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Blitz sucht seinen Vater

Blitz sucht seinen Vater

Titel: Blitz sucht seinen Vater
Autoren: Walter Farley
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kurzen, harten Rucken Gras rupfte. »Gehen Sie bitte nicht näher an ihn heran, wenn Sie vermeiden wollen, daß er Sie schlägt.« Henrys Stimme klang warnend.
    »O nein, ich will ihn nicht stören! Ich bin ihm ohnehin näher gekommen, als ich zu hoffen wagte — ihm und Ihnen! Bis jetzt habe ich immer nur auf der Tribüne gesessen und ihn laufen sehen... Aber nach dem herrlichen Rennen gestern sagte ich zu mir selbst, du mußt versuchen, ob du nicht mit Alec Ramsay und Henry Dailey sprechen kannst, die ihn am besten kennen. Und hier bin ich! Der Polizist am Eingang hat mir diesen Passierschein gegeben.«
    Henry Dailey lächelte, als der Besucher ihm das Blatt reichte. »In Ordnung! Jeder Freund von Blitz ist uns willkommen. Nach dem Trubel von gestern kommt es uns hier heute ohnehin viel zu still vor.«
    Der Fremde nickte verständnisvoll und klopfte dann auf einen Packen Zeitungen, die er unter dem Arm trug. »Alle Sportreporter New Yorks müssen Ihnen gestern in den Stall gefolgt sein; ich habe jeden Bericht gelesen.«
    »Was sie geschrieben haben, stimmt«, sagte Henry. Er betrachtete das weidende Pferd, an dem nicht das geringste Zeichen von Schwäche oder Erschöpfung nach dem schwierigsten Rennen seines Lebens, das es gestern gelaufen hatte, zu entdecken war. Die schwere Last Blei, die ihm der Handicaper in die Satteltaschen gepackt hatte, hatte Blitz nicht niederbrechen lassen. Er hatte die Kraft und die Energie, sie zu tragen. Seine Sehnen waren so stark und federnd, als wären sie aus Stahl. Er hatte monatelang frei in der Wildnis gelebt. Dadurch waren seine Muskeln wie sein ganzer Körper sozusagen gehärtet worden. Sein Fell war sauber und seidenweich; Regengüsse, Stürme und Winde hatten es gepeitscht, und die Sonne hatte es gewärmt und getrocknet. Er war selbstbewußt und stolz; trotzdem fügte er sich der sanften, liebe- und verständnisvollen Lenkung, die ihm Alec zuteil werden ließ.
    »Es gibt kein Rennpferd auf dieser Erde, das Blitz besiegen könnte«, sagte der Besucher. »Ich sah ihn schon damals in Chikago bei seinem ersten Rennen.«
    Alec wandte sich dem Manne zu und betrachtete ihn gründlich, ehe er sagte: »Damals griff Blitz jeden anderen Hengst mit tödlichem Haß an. Sein Instinkt trieb ihn dazu. Er hat seit jener Zeit einen weiten Weg zurückgelegt...«
    »Sie haben ihn geleitet und zu dem gemacht, was er jetzt ist«, sagte der Besucher mit Bewunderung im Ton und in den Augen, »Sie haben ihn zu einem Rennpferd gemacht.«
    »Ich habe ihn gebeten, mir zuliebe zu rennen, statt zu kämpfen«, verbesserte ihn Alec. »Mit Befehlen und mit Zwang erreicht man bei ihm nichts.«
    »Ja, das stimmt«, warf Henry ein. »Aber noch etwas kommt dazu. Alec und Blitz sind in einer Weise miteinander verbunden, die an ein Wunder grenzt. Keiner unserer Berufskollegen ist imstande, das zu begreifen; noch weniger könnte je einer diese Verbundenheit durchbrechen. Genauso wunderbar wie Alecs Liebe zu seinem Pferd, ist dieses Pferdes Liebe zu ihm. Das klingt einfach, und es ist die einzige Ursache, weshalb wir hier von einem unerhört schnellen Rennpferd sprechen können, denn ohne Alec wäre Blitz niemals ein Rennpferd geworden, weil er unzähmbar war. Und jetzt wird er verrückt, wenn Alec ohne ihn fort geht. Andererseits«, fuhr Henry fort, »würde Alec ohne seinen Hengst niemals der große Reiter geworden sein, der er ist. Wenn er andere Pferde reitet, kann ich ihm Ratschläge geben, aber nicht bei Blitz. Alecs reiterliches Können wächst an ihm, und Blitz läuft und gibt sein Bestes nur für ihn. Sie leben einer für den anderen. Sie werden nie im Leben so etwas noch einmal sehen, Herr! Denken Sie an meine Worte, weder Sie noch ich noch irgendein anderer Mensch. Doch jetzt müssen Sie uns entschuldigen, Herr. Es ist vier Uhr dreißig und damit Futterzeit für Blitz.« Er stand auf und ergriff die Leine, um Blitz in den Stall zu führen.
    »Nur noch eine Frage«, rief der Besucher und folgte Alec und Henry in den Stall. »In den Zeitungen steht, daß Sie mit Blitz nach Europa gehen wollen, um ihn dort laufen zu lassen. Stimmt das?«
    »Es kommt ganz darauf an, welche Zeitung Sie gelesen haben.« Henry kicherte. »Einige schreiben, daß wir diese Absicht hegen; andere behaupten, es wäre nicht an dem. Ich habe den Reportern lediglich gesagt, daß wir an einem Europatrip nicht uninteressiert sind. Es gibt viele triftige Gründe, die es geraten erscheinen lassen, Blitz jetzt einmal nach Europa zu bringen,
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