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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut
Autoren: J Thompson
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Herbie, Schätzchen …«
    »Ich möchte, dass du eins weißt, Carol«, sagte ich. »Du hast ein Recht darauf, es zu wissen, jetzt in diesem Augenblick, denn das Leben ist so schnell vorbei, Carol, und dieser Augenblick wird nie wieder kommen … du solltest, du musst wissen, was ich für dich empfinde. Was ich tatsächlich empfinde, etwas, das ich dir bisher nie sagen konnte, mir selbst nie eingestanden hätte, bis jetzt …«
    Ich hielt inne, meine Hände wanderten an ihren Hals. Waren bereit, sich zu schließen und zuzudrücken.
    Ich habe kräftige Hände. Es würde sehr schnell vorbei sein. All diese Anmut, all das, was ich liebte, für immer vorbei.
    »Ja, H-Herbie?« Ihre Augen waren braunes Feuer. »Sag es, Liebling!«
    Ich liebe dich, Carol, sagte ich stumm. Vom ersten Augenblick an, als ich dich sah, als Kind, liebte ich dich. Denn du selbst warst kaum mehr als ein Kind. Und nun liebe ich dich als Mann. Lägen die Dinge anders, dann würde ich nicht mehr vom Leben verlangen, als dich zu heiraten. Für mich könnte es keine andere geben außer dir; und wenn es Böses in dir gibt, dann weil ich es dort eingepflanzt habe, und da ich sein Urheber bin, könnte ich es auch genauso einfach wieder entfernen. Für mich bist du die ewige Wahrheit – die liebenswürdige, anspruchslose, unprätentiöse Frau, die ihre Freude darin findet, dem Mann Freude zu schenken. Für mich bist du die alleinige Wirklichkeit, der einzige Grund, zu existieren. Ich sterbe ein wenig, jedes Mal, wenn ich dir wehtue, und es wird mich umbringen, dich zu töten. Und …
    Ich konnte sie nicht umbringen. Sie umzubringen gehörte nicht zum Plan.
    DAS ASHLEY-INSTITUT FÜR HOCHBEGABTE
    Es stand genau in der Mitte der Stadt (erklärte ich), doch nur selten kam jemand in seine Nähe, der nicht unbedingt dorthin musste. Zahlreiche üble Gerüchte kreisten um das Institut, und es herrschte die allgemeine Ansicht, dass es sich um einen geheimen Ort der Teufelsanbetung handelte. Seit Jahren schon gab es hartnäckige Bestrebungen, das Gebäude abreißen zu lassen und das Grundstück als Parkplatz zu verwenden.
    Über die Höhe des Institutsturms ließ sich nur spekulieren, da einem beim Versuch, ihn zu messen, unweigerlich schwindlig wurde. Angeblich bestand er aus massivem Elfenbein, das Grundgeschoss des Gebäudes wiederum aus spiegelndem Asphalt mit scharfen Glassplittern darin. Der Turm wurde von Tausenden von Trotteln, Zauberern, Schamanen, Päderasten, Onanisten, Lesben, Schwulen, Kommunisten, Faschisten, Integrationisten, Faulenzern und anderen verdächtig gelehrten Männern und Frauen bewohnt, deren patriotische Gesinnung zweifelhaft war. Das Erdgeschoss, in dem die Klassenzimmer lagen, war übervölkert von Schwächlingen und Schwachköpfen, von denen keiner je Football gespielt, einen Majorettenstab gewirbelt oder einen Lehrer geschlagen hatte. Man näherte sich dem Gebäude über eine lange, steile Treppe – so schwer zu erklimmen, dass schon hier viele scheiterten. Gleich nach Betreten des Gebäudes konnte man zwischen einer steilen, glitschigen und einer einladend abwärtsgebogenen Rampe wählen. Allerdings durfte man sich unter keinen Umständen für Letztere entscheiden. Wenn doch, dann fand man sich in einem mechanischen Labyrinth wieder, das einen grausam schüttelte und durchwirbelte, bis man die Sinne verlor, nur um dann auf dem Müllhaufen zu landen – ein Schicksal, dem man normalerweise bis zum letzten Examen entging.
    Statuen unterschiedlichster Art bewachten die vier Eingänge zum Institut. An einem davon stand eine Kopie des Kolosses von Rhodos, der so unglaublich schnell und treffsicher im Umgang mit seiner automatischen Keule war, dass er so manchen Schüler trepaniert und zahlreichen anderen grobe Kolotomien verpasst hatte. Am zweiten Eingang stand ein bronzener Herkules, der sich für das Ausmisten des Augiasstalls bis zur Taille entblößt hatte und mit einer Schaufel ausgestattet war, die sich unablässig mit Pferdemist füllte, den er den weniger Schnellen hinterherwarf. Der dritte Eingang war flankiert von Glaube, Hoffnung und Wohltätigkeit, die, raffiniert mit Rohren versehen, als Springbrunnen dienten; sie kauerten dort nieder mit hochgerafften Röcken und gaben einen verlockenden Strom täuschend echt wirkenden Champagners von sich, der bei Kontakt nicht nur Löcher in die dickste Kleidung ätzte, sondern auch noch auf ewig stank. Der vierte und letzte Eingang wurde von einer furchterregenden Statue der Medusa
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