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Bleib ungezaehmt mein Herz

Titel: Bleib ungezaehmt mein Herz
Autoren: Jane Feather
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er solle sie bei Lady Barret entschuldigen, aber Agnes stürmte gleich hinter dem Butler herein. Ihr Gesicht war fast so blaß wie Judiths.
    »Lady Barret.« Judith verbeugte sich, hörte, wie dünn ihre eigene Stimme klang. »Wie freundlich von Ihnen, mich zu besuchen. Noch eine Tasse, Gregson.«
    »Nein, ich möchte keinen Kaffee, danke«, sagte Agnes. Sie erwiderte Judiths Verbeugung nicht, sondern marschierte im Zimmer auf und ab, während sie darauf wartete, daß Gregson mit dem Einschenken des Kaffees fertig wurde.
    Als sich die Tür hinter dem Butler schloß, fuhr Agnes mit einem Ruck zu ihrer Tochter herum. Ihre Augen brannten in ihrem Gesicht, wo zwei Flecken von Rouge in heftigem Kontrast zu ihrer Blässe abstachen. »Die Schonzeit ist vorbei, Judith. Legen wir die Samthandschuhe ab. Ich weiß zwar nicht, wie Sie es gemacht haben, aber ich weiß, was Sie und Ihr Bruder letzte Nacht getan haben.«
    »Oh?« Judith zwang sich zur Ruhe und hob ironisch eine Augenbraue. »Und was war das?«
    »Irgendwie haben Sie Gracemere betrogen.« Agnes' Stimme bebte, und ihre Blässe trat jetzt noch deutlicher hervor. Sie verflocht die Finger fest miteinander, um das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken. »Sie und Ihr Bruder haben ihn ruiniert!« Ihre Stimme war ein leises Zischen, und sie kam drohend auf Judith zu, die unwillkürlich einen
    Schritt zurückwich, vor der Kraft dieses rachsüchtigen Zorns floh.
    »Er hätte meinen Bruder ruiniert, so wie er unseren Vater ruinierte«, sagte Judith mit einem Zittern in der Stimme. Es hatte keinen Sinn, die Wahrheit vor dieser Frau zu leugnen, die sowieso schon alles zu wissen schien. Ihre Hände fuhren in einer unbewußten Geste durch die Luft, als könnte sie den Schleier des Bösen, der von Agnes ausging und der sie zu umhüllen schien, damit zerreißen.
    Agnes lachte schrill. »Im Gegensatz zu Ihnen und Ihrem Bruder war Ihr Vater ein schwächlicher Narr. Er konnte sich nicht im geringsten gegen andere behaupten ... hatte nicht die Gabe, das zusammenzuhalten, was ihm zustand.«
    Judith starrte die Frau an. Trotz ihrer Wut und ihrer Angst erkannte sie die Wahrheit dessen, was Agnes sagte. Aber sie hatte schon immer angenommen, daß die Armut und das Leben im Exil Georges Willenskraft und seine Stabilität untergraben hatten. Agnes deutete an, daß diese Eigenschaften früheren Ursprungs waren. »Was wissen Sie denn schon von meinem Vater?« fragte Judith schroff. »Was können Sie denn schon von dem Leben wissen, das er geführt hat?«
    Wieder lachte Agnes, und Judith wandte sich angewidert von ihr ab. »Verlassen Sie mein Haus, Lady Barret.«
    »Ich gehe, wenn ich das gesagt habe, was zu sagen ich mir vorgenommen habe, Judith.« Ihre Stimme sank zu einem rauhen Flüstern ab, doch jedes Wort klang glockenhell und überdeutlich in der Stille des Raums. »Sie werden für Ihre Tat bezahlen... Sie und Ihr Bruder.«
    »Oh, ich bin schon dabei zu zahlen«, erwiderte Judith leise, fast mehr zu sich selbst. Dann gewann ihre Stimme wieder an Festigkeit. »Aber mein Bruder kann sich jetzt seines Geburtsrechts erfreuen. Sebastian wird sein Glück jetzt mit beiden Händen greifen. Sein Glück und sein rechtmäßiger Platz in der Welt sind gesichert.«
    »Er wird zahlen«, gab Agnes mit einer eisigen Sicherheit zurück, die Judith erneut einen Schauder über den Rücken laufen ließ.
    Judith fiel nichts ein, was sie hätte sagen können, um die drohende Gefahr im Raum zu bannen, und als Gregson die Tür öffnete, wandte sie sich mit blinder Erleichterung über diese Ablenkung um.
    »Lady Devlin, Lady Isobel Henley und Mrs. Forsythe.«
    »Judith, es ist das Stadtgespräch!« rief Isobel, in einer Wolke von Musselin ins Zimmer rauschend. »Dein Bruder hat den Earl of Gracemere als Betrüger entlarvt!«
    »Ich bin schon vor Mitternacht nach Hause gegangen«, warf Cornelia ein. Sie stolperte über die Teppichkante, fing sich jedoch gerade noch rechtzeitig. »Aber Forsythe hat beim Frühstück ununterbrochen davon geredet. Er sagte, Gracemere würde sich nie wieder in der Gesellschaft blicken lassen können... oh, ich bitte um Verzeihung, Lady Barret. Ich habe Sie gar nicht dort stehen sehen.«
    Unter Judiths ungläubigem Blick ging eine komplette Wandlung mit Agnes vor sich. Die eisige Kälte verschwand aus ihren Augen, ihre Wangen nahmen wieder eine halbwegs normale Farbe an, ihre Stimme klang plötzlich wieder so heiter und nonchalant wie immer. »Wie Lady Isobel schon sagte, die ganze
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