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Blindlings

Blindlings

Titel: Blindlings
Autoren: Desmond Bagley
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wieder pulsieren. Ich mußte handeln. Mein Handeln bestand aus Reden und nochmals Reden, so schnell ich konnte. Ich drehte den Kopf und wandte mich an Cooke. Ich mußte unbedingt seine Aufmerksamkeit auf mich lenken, damit er gar nicht erst auf den Gedanken kam, zu Elin hinüberzusehen. »Können Sie ihn nicht stoppen?«
    flehte ich.
    »Sie können ihn stoppen. Sie brauchen ihm nur zu sagen, was wir wissen wollen.«
    »Ich weiß nichts«, behauptete ich. »Sie bringen mich ja sowieso um.«
    »Aber sanfter. Schnell und schmerzlos.« Wieder schaute ich Kennikin an und sah hinter seinem Rücken, daß Elin jetzt die Pistole herausgezogen hatte. Sie hantierte damit herum, und ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel, daß sie sich an meine Anweisungen erinnerte.
    »Vaslav«, flehte ich, »Sie können das einem alten Kumpel nicht antun. Sie nicht.«
    Seine Pistole war auf meinen Bauch gerichtet und senkte sich dann noch tiefer. »Sie können ganz leicht erraten, wohin die erste Kugel trifft.« Seine Stimme war von tödlicher Gelassenheit. »Ich folge lediglich Cookes Anordnungen – und meiner eigenen Neigung.« »Raus mit der Sprache«, drängte Cooke und beugte sich vor.
    Ich hörte das metallische Klicken, als Elin durchlud.
    Kennikin schien es auch zu hören und wollte sich umdrehen.
    Elin umklammerte die Pistole mit beiden Händen und hielt sie auf Armeslänge von sich weg. Als Kennikin sich bewegte, schoß sie - und schoß immer weiter. Deutlich hörte ich den Einschlag des ersten Geschosses in Kennikins Rücken. Seine Hand krampfte sich um die Pistole, die unmittelbar vor meinem Gesicht losging. Die Kugel bohrte sich dicht neben meinem Ellbogen in die Armlehne meines Stuhls. Jetzt kam ich in Schwung. Mit einem Hechtsprung warf ich mich auf Cooke und rammte ihm den Kopf in den Bauch. Mein Schädel war härter als sein Wanst. Er klappte zusammen und blieb keuchend auf dem Boden liegen. Ich rollte zur Seite und merkte, daß Elin noch immer feuerte. Die Geschosse spritzten nur so durch das Zimmer. »Hör auf!« schrie ich.
    Ich hob Cookes Erbsenkanone auf und erwischte Elins Handgelenk. »Um Himmels willen, mach Schluß!« Ich glaube, sie hatte einfach das ganze Magazin leergeschossen. Die Wand ihr gegenüber sah aus, als sei sie von Pockennarben übersät.
    Kennikin lag auf dem Rücken vor dem Stuhl, auf dem ich gesessen hatte. Seine Augen starrten blicklos zur Decke. Elin hatte ihn noch zwei weitere Male getroffen, was mich nicht überraschte. Sie hatte aus knapp zwei Meter Entfernung auf ihn gezielt. Genaugenommen konnte ich von Glück reden, daß sie nicht auch mich mit einer Kugel bedacht hatte. In Kennikins Stirn war ein gezackter roter Fleck, der bewies, daß er noch genügend Lebenskraft besessen hatte, sich umzudrehen und zu versuchen zurückzuschießen. Eine weitere Kugel hatte ihm die untere Gesichtshälfte weggerissen.
    Er war mausetot.
    Ich konnte jetzt nicht darüber nachsinnen, daß wir offensichtlich mitten im Leben vom Tod umfangen sind, sondern zerrte Elin hinter mir her zur Tür. Die Burschen draußen hatten möglicherweise schon mit einem Schuß gerechnet, vor allem nach Cookes kleiner Demonstration, aber das Geknatter, das Elin veranstaltet hatte, mußte sie zu Nachforschungen veranlassen, die ich sofort im Keim ersticken mußte.
    An der Tür ließ ich Elins Handgelenk los und nahm die Pistole, die ich bisher in meiner verletzten Rechten gehalten hatte, in die linke Hand. Mit einem Loch in der Hand konnte ich unmöglich schießen, nicht einmal mit einer Waffe, die so wenig Rückschlag hatte wie die von Cooke. Schon unter den günstigsten Umständen bin ich ein miserabler Pistolenschütze, aber wenn ich dabei allein auf meine Linke angewiesen bin, ist es nahezu aussichtslos. Doch Gott sei Dank fragt der Mann, auf den man anlegt, nicht erst nach dem Waffenschein, bevor er sich duckt.
    Ich warf einen Blick auf Elin. Ganz offensichtlich war sie in einem Zustand des Schocks. Niemand erschießt so mir nichts dir nichts einen Menschen, ohne innerlich aufgewühlt zu werden - besonders beim ersten Mal - und besonders, wenn man eine Frau ist.
    So scharf wie möglich sagte ich: »Du tust jetzt genau das, was ich dir sage. Du folgst mir nach draußen und dann rennst du los, so schnell du kannst.« Sie unterdrückte ein Schluchzen und nickte atemlos. Ich ging schießend durch die Haustür.
    Irgend jemand ballerte noch aus dem Innern des Hauses auf uns, und eine Kugel fuhr dicht neben meinem Ohr in den Türrahmen.
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