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Blitz der schwarze Hengst

Blitz der schwarze Hengst

Titel: Blitz der schwarze Hengst
Autoren: Walter Farley
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Körper brannte von dem Sand; die Kleider
wurden ihm zerfetzt. Mit jeder Sekunde beschleunigte sich die Geschwindigkeit.
Ganz außer sich säbelte er an dem Strick herum. Mit einem letzten Druck war er
durch — der Strick riß! Seine ausgestreckten Hände streichelten den Sand. Als
er die Augen schloß, murmelten seine aufgesprungenen Lippen: »Ja, Onkel Ralph,
es war mir... wirklich nützlich...«
     
     
     
    DRITTES KAPITEL

Die
Insel
     
    Alec schlug die Augen auf. Die Sonne, die hoch
am Himmel stand, sengte auf seinen bloßen Kopf. Sein Gesicht war heiß, seine
Zunge geschwollen. Langsam versuchte er sich aufzurichten; aber er war so matt,
daß er wieder auf den Sand fiel. Eine Weile lag er still. Dann riß er sich
zusammen und versuchte es abermals. Mit Mühe kam er erst auf die Knie und
schließlich auf die Füße. Die Beine zitterten ihm. Er schnallte die
zerschundene Schwimmweste ab und ließ sie zu Boden fallen.
    Er blickte sich um; es verlangte ihn verzweifelt
nach Wasser. Er sah die Hufspuren des Rappen im Sande. Vielleicht führten sie
ihn, wenn er ihnen folgte, zu frischem Wasser; er war überzeugt, daß der Hengst
ebenso unter Durst gelitten hatte wie er selbst. Er stolperte dahin. Die
Hufspuren kehrten sich schroff vom Meer ab, dem Innern der Insel zu. Ringsum
gab es nicht den geringsten Pflanzenwuchs, nur Sand. Alec drehte sich um und
betrachtete die jetzt ganz ruhige und friedliche See. So viel hatte sich in
einer so kurzen Zeitspanne ereignet! Wie mochte es den andern ergangen sein?
War er der einzige Überlebende? Er schloß die Augen. Einige Minuten später
erklomm er, immer den Hufspuren folgend, einen ziemlich hohen Sandhügel. Oben
blieb er stehen. Von hier aus konnte er die ganze Insel übersehen; sie war sehr
klein — ihr Umkreis betrug wohl kaum mehr als drei Kilometer. Sie schien
unfruchtbar zu sein bis auf ein paar Bäume, Büsche und verstreute Stellen mit
dürrem Gras. Auf der anderen Seite der Insel fielen hohe Felsenklippen zum Meer
ab.
    Die Hufspuren führten jetzt bergab und auf ein
paar struppige Bäume zu. Dort gewahrte Alec einen kleinen Quellwasserteich. Er
strich sich mit der trockenen Zunge über die aufgesprungenen Lippen und
stolperte vorwärts. Rechts von der Quelle, etwa hundert Meter entfernt, sah er
den Rappen, der gierig das dürre Gras abweidete. Im Geiste erblickte er wieder
den kleinen arabischen Hafen und die Menge, die sich um den zusammengesunkenen
Eingeborenen scharte, den der Rappe getroffen hatte. Ob der Hengst eine Gefahr
für ihn bedeutete?
    Der Rappe schaute auf. Der Knabe bemerkte, daß
Halfter und Strick weg waren — irgendwie hatte sich das Pferd davon befreit.
Der Wind fuhr durch seine Mähne; sein glatter, schwarzer Leib glänzte in der
Sonne. Es sah Alec, und sein schrilles Wiehern durchdrang die Luft. Es bäumte
sich, und seine Vorderbeine schlugen aus. Dann kam es herunter und scharrte mit
dem rechten Vorderhuf im Sand.
    Alec blickte ringsum. Einen Schlupfwinkel gab es
hier nicht. Doch selbst wenn es einen gegeben hätte, er wäre viel zu schwach
gewesen, hinzulaufen. Sein Blick kehrte zu dem Hengst zurück, wie gebannt von
dem so wilden und so schönen Geschöpf. Die Bücher nannten die ungezähmten, in
Freiheit geborenen Hengste die wildesten aller Wildtiere. Für diesen Hengst
galt das wirklich, denn seit Alec ihn kannte, hatte er gekämpft, mit den
Menschen, die ihn aufs Schiff schleppten, mit dem engen Stall, der ihn gefangen
hielt, zuletzt mit dem Meer, das ihn mit dem Tode bedrohte. Es war seine Natur,
zu kämpfen und zu töten oder getötet zu werden. Das Pferd bäumte sich abermals,
schnaubte und sprengte geradewegs auf den Knaben zu.
    Alec vermochte sich nicht zu rühren. Sein Körper
gehorchte ihm nicht. Willenlos sah er den Hengst herankommen. Dann aber, etwa
fünfundzwanzig Meter von ihm entfernt, blieb der Hengst stehen. Seine Augäpfel
glänzten, die roten Nüstern blähten sich, die Ohren lagen ihm flach am Kopf. Er
wieherte schrill, klar und lang. Jetzt machte er wieder ein paar Sprünge, die
ihn zwischen Alec und den Quellteich brachten. Dort blieb er stehen und
stampfte wütend mit den Vorderhufen.
    Alec stand starr da; er hätte sich jetzt wieder
bewegen können, aber er wagte es nicht. Unendlich lange schien es zu dauern,
bis der Hengst mit dem Stampfen und Scharren aufhörte. Sein Blick ging von dem
Knaben zu dem Wasser und zurück. Er wieherte, bäumte sich halb, drehte sich um
und lief in gestrecktem Galopp zu der Stelle,
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