Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blitz kehrt heim

Blitz kehrt heim

Titel: Blitz kehrt heim
Autoren: Walter Farley
Vom Netzwerk:
einen der ihn haltenden Männer so schwer, daß er leblos zu Boden sank. Nach längerer Zeit war es dann endlich gelungen, das mächtige Tier in den Stall auf dem Schiffsdeck zu bringen.
    Alec warf Henry einen Blick zu und vermutete richtig, daß der alte Trainer wußte, woran er gedacht hatte. „Meinst du, Henry, es könnte der Araber sein, der ihn damals aufs Schiff brachte?“
    „Das wäre nicht ausgeschlossen.“
    „Aber der Sturm nachher, in dem das Schiff unterging! Er ist doch ertrunken, ich habe ihn doch mit meinen eigenen Augen in den Wellen verschwinden sehen.“
    „Und sein Name stand bestimmt nicht auf der Liste der Überlebenden?“
    „Nein! Es waren ja nur sehr wenige, wie du weißt.“
    „Das Letzte, was du von ihm sahst, war, daß er über Bord fiel, nicht wahr?“
    „Er fiel nicht eigentlich, Henry, er sprang vielmehr in ein bereits überfülltes Rettungsboot und verfehlte es. Er trug keinen Schwimmgürtel, und die Wellen gingen so hoch, daß er sofort verschwand. Wenige Minuten später explodierte der Kessel der ,Drake‘, das Schiff ging unter, und ich befand mich ebenfalls in dem tobenden Meer. Ich sah den Rappen und den Strick an seinem Halfter und griff danach. Das Nächste, was ich weiß, war, daß ich mich auf der unbewohnten kleinen Insel wiederfand. Du weißt, was dann folgte.“
    „Und seitdem hast du keinerlei Anzeichen entdeckt, aus denen man schließen könnte, daß der Besitzer des Rappen noch lebt?“
    „Nein, Henry, nicht das geringste! Ein Rettungsboot mit zehn Überlebenden wurde aufgefischt, das ist alles, und der Mann war nicht darunter. Ich bin sicher, daß er der hochgehenden See nicht entronnen ist. Und noch eins, Henry: ich habe nie auch nur einen Augenblick geglaubt, daß er der wirkliche Besitzer des Hengstes sein könnte.“
    „Also meinst du, er habe ihn gestohlen?“
    „Ja! Denn er benahm sich merkwürdig. Nie sprach er mit den anderen Passagieren, und um das Pferd kümmerte er sich kaum. Wenn es sein Eigentum gewesen wäre, hätte er es bestimmt nicht so lieblos behandeln können.“
    „Das ist kein Beweis, Alec! Ich habe zu meiner Zeit, als ich Jockey war, einige entsetzlich gefühllose Pferdebesitzer kennengelernt! Trotzdem mag es sein, daß du recht hast. Blitz ist ein ungewöhnliches Pferd. Ich könnte mir ohne weiteres vorstellen, daß selbst Leute, die ihn nicht haben laufen sehen, bereit wären, ein nettes Sümmchen für ihn zu bezahlen.“
    Henry wollte noch einmal an die Box gehen, da stieß er mit dem Fuß an ein kleines metallenes Ding. Er hob es auf. „Was ist denn das?“ fragte er erstaunt.
    „Sieht aus wie eine goldene Halskette mit einem Medaillon“, meinte Alec.
    Henry ging ans Licht, um den Fund genau zu betrachten: „Tatsächlich, auf dem Medaillon ist ein Vogel“, murmelte er und reichte Alec die Kette. „Wirst du daraus klug?“
    Auf dem an der Kette hängenden Goldmedaillon war ein großer, in Elfenbein geschnittener Vogel bossiert, mit im Flug weit ausgebreiteten Schwingen, hakenförmig gekrümmtem Schnabel und langen Klauen an kurzen, kräftigen Beinen. Zwei kleine rote Steinchen markierten die Augen.
    „Ich glaube, es soll ein Falke sein, Henry! Mein Onkel Ralph in Indien hielt ein Pärchen davon, und ich habe auch noch andere gesehen, allerdings waren sie niemals weiß wie dieser. Gewöhnlich sind sie grau.“
    Henry schwieg einige Minuten, dann nahm er die Kette wieder an sich. „Ich glaube nicht, daß sie in Amerika angefertigt worden ist, Alec“, sagte er.
    „Das glaube ich auch nicht, Henry, es ist eine zu feine Arbeit. Es würde bedeuten...“
    „Daß ich recht habe mit meiner Vermutung: der Kerl, der Blitz damals auf das Schiff bringen ließ, ist noch am Leben und will ihn nun aus irgendeinem Grunde beseitigen! Wollen sehen, was die Polizei dazu sagt.“
    Im Osten, hinter den hohen Bäumen, die das den Hof fortsetzende Feld begrenzten, war inzwischen die Sonne aufgegangen. Alec verließ den Stall, er mußte nach Hause. Mit schleppenden Füßen ging er die sandige Auffahrt entlang. Es fiel ihm schwer, Blitz zu verlassen, aber er mußte in die Schule, die er nicht versäumen durfte, denn in der nächsten Woche standen die diesjährigen Abschlußprüfungen bevor. Prüfung! Schule! Was galt ihm das jetzt! Jemand hatte Blitz, sein über alles geliebtes Pferd, zu töten versucht! Und wer immer es gewesen sein mochte — er konnte zurückkommen und es von neuem versuchen!
    Henry hatte ihm hoch und heilig versichert, daß er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher