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Blinde Seele: Thriller (German Edition)

Blinde Seele: Thriller (German Edition)

Titel: Blinde Seele: Thriller (German Edition)
Autoren: Hilary Norman
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war es auf der Probe?«
    »Zuerst dein Tag«, sagte Sam.
    »Ist ganz gut gelaufen. Am Vormittag eine interessante Sitzung über elterliche Erziehung, am Nachmittag eine ziemlich heftige Diskussion über schwere Depressionen bei Jugendlichen.«
    »Genau dein Gebiet«, sagte Sam. »Wie war’s?«
    »Ich habe einen Beitrag geleistet«, erwiderte Grace.
    »Und wie hat sich das angefühlt?« Er lächelte, während er sie sich auf dem Podium vorstellte.
    »Gut. Anregend. Aber jetzt erzähl du. Wie geht es dir?«
    »Ich fühle mich ziemlich ramponiert.«
    »Vom Boxtraining?«
    »Ja. Jack Holden bringt vielleicht weniger auf die Waage als ich, aber ein Leichtgewicht ist er nicht, das kann ich dir sagen. Hat ganz schön Dampf in den Fäusten.«
    »Bestell ihm von mir, wenn er dir noch mal wehtut, steig ich mit ihm in den Ring«, sagte Grace.
    Sam lachte. »Der arme Jack!«
    Und dann sagten sie sich beide, wie sehr sie einander vermissten.
    Beide wussten, dass es stimmte.
    Und beiden gefiel es.

13.
    »Grauer Star ist eine Allerweltsgeschichte. Das ist nicht der Rede wert«, sagte David.
    »Nur dass man blind davon wird«, sagte Mildred.
    »Wenn er unbehandelt bleibt.«
    Auf der kurzen Fahrt nach Hause war Mildred sehr still gewesen. Sie hatte sich von David beim Ein- und Aussteigen helfen lassen, weil ihr Blick von den Tropfen noch immer verschwommen war. Dann hatte sie dagesessen und sich düsteren Gedanken darüber hingegeben, wie viel schlimmer es vielleicht noch kommen würde, wenn sie nicht endlich tat, was man ihr sagte.
    Aber das war für Mildred nicht so einfach. Sie hatte sich noch nie gern etwas sagen lassen.
    David hatte gewartet, bis sie wieder zu Hause in ihrem gemütlichen Wohnzimmer saßen, in dem sich seit den Zeiten seiner verstorbenen Frau Judy kaum etwas verändert hatte. Zwar hatte er Mildred ermuntert, Veränderungen in ihrem Sinne vorzunehmen, aber sie hatte sich darauf beschränkt, ein paar neue Kissen anzuschaffen und ihre Vorliebe für ein Gemälde von South Beach zu äußern, das David prompt für sie gekauft hatte. Ansonsten war das Zimmer nahezu unverändert.
    »Ich will ja nichts kleinreden«, sagte David nun, »aber ich bin erleichtert.«
    »Du hast gedacht, es wäre schlimmer, nicht wahr?« Mildred wurde von plötzlichen Schuldgefühlen geplagt. »Du hattest Angst um mich. Tut mir leid, David. Es war egoistisch von mir.«
    » Ich hatte keine Angst«, erwiderte David. »Aber du. Und das ist dein gutes Recht. Und ich weiß, dass du dich immer noch fürchtest, aber glaub mir, es wird alles gut. Der Eingriff ist ein Klacks. Wenn du ihn hinter dir hast, hast du Augen wie ein Adler.«
    »Ich weiß ja, dass du recht hast. Und normalerweise bin ich ja auch kein Angsthase, sondern eine Frau mit gesundem Menschenverstand. Aber wenn ich zu diesem Augenchirurgen gehe, musst du mir ein Beruhigungsmittel geben.« Ihre Stimme schwankte ein wenig. »Und wenn ich an die Operation denke …«
    »Du bist ja doch ein Angsthase.« David lachte. »Von der Operation wirst du gar nichts mitbekommen.«
    »Aber Dr. Sutter hat gesagt, die meisten Leute würden den grauen Star unter örtlicher Betäubung operieren lassen.«
    »Er hat aber auch gesagt, dass sich viele Patienten für eine Vollnarkose entscheiden. Und in deinem Fall wüsste ich keinen Grund, weshalb du ein Martyrium über dich ergehen lassen solltest, das nicht unbedingt sein muss.«
    Mildred schaute ihn an. Sie sah noch immer verschwommen von den Tropfen.
    »Ich bin trotzdem ein Feigling ersten Ranges«, murmelte sie.
    »Niemand ist perfekt«, sagte David. »Nicht einmal ich.«

14.
    Das Wartezimmer war fast voll – durchaus üblich in einer gut besuchten Gemeinschaftspraxis verschiedener Ärzte in Miami Beach. Patienten mit Halsschmerzen oder Asthma oder gynäkologischen Problemen oder einem Sonnenbrand oder sonst irgendwelchen Beschwerden warteten darauf, von ihren jeweiligen Ärzten aufgerufen zu werden.
    Ein paar Frauen blätterten in alten Ausgaben von Elle, Good Housekeeping und Reader’s Digest . Ein hagerer Mann um die dreißig, ganz in Schwarz gekleidet, schien in ein GQ -Heft vertieft zu sein. Eine sehbehinderte Frau mit dunkler Brille und einem Gehstock steckte sich ein grünes Tic Tac in den Mund. Neben ihr hörte eine Frau über winzige Kopfhörer bei geschlossenen Augen Musik. Ein Mann mit schlecht gefärbtem blondem Haar las irgendetwas auf seinem iPad. Eine weitere Frau mit einer roten Rita-Hayworth-Retrofrisur starrte ins Nichts. Ein
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