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Blitz der schwarze Hengst

Blitz der schwarze Hengst

Titel: Blitz der schwarze Hengst
Autoren: Walter Farley
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Heimwärts
     
    Der Frachtdampfer »Drake« stach von der Küste
Indiens in See und kehrte den stumpfen Bug dem Arabischen Meer zu, um
heimzufahren. Langsam fuhr er westwärts nach dem Golf von Aden. Der Laderaum
enthielt Kaffee, Reis, Tee, Ölsamen und indischen Flachs. Schwarzer Rauch stieg
aus dem einzigen Schornstein und verdunkelte den wolkenlosen Himmel. Alexander
Ramsay, den seine Freunde zu Hause in New York Alec nannten, lehnte an der
Reling und sah zu, wie das Wasser unter dem Schiff wegglitt. Alecs rotes Haar
flammte in der heißen Sonne; seine gebräunten Arme lagen auf der Reling,
während er das sommersprossige Gesicht der immer mehr zurückweichenden Küste
zuwandte.
    Die zwei Monate in Indien waren schön gewesen.
Er wußte, daß er sich nach Onkel Ralph zurücksehnen würde, nach den Tagen, die
sie zusammen im Urwald verbracht hatten, sogar nach dem Gebrüll der Panther und
den vielen gespenstischen Lauten der Urwaldnacht. Alec betrachtete stolz seine
kräftigen Armmuskeln. Onkel Ralph hatte ihn reiten gelehrt und ihm damit den
glühendsten Wunsch erfüllt.
    Doch damit war es nun zu Ende. Zu Hause gab es
wenig Gelegenheit zum Reiten.
    Er steckte die Hand in die Tasche und holte ein
Taschenmesser mit Perlmutterschalen hervor, das er liebevoll beschaute. Es trug
eine goldene Inschrift: Für Alec zum Geburtstag, Bombay, Indien. Er
dachte an die Worte seines Onkels: Trag es immer bei dir. Ein Messer kann
manchmal sehr nützlich sein, Alec.
    Plötzlich legte sich eine große Hand auf seine
Schulter. »Na, mein Junge, nun bist du also auf der Heimfahrt«, sagte eine
rauhe Stimme mit ausgeprägtem englischem Tonfall.
    Alec blickte in das verrunzelte, wettergebräunte
Gesicht des Kapitäns. »Ja, Herr Kapitän«, antwortete er. »Allerdings wird die
Heimreise lange dauern. Zuerst mit Ihnen nach England und dann mit der
>Majestic< nach New York.«
    »Alles in allem ungefähr vier Wochen; aber du
siehst nach einem recht guten Seefahrer aus.«
    »Das bin ich auch, Herr Kapitän. Auf der
Hinreise wurde ich überhaupt nicht seekrank, obwohl wir in einen Sturm
gerieten«, sagte Alec stolz. »Wann bist du denn nach Indien gekommen?« fragte
Kapitän Watson. »Im Juni mit einigen Freunden meines Vaters, die mich nach
Bombay zu meinem Onkel brachten. Sie kennen doch Onkel Ralph, nicht wahr? Er
kam mit mir an Bord und sprach mit Ihnen.«
    »Ja, ich kenne deinen Onkel schon viele Jahre.
Ein prächtiger Mensch. Und jetzt fährst du allein nach Hause?«
    »Ja, Herr Kapitän. Nächsten Monat fängt die
Schule wieder an, und dann muß ich dort sein.«
    Der Kapitän lächelte und nahm Alec am Arm. »Komm
mit, Junge«, sagte er. »Ich will dir zeigen, wie man das Schiff steuert; du
kannst es selbst einmal versuchen.«
    Der Kapitän, die Matrosen, überhaupt jeder an
Bord war freundlich zu Alec; aber die Tage vergingen trotzdem recht eintönig
für den heimfahrenden Knaben, während sich die »Drake« durch den Golf von Aden
pflügte und dann ins Rote Meer. Die tropische Sonne schien erbarmungslos auf
die Köpfe der wenigen Passagiere, die den Frachtdampfer benützten.
    Im Roten Meer hielt sich die »Drake« nahe bei
der Küste Arabiens — meilenweit erstreckte sich das unfruchtbare Wüstengestade.
Aber Alecs Gedanken weilten nicht bei dem glühenden Sand. Er sah in Arabien das
Land, aus dem die schönsten und edelsten Pferde der Welt stammten! Ob andere
Menschen wohl auch wie er von Pferden träumten? Für ihn war ein Pferd das
herrlichste Tier, das es gab.
    Dann steuerte die »Drake« eines Tages einen
kleinen arabischen Hafen an. Als sie sich dem Landekai näherte, sah Alec eine
Eingeborenenschar in großer Aufregung herumspringen. Offenbar legte hier nicht
oft ein Schiff an.
    Doch als die Laufbrücke mit einem Bums
hinunterging, merkte Alec, daß es gar nicht der Dampfer war, der solche
Aufmerksamkeit erregte. Die Eingeborenen drängten sich in der Mitte des
Landungsplatzes. Er hörte ein schrilles, lautes Wiehern — etwas Ähnliches hatte
er noch nie vernommen. Er gewahrte einen mächtigen Rappen, der sich bäumte und
mit den Vorderbeinen in die Luft schlug. Die Augen waren ihm mit einem weißen
Tuch verbunden. Die Menge brach auseinander und stob davon.
    Weißer Schaum spritzte vom Körper des Pferdes;
das offene Maul entblößte die Zähne. Es war ein Riese von einem Pferd, glänzend
schwarz — viel zu groß für einen reinen Araber. Seine Mähne flatterte wie ein
Helmbusch. Der lange, schlanke Hals wölbte sich zu
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