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Blitz der schwarze Hengst

Blitz der schwarze Hengst

Titel: Blitz der schwarze Hengst
Autoren: Walter Farley
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Meer
versperrte. Der Rappe machte einen Seitensprung, als er näher kam, und der
Knabe erfaßte, daß das Pferd der Lücke zustrebte. Im Sprung streifte es ihn an der
Schulter, und Alec flog durch die Luft. Er fühlte, wie das Wasser über ihn
zusammenschlug.
    Als er auftauchte, galt sein erster Gedanke dem
Schiff. Dann hörte er eine Explosion, und er sah die »Drake« mit dem Bug voran
ins Wasser tauchen. Verzweifelt blickte er sich nach einem Rettungsboot um;
aber nirgends war eines in Sicht. Auf einmal sah er den Rappen keine fünf Meter
entfernt schwimmen. Irgend etwas fegte an ihm vorbei — ein langer Strick. Er
erinnerte sich an die beiden Stricke, die die Männer benutzt hatten, um den
Hengst an Bord des Dampfers zu schaffen; seither hatte sich ihm niemand nähern
können, um die Stricke anzubinden. Demnach hing der Strick noch an dem Halfter
des Pferdes. Ohne sich mit Überlegungen aufzuhalten, griff Alec nach dem Strick
und hielt sich fest. Daraufhin wurde er durchs Wasser gezogen, hinaus in die
offene See.
    Die Wellen gingen immer noch hoch; aber die
Schwimmweste hielt Alec oben. Er war außerstande, sich über sein Tun
Rechenschaft abzulegen. Er wußte nur, daß er die Wahl hatte, allein im Wasser
zu bleiben oder sich von dem Pferd ziehen zu lassen. Wenn er sterben mußte,
wollte er lieber mit dem kraftvollen Hengst sterben als allein. Als er noch
einmal zurückblickte, war die »Drake« verschwunden.
    Stundenlang kämpfte Alec gegen die Wellen an.
Den Strick hatte er sicher und fest an seiner Schwimmweste verknüpft. Aber er
konnte den Kopf kaum über dem Wasser halten. Auf einmal fühlte er, daß der
Strick erschlaffte. Der Rappe schwamm nicht mehr! Alec wartete gespannt; wenn
er in die Dunkelheit spähte, erkannte er gerade noch den Kopf des Pferdes. Das
Wiehern des Rappen durchschnitt die Luft. Nach einer Weile straffte sich der
Strick wieder. Das Pferd hatte eine andere Richtung eingeschlagen. Abermals
verging eine Stunde; dann ebbte der Sturm zu hochrollenden Dünungen ab. Am
Horizont erschienen die ersten hellen Streifen der Morgendämmerung.
    Viermal hatte der Rappe während der Nacht
haltgemacht, und jedesmal hatte er den Kurs geändert. Alec fragte sich, ob ihn
der ungebrochene Instinkt des Pferdes wohl ans Land führen würde. Die Sonne
ging auf und schien hell auf den Kopf des Knaben. Das Salzwasser, das er
während der Nacht geschluckt hatte, machte ihn vor Durst beinahe wahnsinnig.
Doch wenn er es nicht länger auszuhalten glaubte, blickte er auf das Pferd, das
immer noch unermüdlich mit den Wellen kämpfte, und neuer Mut erfüllte ihn.
    Auf einmal merkte er, daß sie mit den Wellen
schwammen, nicht mehr gegen sie. Er schüttelte den Kopf, um Klarheit in sein
Denken zu bringen. Ja, sie wurden vorwärts getragen, sie mußten sich einer
Küste nähern! Eifrig strengte er seine salzverkrusteten Augen an und spähte
voraus. Und da sah er Land, an dem sich die Wellen brachen — ungefähr einen
halben Kilometer entfernt. Er erkannte sogleich, daß es nur eine kleine Insel
war; aber vielleicht gab es dort Nahrungsmittel und Wasser, vielleicht konnte
man sich dort am Leben erhalten! Immer schneller näherten sie sich dem Strand.
Jetzt waren sie in der Brandung. Das Wiehern des Rappen brach die Stille. Das Pferd
hatte Grund unter den Füßen; es schwankte ein wenig und schüttelte den
schwarzen Kopf. Dann paßte es sich den neuen Verhältnissen an und schritt
rascher durch das seichte Wasser.
    Alec staunte — welche Kraft und Ausdauer hatte
dieses Tier! Mit steigender Geschwindigkeit wurde er zum Ufer gezogen. Jählings
wurde ihm seine gefährliche Lage klar. Er mußte den Strick, den er mit der
Schwimmweste verknotet hatte, losbinden, sonst wurde er zu Tode geschleift!
Verzweifelt zerrten seine Finger an dem Knoten, den er selbst so fest
geschlungen hatte. Wie rasend mühte er sich ab, während das Ufer näher und
näher kam.
    Jetzt hatte der Rappe den Strand erreicht. Der
Sand knirschte unter seinen Hufen, als er das Wasser verließ. Alec war noch
immer nicht frei, denn durch den stundenlangen Aufenthalt im Wasser war der
Knoten aufgequollen. Auf einmal fiel ihm sein Taschenmesser ein. Ob es wohl
noch da war? Seine Hand zuckte zur hinteren Hosentasche, die er zum Glück
zugeknöpft hatte. Er griff hinein und zog das Messer heraus.
    Er wurde jetzt von dem Hengst über den Strand
gezogen; der Sand flog ihm ins Gesicht. Flugs klappte er das Messer auf und
begann an dem Strick zu säbeln. Sein
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