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Blitz der schwarze Hengst

Blitz der schwarze Hengst

Titel: Blitz der schwarze Hengst
Autoren: Walter Farley
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dem kleinen, wildschönen
Kopf. Der Kopf gehörte einem wunderschönen, augenscheinlich in Freiheit
geborenen und noch ungezähmten, prachtvollen Hengst, dessen körperliche
Vollkommenheit mit seinem ungebrochenen, feurigen Wesen übereinstimmte.
    Abermals wieherte der Rappe und erhob sich auf
den Hinterbeinen. Alec konnte seinen Augen und Ohren kaum glauben — ein Hengst,
ein wilder, nicht zugerittener Hengst, das wildeste aller wilden Geschöpfe, von
dem er in Büchern gelesen und oft geträumt hatte!
    Zwei Stricke waren an dem Halfter des Pferdes
befestigt, und vier Männer bemühten sich, den Hengst zu der Laufbrücke zu
ziehen. Demnach sollte er aufs Schiff gebracht werden! Alec sah einen
dunkelhäutigen Mann, der europäisch gekleidet war und einen hohen weißen Turban
trug, Anweisungen geben. In der Hand hielt er eine Peitsche. Die knappen
Befehle erteilte er in einer Sprache, die Alec nicht kannte. Unvermittelt trat
er hinter das Pferd und ließ die Peitsche auf die Hinterhand des Rappen
niedersausen. Der Hengst schlug aus, so plötzlich, daß seine Hufe einen der
Eingeborenen trafen; der Mann stürzte zu Boden und blieb regungslos liegen. Der
Hengst schnaubte und schlug abermals aus. Obwohl man die Augen des Pferdes
nicht sehen konnte, zeigte der Kopf den Ausdruck wütenden Hasses.
    Die Männer mit den Stricken hatten das Tier nun
halbwegs auf der Laufbrücke. Alec hätte gern gewußt, wo es untergebracht werden
sollte, wenn es ihnen gelang, es aufs Schiff zu schaffen.
    Dann war der Hengst oben! Kapitän Watson winkte
mit den Armen und befahl den Männern, den Hengst zum Heck zu bringen. Der Knabe
folgte in sicherem Abstand. Jetzt erblickte er den behelfsmäßigen Stall, in den
sie den Rappen zu schaffen versuchten; es war eine ehemalige Blockhütte. Die
»Drake« war für die Beförderung so großer Tiere nicht eingerichtet, und der
Laderaum war schon ganz mit Fracht angefüllt.
    Endlich hatten sie das Pferd vor der offenen Tür
des Stalles. Einer der Männer kletterte aufs Dach, langte hinunter und riß dem
Hengst die Augenbinde ab. Gleichzeitig versetzte der Dunkelhäutige dem Pferd
abermals einen Hieb, und es sprengte hinein. Alec dachte, die Stallwände
könnten dem Anprall unmöglich widerstehen; der Hengst ließ das Holz in Fetzen
fliegen, unter seinen Hufen donnerte es, die kräftigen Beine krachten an die
Seiten der Blockhütte; das wilde, schrille Wiehern jagte Alec einen Schauder
über den Rücken. Er fühlte sich von tiefem Mitleid ergriffen; denn der Stall
war so klein, daß der Hengst sich kaum umzudrehen vermochte, und das Tier war
sicher an weites offenes Gelände gewöhnt.
    Kapitän Watson sprach ärgerlich mit dem
Dunkelhäutigen; wahrscheinlich hatte er eine solche Schiffsfracht niemals
erwartet! Dann holte der Mann eine dicke Brieftasche aus seiner Rocktasche und
zählte Geldscheine ab, die er dem Kapitän reichte. Kapitän Watson betrachtete
die Scheine und dann den Stall, nahm mit einem Schulterzucken das Geld entgegen
und ging weg. Der Dunkelhäutige rief die Eingeborenen zu sich, die den Hengst
mit an Bord geschafft hatten, und gab ihnen ebenfalls Geld, worauf sie sich
über die Laufbrücke entfernten.
    Bald war die »Drake« wieder unterwegs. Alec
blickte auf den Hafen zurück, wo sich eine Gruppe um die zusammengesunkene
Gestalt des Eingeborenen scharte, den die kräftigen Hufe des Rappen getroffen
hatten. Schließlich wandte er sich dem Stall zu. Der Dunkelhäutige war zu
seiner Kabine gegangen; nur die aufgeregten Fahrgäste standen vor dem Stall.
Drinnen tobte der Rappe immer noch.
     
    Die folgenden Tage wurden für alle — für die
Mannschaft, für Alec und für die übrigen Passagiere — sehr aufregend. Niemals
hätte sich Alec träumen lassen, daß ein Pferd so temperamentvoll, so
unbezähmbar sein könnte. Das Schiff widerhallte bis tief in die Nacht hinein
von den Hufschlägen des wütenden Tieres, die den Stallwänden so zusetzten, daß
man sie von außen verstärken mußte. Der dunkelhäutige Mann ließ sich kaum
sehen; er hielt sich stets für sich und sprach mit keinem Menschen außer dem
Kapitän.
    Die »Drake« dampfte durch den Suezkanal ins
Mittelmeer.
    An diesem Abend schlich Alec aufs Deck und
überließ die andern Fahrgäste ihrem Kartenspiel. Er horchte angespannt. Der
Rappe war heute abend ruhig. Rasch ging Alec zu dem Stall hinüber. Zuerst
konnte er nichts sehen und nichts hören. Doch als sich seine Augen an die
Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte er die
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