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Blitz sucht seinen Vater

Blitz sucht seinen Vater

Titel: Blitz sucht seinen Vater
Autoren: Walter Farley
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nächtliche Dunkel hinaus. Es war noch nicht sehr spät, er würde nicht schlafen können, wenn er sich niederlegte. Er war zu gespannt, ob El Dorado wirklich der gesuchte Vater seines Pferdes war. Wie wär’s, wenn er das sogleich feststellte, statt bis zum Morgen zu warten?
    Schnell zog er sich wieder an, ohne Henry zu wecken. Er verließ das Zimmer, ging die breite Treppe hinunter und betrat den Innenhof, wo eine Fontäne ihr Wasser in ein Bassin plätschern ließ. Das Geräusch übertönte seine schnellen Schritte auf dem Fliesenboden. Er ging langsamer, als er sich dem kleinen Tor näherte, das aus dem Patio ins Freie führte. Er öffnete es leise und schloß es hinter sich. Die Nacht war dunkel, aber bald mußte der Mond heraufkommen und ihm den Weg beleuchten.
    Er lief die Auffahrt entlang, bis er die große Mauer erreichte, die das Haus und die Stallgebäude umgab. Ob das große Tor der Einfahrt verschlossen war? Doch nein, es war offen. Nachdem er dem Weg ein kleines Stück gefolgt war, kam er an die niedrige Mauer, die die Koppeln umgrenzte. Es machte ihm keine Mühe, sie zu überklettern, da einige Steine an den Pfeilern wie Stufen hervorstanden. Als er oben war, zögerte er einen Augenblick, dann sprang er hinunter. Es war die Weide, auf der er am Nachmittag die großen Stiere hatte grasen sehen.
    Er lauschte ein Weilchen, aber alles war still ringsum. So ging er in östlicher Richtung weiter, in der Hoffnung, daß der Mond bald aufgehen und ihm den Weg weisen würde. Ein leichter Wind erhob sich und bewegte das Gras zu seinen Füßen. Aus weiter Ferne hörte er einen Bullen brüllen; ein anderer antwortete. Demnach hatte er von der Herde nichts zu fürchten; sie befand sich wohl am anderen Ende der Koppel.
    Er ging schneller und lief zeitweise, denn er wollte möglichst schnell die Pferdekoppel erreichen, den Hengst betrachten und dann wieder ins Haus zurückkehren. Daß er jederzeit einem vereinzelten Stier begegnen konnte, dieser Gefahr war er sich wohl bewußt; Gonzáles hatte jedoch beim Abendessen erzählt, daß der Herdeninstinkt der Stiere sehr ausgeprägt sei und daß sie gewöhnlich alle beieinander blieben. Nur Bösartige und Ausgestoßene grasten allein; sie würden jedoch bei ihm stets gleich abgesondert, um keinen Schaden anzurichten. Alecs sechster Sinn, seine Fähigkeit, die Nähe eines Tieres zu spüren, selbst wenn er es nicht sehen konnte, sagte ihm, daß kein Tier in seiner Nähe war. Er horchte immer wieder angestrengt auf die Geräusche, die die Stiere am anderen Ende der Koppel verursachten und eilte weiter. Wenige Minuten darauf blieb er plötzlich stehen. Er war sicher, direkt hinter sich ein Rascheln im Gras gehört zu haben. Der leichte Wind wehte nicht mehr. Was also konnte den Laut hervorgebracht haben? Ein Mensch oder ein Stier? Er hätte es nicht sagen können. Schweiß rann ihm über die Stirn, als er jetzt angespannt in die Dunkelheit starrte, alle Sinne aufs äußerste geschärft.
    Er glaubte zu hören, wie ein Mensch hastig atmete und wie sich ein massiger Körper auf leichten Hufen bewegte. War es möglich, daß sowohl ein Mensch als auch ein Stier hinter ihm waren? Er konnte es nicht entscheiden, denn die Laute waren verstummt.
    Er stand unbeweglich, denn er wußte, daß es unklug sein würde, zu gehen oder gar zu rennen, wenn wirklich ein Stier in der Nähe war. Er hatte ja keine Waffe bei sich, um sich gegen einen Angriff zu verteidigen.
    Jetzt raschelte es wieder im Gras, und nun war er sicher, daß sich ein Stier in der Nähe befand — wahrscheinlich ein Einzelgänger, denn die Herde war immer noch am anderen Ende der Koppel zu hören. Hatte er aber nicht auch Schritte vernommen? Hatte jemand mit Absicht diesen Stier von den anderen getrennt und ihn zu ihm hinüber getrieben?
    Alec horchte auf die Bewegungen, die der Stier machte; er kam jetzt schneller und schneller auf ihn zu. Sehen konnte er ihn noch nicht. Wegzulaufen würde nichts nützen, das wußte er. Sein Herz klopfte heftig, aber weder seine Hände noch sein Körper zitterten. Seine Muskeln waren bereit. Er machte sich keine Illusionen darüber, daß er die Kraft oder die Geschicklichkeit besitzen könnte, mit einem derartigen Gegner fertigzuwerden. Einem ungebärdigen Pferd gegenüberzustehen war nicht dasselbe, wie dem Angriff eines Stieres ausgesetzt zu sein, der für den Kampf gezüchtet worden war. Helfen konnte ihm jetzt nur sein Verstand.
    Wo blieb der Mond? Würde sein Licht ihm nützlich sein
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