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Blitz schickt seinen Sohn

Blitz schickt seinen Sohn

Titel: Blitz schickt seinen Sohn
Autoren: Walter Farley
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sie freie Aussicht auf den Strom, auf den das offene Ende der Ladehalle mündete. Nun sahen sie auch die »Königin von Indien«, die gerade von zwei Schleppern vorsichtig an den Pier gezogen wurde.
    Sebastian bellte, der Vater setzte ihn zur Erde und hielt ihn kurz an der Leine. »Es wird ein Weilchen dauern, bis sie das Schiff festgemacht haben«, sagte er zu Alec, »die Strömung soll hier sehr stark sein.«
    Alec schwieg, er hatte wieder das elende Gefühl im Magen, als er das Schiff dort tief im Wasser, schwer beladen, herankommen sah. Irgendwo in dessen Bauch befand sich sein Pferd, der Sohn von Blitz!
    In diesem Augenblick hörte er seinen Namen rufen, das Rattern der Laster und die rauhen Stimmen der Stauer übertönend: »He, Alec!«
    Es riß ihn herum: in dem Gewimmel hinter sich sah er einen kleinen stämmigen Mann vorwärtslaufen; seine krummen Beine wirkten, als wären sie vom Gewicht des muskulösen Körpers zusammengebogen. Alec strahlte über das ganze Gesicht. »Henry!« schrie er mit überkippender Stimme und stürmte ihm entgegen.
    Herr Ramsay mußte Sebastians Leine sehr fest halten, denn der Hund wollte Alec durchaus nachrennen. Er sah, wie sein Sohn Henry umarmte, und dachte: Na, jetzt haben sich die beiden Pferdenarren wieder... Sie hatten so viel Gemeinsames, die zwei... sogar die krummen Reiterbeine! Zwischen ihnen bestand eine Bindung, die vielleicht sogar enger war als Blutsbande — es war ihre fanatische Liebe für Pferde und ganz besonders für eines: den Rapphengst Blitz! Man hätte sie für Vater und Sohn halten können, wie sie da Arm in Arm standen. Jetzt kamen sie auf ihn zu, und der große schlanke Mann ließ sich von Sebastian ihnen entgegenzerren.
    »Guten Tag, Henry!« sagte er lächelnd, dem Trainer die Hand schüttelnd. »Ich bin wirklich froh, daß Sie da sind!«
    Henry lächelte zurück. »Nicht um die Welt hätte ich heute hier fehlen mögen! Ich bin erst vor einer Stunde mit dem Flugzeug angekommen und habe sofort bei Ihnen daheim angerufen. Frau Ramsay sagte mir, daß Sie mit Alec bereits auf dem Weg zum Hafen wären, und gab mir näheren Bescheid. So wußte ich, wo ich Sie finden würde.« Henry trocknete sein sonnengebräuntes Gesicht mit dem Taschentuch, nahm seinen abgenutzten Hut vom Kopf und fächelte sich damit Luft zu. »Hier ist es wärmer als im Westen!« fuhr er fort, während er sich hinunterbeugte und den Hund streichelte, der neben Alec stand.
    Henry erkundigte sich, ob Alec alle erforderlichen Papiere bereit und einen Transportwagen bestellt hätte?
    Alec nickte: »Alles da, Henry! Dort drüben steht der Wagen.« Nach einer Pause, während der sie Auge in Auge verharrten, fügte er hinzu: »Und den Stammbaum habe ich zu Hause. Von Scheitan aus der Johar...« Bei sich dachte er, ob Henry wohl noch zu den Plänen stehen würde, die sie zusammen geschmiedet hatten? Schließlich hatte Henry inzwischen den gutbezahlten Posten bei Boldt bekommen; davon war damals nicht die Rede gewesen... Alec trat unbehaglich von einem Fuß auf den andern. Ganz auf sich allein gestellt, würde er mit dem Fohlen wenig ausrichten können.
    Da trat der verständnisvolle Ausdruck in Henrys ernste graue Augen, auf den Alec gewartet hatte: »Ich freue mich, daß es ein Hengstfohlen geworden ist«, sagte er. »Vielleicht gleicht der Sohn seinem Vater!«
    »Das kann man nie im voraus wissen«, warf Herr Ramsay ein.
    Henry sah erst ihn, dann Alec mit tiefem Verständnis an. »Ich meinte, Herr Ramsay, ich möchte hoffen, daß das Fohlen den vollendet schönen Körperbau seines Vaters geerbt hat.«
    »Ich habe genau verstanden, was Sie sagen wollten, Henry«, antwortete Herr Ramsay gelassen.
    Alec sah seinen Vater forschend an. Er las eine gewisse Spannung in seinem Gesicht, die vorher nicht darin gestanden hatte; doch seine Augen hatten nicht den strengen Ausdruck, den sie zeigten, wenn er ärgerlich war. Ahnte er etwa doch, was sie sich vorgenommen hatten? Alec wollte es ihm ja keineswegs verschweigen, nur wollte er nicht eher darüber sprechen, bis er und Henry sicher waren, daß das Pferd sich für die Rennlaufbahn eignete.
    Herr Ramsay sprach wieder zu Henry: »Nein, ich tadle weder Sie noch Alec, weil Sie die Hoffnung hegen, der Sohn würde seinem Vater ähnlich sein. Ich wünsche mir bloß, daß er nicht so wild und ungebärdig wird wie Blitz...«
    Henry lächelte. »Ach, da ist nichts zu befürchten, Herr Ramsay! Sie dürfen nicht vergessen, daß Blitz ein ausgewachsener Hengst
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