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Blitz kehrt heim

Blitz kehrt heim

Titel: Blitz kehrt heim
Autoren: Walter Farley
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reich, sie könnten uns das Geld leihen!“
    „Na ja, ganz ausgeschlossen scheint mir das nicht, denn sie sind ja beide sehr an ihm interessiert! Ich gebe dir recht, man müßte es wenigstens versuchen, ihn Herrn Abu abzukaufen.“
    Die Minuten vergingen. Henry schlenderte ziellos im Stall umher und ordnete Zügel und Sättel, die ohnehin geordnet waren. Zum Schluß ging er zur Tür und setzte sich auf die Schwelle. Er fand es am richtigsten, Alec mit seinem Pferd allein zu lassen, denn ihm blieb nicht viel Zeit. Henry zog sein Taschenmesser aus der Tasche und begann an einem Stück Holz herumzuschnitzeln. Sonderbar, wie lieb man so ein Pferd gewinnen konnte! Ihm war das freilich nichts Neues. Da war damals Dynamo gewesen, der zähe kleine Braune, der mit ihm davongelaufen war bei seinem ersten Arbeitsgalopp. Er, Henry, war noch ein Lehrling gewesen, ein junges Bürschchen, wie jetzt Alec. Vielleicht wäre er von seinem strengen Lehrherrn hinausgeworfen worden, wenn Dynamo nicht die schnellste Viertelmeile gelaufen wäre, die jemals auf der Empire-Bahn beglaubigt worden war. Ja, das waren alles gute Erinnerungen! Es gab noch einige andere famose Pferde in seinen jungen Jahren. Chang beispielsweise, der die Sprinter wie die Steher ausstach, McToo, der so geduldig und still wie ein Pony am Start zu stehen pflegte, gelassen auf den Beginn des Rennens wartend, derweil alle anderen vor Ungeduld barsten; trotzdem war er niemals geschlagen worden. Und Flamme und Krieger — alles prächtige Rennpferde, die er niemals vergessen würde. Dann — viele Jahre später, nachdem er sich längst zur Ruhe gesetzt und seine Frau alles, was in ihrer Macht stand, getan hatte, um ihn die Rennbahn vergessen zu lassen — waren Blitz und Alec gekommen. Der schwarze Hengst war ein besseres Pferd, als er je zuvor geritten und trainiert hatte. Er hatte es beim ersten Blick auf Blitz gewußt. Er mußte lachen, wenn er sich daran erinnerte, wie Alec, der Junge von gegenüber, seine Frau gebeten hatte, ihm zu erlauben, sein Pferd in ihrem Stall unterzustellen. ,Sein Pferd‘ — wahrscheinlich hatte sie sich darunter irgendeine alte Mähre mit Senkrücken wie Napoleon vorgestellt! Sonderbarerweise hatte sie nie aufbegehrt, nachdem sie die Wahrheit herausgefunden hatte. Wer weiß, sann Henry, vielleicht verstand sie mehr von Pferden, als sie zugab. Er hatte von dem Untergang der ,Drake‘ vor der spanischen Küste seinerzeit gelesen und erfahren, daß Alec als Passagier an Bord gewesen war, auf der Rückreise vom Besuch seines Onkels in Indien. Henry hatte bis dahin Alec nicht sonderlich beachtet; hin und wieder hatte er ihn zur Schule oder am Nachmittag heimkehren sehen, das war alles. Ein magerer, stiller Junge, der auf jeden den Eindruck machte, dem Typ anzugehören, der aufs Lernen versessen ist. Als die Nachricht durch die Zeitungen lief, daß es bei dem Schiffsuntergang so gut wie keine Überlebenden gegeben hatte, hatte er Alecs Eltern einen Kondolenzbesuch gemacht. Sie waren sehr niedergeschlagen gewesen, hatten aber trotz allem die Hoffnung nicht aufgegeben, daß ihr Sohn noch lebte. „Er ist ein beherzter Kerl“, hatte Herr Ramsay gesagt. Fünf Monate später war Alec Ramsay dann tatsächlich zurückgekehrt. Und nicht allein! Mit ihm kam der Rapphengst, ungezähmt, nicht zugeritten! Ja, und für jeden unzugänglich, außer für Alec. Zwischen ihm und Blitz, wie er ihn genannt hatte, war eine so innige Freundschaft entstanden, wie sie Henry noch nie zwischen einem Menschen und einem Pferde beobachtet hatte. Der Rappe war außergewöhnlich wild, ein ,Killer‘, ein Mörder, wenn er gereizt wurde, daran gab es bis heutigentags keinen Zweifel. Henry lächelte, wenn er an die Monate zurückdachte, in denen sie den Hengst an Zaumzeug und Sattel gewöhnt hatten. Danach kamen dann die heimlichen Trainingsrunden in der Nacht auf der Rennbahn. Zuletzt das große Rennen... Noch lange Zeit würden alle für den Rennsport Begeisterten sich daran erinnern und darüber sprechen, wie Blitz die Hengste Donnerkeil und Zyklon, die schnellsten Pferde in ganz Amerika, geschlagen hatte. Vielleicht würde man niemals wieder ein solches Wunderpferd wie diesen Rappen zu sehen bekommen! Noch würden sie ihn selber jemals wiedersehen...
    Henry sah nach seiner Uhr. Fast eine Stunde, seit Herr Abu ben Isaak sie verlassen hatte. Auf der Straße dröhnte ein Motor... da war wohl schon der Transportwagen? Ja, in der Ferne sah er ihn kommen. Er klappte sein Messer
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