wieder zurück sein.
Plötzlich fiel ihr eine Zeile des Briefes ein.
Es ist Zeit für den letzten Tanz, und ich habe mir meine Partrerin schon ausgesucht.
Dann erinnerte sie sich an eine Zeile aus dem vorigen Brief: Ich kann nämlich jederzeit in Ihr Haus kommen. Immer – wann
ich will.
Bilder schössen ihr durch den Kopf: der Keller, seit Jahren
zum ersten Mal aufgeräumt.
Das mysteriöse Wohnmobil, das in der Straße aufgetaucht
und dort geblieben war. Nur wenige Häuser von hier entfernt.
Das Wohnmobil, das jetzt weg war!
Nun konnte sie die Puzzleteile zusammenfügen. Wer immer
ihr auch diese Zeilen geschrieben hatte, hielt sich schon seit
Tagen da draußen auf, hatte ihre Familie beobachtet, hatte sie beobachtet! »Ich weiß, was mit Glen passiert ist«, flüsterte sie
und wandte sich vom Fenster ab. Jegliche Farbe war aus ihrem
Gesicht verschwunden. »O Gott, Mark, er ist seit Tagen da
draußen gewesen! Das Wohnmobil…« Während sie ihm noch
erzählte, wie verärgert sie gewesen war, als der große Wagen
ihren Parkplatz verstellt hatte, holte sie ihre Handtasche und
durchstöberte sie aufgeregt auf der Suche nach ihrem
Notizbuch.
Schließlich fand sie es, riß die Seite heraus, auf die sie die
Nummer des Wagens gekritzelt hatte und reichte sie Mark. »Er
war hier, Mark!« sagte sie. »Mein Gott, er hat Glen entführt!«
Sie hielt noch einmal den Brief hoch. »Sie liegen falsch, Mark.
Ich weiß, wonach das aussieht und was Sie darüber denken,
aber es ist falsch. Glen hat diese Nachricht nicht geschrieben!
Das war jemand anders, jemand, der Glen jetzt entführt hat!«
Doch Mark Blakemoor hörte ihr nicht mehr zu; er war schon
am Telefon, um die Suche nach dem Eigentümer des
Wohnmobils einzuleiten. Während er sprach, las Anne den
Brief erneut durch, und auf einmal fing ihr betäubter Verstand
wieder zu arbeiten an.
Je länger sie die Nachricht studierte, desto mehr wuchs ihre
Gewißheit, daß Glen sie nicht verfaßt haben konnte. Ein Wort
stach ihr besonders ins Auge, schien sie regelrecht zu
verhöhnen. Sie ging zu ihrem Computer, rief ihren DateiManager auf, tippte dieses Wort ein und ließ danach suchen.
NIJINSKY
Ein paar Sekunden später erschien eine Liste diverser
Dateien. Alle beinhalteten Aufzeichnungen von Interviews, die
sie jahrelang über einen einzigen Mann geführt hatte.
Richard Kraven.
Sie klickte die erste Datei auf der Liste an, und einen
Moment darauf erschien auf dem Monitor der Name Nijinsky,
deutlich unterstrichen.
Sie sprang von einer Datei zur anderen. Ihre Faszination
wuchs beim Lesen im gleichen Maße wie Panik sie ergriff.
Die Wahrheit über Richard Kraven begann sich herauszukristallisieren.
Es war eine Wahrheit,
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