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Bleib ungezaehmt mein Herz

Titel: Bleib ungezaehmt mein Herz
Autoren: Jane Feather
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starrte das Mädchen an. »Aber sie ist doch schon vor einer Ewigkeit nach Hause gegangen.« Es waren kaum zehn Minuten Fußweg vom Berkeley Square zur Brook Street. »Oh, aber sie sagte, sie hätte Verschiedenes für Lady Moreton zu erledigen. Ich nehme an, ihre Besorgungen halten sie so lange auf.«
    »O nein, Mylady«, stellte das Mädchen richtig. »Miss Harriet hat den Lakaien schon mit dem Tonikum Ihrer Ladyschaft nach Hause geschickt.«
    »Ich glaube, Sie kommen lieber herein«, sagte Judith, und das Mädchen folgte ihr ins Haus.
    »Gregson, haben Sie Miss Moreton vorhin gehen sehen?«
    »Ja, Mylady. Sie ging in Begleitung von Lady Barret.«
    Judith fühlte, wie alles Blut aus ihrem Gesicht wich. Harriet ... mit Agnes. Sie sah wieder diese gelbbraunen Augen, von einem bösartigen Glitzern erfüllt, hörte wieder die gezischten Drohungen.
    Sie dachte an Harriet, das perfekte Mittel, um Rache an Sebastian zu üben.
    »Sagen Sie Ihrer Herrin, daß Miss Moreton mit Lady Barret gegangen ist. Ich bin sicher, sie wird bald wieder zu Hause sein«, wies sie die Zofe an. »Gregson, schicken Sie jemanden los, um Seine Lordschaft zu finden.« Judiths Stimme klang entschieden und klar, ließ keinen Hinweis auf die panische Angst erkennen, die sie fühlte. »Am besten, Sie schicken so viele Leute wie nötig los. Seine Lordschaft ist vielleicht in einem seiner Clubs... oder in Jackson's Saloon... oder auch im Haus eines seiner Freunde. Aber er muß sofort gefunden werden.«
    »Wollen Sie ihm etwas ausrichten lassen, Mylady?«
    »Nur, daß er unverzüglich zu Hause gebraucht wird.«
    Judith ging in ihr Wohnzimmer hinauf. In der Privatsphäre ihres Zimmers marschierte sie unruhig auf und ab, kämpfte gegen das Gefühl völliger Hilflosigkeit an. Was würden sie mit Harriet anstellen? Marcus kannte Gracemeres finsteres Seelenleben, er würde vielleicht eine Vorstellung von dem haben, was Gracemere beabsichtigte. Sie war viel zu aufgeregt, um sich Sorgen zu machen, wie sie ihm nach der schrecklichen Szene gestern nacht gegenübertreten sollte; es wäre ihr auch nie in den Sinn gekommen, daß ihr Mann seine Hilfe verweigern könnte. Nein, das würde er nicht tun, egal, wie angewidert er von Judith und ihrem Bruder war. Marcus war nicht rachsüchtig und nachtragend. Sie widerstand nur mit großer Mühe dem Drang, Sebastian eine Nachricht zu schicken. Was konnte er schon tun, außer sich ihrer ohnmächtigen Furcht anzuschließen?
    Marcus war in Jackson's Saloon, als einer der sechs Lakaien ihn aufspürte. Nackt bis zur Taille und schweißbedeckt versuchte er, seinen Kummer und seine Enttäuschung im wilden Kampf mit einem Punchingball auszutreiben.
    Er hatte eine ebenso schlaflose, traurige Nacht wie Judith verbracht, aber sein Schmerz hatte inzwischen etwas von seiner Schärfe verloren, und seine Vernunft begann sich wieder durchzusetzen und so etwas wie Licht in das Dunkel seiner Gedanken zu bringen. Er konnte Judiths Stimme jetzt klar und deutlich hören, wie sie ihn anflehte, er möge verstehen, wie übermächtig ihr Bedürfnis nach Rache gewesen war. Er kannte diese Macht. Es gab eine Zeit, da hatte auch er ihr gehorcht... in seinem Drang, sich an Gracemere zu rächen. Sein Haß und seine Wut hatten in ihrer Intensität genau den Gefühlen entsprochen, die Judith und Sebastian zum Handeln getrieben hatten. Und dennoch konnte Marcus sich nicht mit dem Wissen abfinden, daß er benutzt worden war. Wenn Judith ihn doch nur ins Vertrauen gezogen hätte...
    Aber wie sollte sie denn? Er hätte sie an der Ausführung ihres Plans gehindert. Egal, wieviel Mitgefühl er für die Situation ihres Bruders, für den Ruin ihres Vaters aufgebracht hätte, er würde Judith niemals erlaubt haben, das zu tun, was sie getan hatte. Und die Zerstörung von Bernard Melville, Earl von Gracemere, war das zentrale Thema in Judiths Leben gewesen. Bis dieses Werk vollbracht war, hatte alles andere zurückstehen müssen... auch ihr Ehemann. Hatte er, Marcus, denn das Recht zu glauben, sie hätte dem mächtigsten Befehl in ihrem Leben - und im Leben ihres Bruders - nicht folgen dürfen, nur weil er auf der Bildfläche erschienen war? Das Band, das sie mit ihrem Bruder verband, war zu komplex, zu stark, als daß simple Leidenschaft... Lust und eine langsam keimende Liebe es hätten zerschneiden können.
    Er konnte nicht gutheißen, was Judith getan hatte, aber er verstand es. Und aus Verständnis konnte Billigung erwachsen...
    »Mylord, einer Ihrer Männer
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