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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel
Autoren: Ursula Poznanski
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zutage. «Hier. Das sind die Anmeldungen.»
    Beatrice sah sie durch. Kein Gerald Pallauf.
    «Vermissen Sie einen von Ihren Campern?», erkundigte sie sich. «Ist jemand überhastet abgereist oder von einem Spaziergang nicht zurückgekommen?»
    «Nein.»
    Beatrice bezweifelte, dass die kettenrauchende Nichtraucherin das Kommen und Gehen ihrer Gäste zuverlässig im Blick hatte, aber gut.
    «Ich werde Sie später bitten, sich die beiden Opfer anzusehen, wir müssen wissen, ob Sie Ihnen schon einmal begegnet sind.»
    Wieder legte die Frau eine Hand vor den Mund. «Das kann ich nicht», drang es gedämpft dahinter hervor.
    «Dann werden wir Ihnen Fotos zeigen. Die Anmeldungen können wir mitnehmen, ja? Danke für Ihre Hilfe.»

    Die beiden jungen Männer saßen auf einer Picknickdecke vor zwei kleinen Kuppelzelten, jeder eine Flasche Bier in der Hand. Einer hatte den Arm um die Schultern seiner Freundin gelegt, der andere die Knie bis zum Kinn gezogen. Er schaukelte immer wieder vor und zurück.
    Der hier wird heute Nacht Albträume haben, dachte Beatrice.
    «Hat jemand von Ihnen die Toten gekannt? Oder sie schon einmal hier auf dem Platz gesehen?»
    Einhelliges Kopfschütteln. Das Mädchen hatte ihr Gesicht an der Brust ihres Freundes verborgen und sah nun auf.
    «Wir dürfen nicht abreisen, haben Sie gesagt.» Sie strich sich eine Haarsträhne zur Seite. «Aber ich kann doch hier nicht bleiben. Ich sterbe vor Angst. Es gibt Mörder, die besonders gern Paare umbringen, und wenn das so einer war … ich werde kein Auge zutun.»
    «Heute Nacht wird Polizei hier sein. Aber wir bringen Sie gerne auch anderswo unter.»
    Sie organisierten neue Bleiben für die Ängstlichen und befragten dann die übrigen Camper, einen nach dem anderen. Der Platz war nicht groß, trotzdem dauerte es bis nach Mitternacht. Keiner hier hatte ein Paar gesehen, das den Toten ähnelte. Und keiner kannte einen Gerald Pallauf.

    Sie schob den Schlüssel millimeterweise ins Schloss und drehte ihn lautlos nach links. Geschafft. Das kurze Klacken, das beim Lösen der Verriegelung entstand, konnte niemanden aufgeweckt haben.
    Beatrice schlüpfte aus ihren Schuhen und schlich über den Flur. Fast ein Uhr, Achim war sicher schon eingeschlafen. Entweder in dem Ohrensessel im Kinderzimmer, den Mina den «Geschichtensessel» getauft hatte, oder auf der Wohnzimmercouch. Beides war in Ordnung, an beiden musste sie nicht vorbei, um in ihr Schlafzimmer zu gelangen. Durch den Spalt unterhalb der Wohnzimmertür drang gedämpftes Licht. Wahrscheinlich war auch der Fernseher noch an, und Achim war bei den Spätnachrichten eingeschlafen. Egal. Hauptsache, sie liefen sich heute nicht mehr über den Weg. In etwas mehr als fünf Stunden musste Beatrice wieder aufstehen, allein der Gedanke daran ließ ihren Körper ganz schwer werden vor Müdigkeit. Und wenn sie müde war, war sie gereizt.
    Mit der gleichen Behutsamkeit wie vorhin öffnete sie die Schlafzimmertür und schloss sie hinter sich. Geschafft. Nur noch aus den Kleidern schlüpfen und unter die Decke. Sie würde schnell einschlafen und nicht träumen, das fühlte sie, und das war …
    «Bea?»
    Sie schrak hoch, musste bereits eingedöst gewesen sein. Ihr Puls jagte. «Herrgott, Achim.»
    «Wieso schleichst du dich in deine eigene Wohnung wie eine Einbrecherin?»
    «Warum wohl? Um euch nicht zu wecken, natürlich.» Ja, das hatte gereizt geklungen. Verdammt. Achim verschränkte die Arme vor der Brust. Sie beeilte sich, seiner beleidigten Replik zuvorzukommen.
    «Entschuldige bitte. Ich habe mich nur erschrocken, und es gab einen schauderhaften Fund heute. Zwei junge Leute, sicher noch keine dreißig.»
    «Mhm.»
    Sie wusste, was sich hinter seiner hohen Stirn abspielte. Du müsstest das nicht tun, du könntest es so einfach haben, es ist deine Entscheidung …
    «Willst du gar nicht wissen, wie es heute Abend mit den Kindern lief?»
    «Doch, natürlich.»
    «Warum bist du dann nicht zu mir ins Wohnzimmer gekommen und hast gefragt?»
    Auf dieses Spiel würde sie sich nicht einlassen. «Wäre etwas schiefgegangen, hättest du mich angerufen. Also war alles okay, und der Bericht konnte bis zum Frühstück warten.» Beatrice zwang sich ein Lächeln ab. «Nicht wahr?»
    Er kräuselte seine Lippen. «Ausgezeichnet, Frau Kommissarin. Dann gehe ich wieder zurück auf meine durchgesessene Couch. Gute Nacht.»
    Ohne ihre Antwort abzuwarten, drehte er sich um und schloss die Tür hinter sich, eine Spur lauter als
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