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Blinde Seele: Thriller (German Edition)

Blinde Seele: Thriller (German Edition)

Titel: Blinde Seele: Thriller (German Edition)
Autoren: Hilary Norman
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Confiserie unten roch es himmlisch, und Grace nahm sich vor, so viele von den süßen Köstlichkeiten mit nach Hause zu nehmen, wie sie nur konnte. Sie stieg die Treppe hinauf und betrat ein geräumiges, altmodisches Restaurant, wo erkennbar gut betuchte Einheimische und Touristen auf Tische warteten. Grace hatte Glück und entdeckte einen kleinen freien Fensterplatz.
    Sie bestellte, lehnte sich zurück und wartete auf ihr Schokoladeneis, das in einer milchig silbernen Flöte mit Schlagsahne serviert wurde. Es schmeckte köstlich.
    Wenn ich in Zürich leben würde, dachte sie, wäre ich in kurzer Zeit fett.
    Sie stellte sich vor, ihre Familie säße jetzt hier, an mehreren zusammengeschobenen Tischen. Cathy, ihre Adoptivtochter, die am College für kulinarische Künste der Johnson-&-Wales-Universität studierte, würde voller Begeisterung aus den Köstlichkeiten hinter der Theke auswählen, wo Kunden geduldig Schlange standen, und …
    »Gefällt es Ihnen hier?«
    Grace brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass der Mann am Nebentisch sie ansprach.
    »Bitte?«, fragte sie.
    »Sie sind aus den Staaten, habe ich recht?«, erkundigte sich der Mann.
    Er war nicht älter als dreißig, mit gewelltem braunem Haar und blauen Augen hinter einer modischen randlosen Brille. Sein Lächeln war freundlich und natürlich, und er sprach mit französischem Akzent.
    »Ja, ich komme aus den USA«, antwortete Grace.
    »Sie haben so bedrückt ausgesehen«, sagte er. »Ich wollte nur sichergehen, dass es Ihnen gut geht. Ich wollte nicht aufdringlich sein.«
    Grace lächelte. »Es geht mir bestens, danke.« Sie blickte auf die Reste ihres Eisbechers. »Die Leckereien hier sind wirklich so köstlich, wie man mir gesagt hat.«
    »Ja, die Schweizer Küche ist ausgezeichnet, und in Zürich wimmelt es geradezu von guten Restaurants.«
    Die Kellnerin brachte dem jungen Mann ein kleines Glas, in dem sich eisgekühlter Weißwein befand. »Sind Sie mit Ihrem Mann hier?«, erkundigte er sich.
    Grace zögerte kurz und blickte in seine Augen. Wollte er mit ihr flirten? »Ich bin zu einer Konferenz hier«, antwortete sie schließlich und fragte sich im selben Moment, warum sie ihm das erzählt hatte. Warum hatte sie nicht einfach gelogen und gesagt, ihr Mann sei mit ihr in Zürich?
    Die Rechnung lag auf ihrem Tisch. Grace nahm sie in die Hand und schaute sich suchend um.
    »Man zahlt drüben an der Theke«, sagte der junge Mann.
    »Danke.« Grace erhob sich. »Nett von Ihnen, dass Sie sich um mich gesorgt haben.«
    »Es war nicht so sehr Besorgnis.«
    Er erhob sich ebenfalls. Im ersten Moment dachte Grace, er wollte mit ihr zusammen gehen und sie müsste deutlicher werden; dann aber hielt er ihr nur die rechte Hand hin. Grace ergriff sie und spürte seinen kalten, festen Griff.
    »Ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt in Zürich«, sagte er und nahm wieder Platz.
    Vermutlich wartet er auf seine Freundin, sagte sich Grace, während sie in einer kurzen Schlange an der Kasse anstand. An einer Frau wie ihr, die mindestens zehn Jahre älter war, hatte er bestimmt kein Interesse. Es war dumm von ihr, so etwas auch nur zu denken.
    Sie bezahlte, ging wieder hinunter ins Erdgeschoss und kaufte sich eine Tüte dunkle Schokoladentrüffel.
    Ideal zum Knabbern im Hotelzimmer, wenn sie ihren Konferenzvortrag einübte.

9.
    Es waren wundervolle Klänge, die Sam Beckets Ohren, seinen Geist und seine Seele erfüllten.
    Es tat ihm gut, wieder hier zu sein.
    Grace hatte ihn mit sanftem Nachdruck dazu gebracht, wieder in der South Beach Opera zu singen. Die Sänger waren Amateure, aber eine tolle Truppe von Leuten, die Sam größtenteils seit Jahren kannte.
    »Es ist genau das, was du brauchst«, hatte Grace ihm kurz nach Neujahr gesagt, nach einem stressigen Jahr voller Nackenschläge und Enttäuschungen.
    Sie hatte recht gehabt. Es tat Sam gut, wieder zu singen, seiner tiefen Stimme freien Lauf zu lassen, Stimmübungen zu machen, das Libretto zu lernen und den anderen zuzuhören. Einige waren ihm überlegen, andere waren nicht ganz so gut, aber allen gemeinsam war die Begeisterung.
    An diesem Abend probten sie Georges Bizets Carmen . Sam war für die Rolle des Escamillo ausgewählt worden, des Matadoren – eine Tonne Stolz und das Torerolied und seine eigene Kampfszene. Was konnte ein Amateur-Bariton und Mordermittler sich mehr wünschen?
    Nach der Probe versammelte sich die Truppe im Garten von Tyler Allens Haus in Coconut Grove. Tyler war der Choreograf
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