Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben
Autoren: Heike Dorsch
Vom Netzwerk:
ich nun meinerseits eine Diplomarbeit zu schreiben hatte und flexibel
war, entschied ich mich ebenfalls für die Hansestadt.
    Â»Wie wollen wir wohnen, wenn ich nach Hamburg ziehe?«, fragte ich
Stefan.
    Da er jetzt ein Gehalt bezog, entschied er: »Wir nehmen uns eine
Wohnung.«
    Zum ersten Mal hatten wir Platz, aber unsere neue Bleibe lag in
Norderstedt, am Rande der Stadt. Ein völliger Fehlgriff. Es war der falsche
Ort, die falsche Wohnung, die falschen Nachbarn, Typ Cluburlauber. Hinzu kam:
Stefan war als Unternehmensberater ständig unterwegs, fünf Tage die Woche,
meistens in Frankreich, und ich saß in Norderstedt herum, weit weg von Hamburgs
Innenstadt. Ich war 22, kannte niemanden in meiner Umgebung, war einsam. Aber
auch diese Zeit überstanden wir in dem Wissen, dass dies nur eine
Durchgangsstation zu einem ganz anderen Leben war.
    Kaum hielt ich mein Diplom in der Hand, kam auch schon ein
Traineeangebot von einem namhaften Einzelhandelsunternehmen in London. London!
Nicht mehr das spießige Norderstedt. Sofort sagte ich zu.
    Â»Aber wir haben doch gerade diese Wohnung hier eingerichtet«, sagte
Stefan leicht pikiert, als ich ihm klarmachte, dass wir bald wieder in
verschiedenen Ländern leben würden. Erst später schrieb er mir: »Du bist eine
Frau, die mir zeigt, dass nicht alles nach meiner Nase läuft, und ich bin
vielleicht das erste Mal in meinem Leben bereit, Kompromisse einzugehen.«
    Â»Du bist doch eh die meiste Zeit in Paris«, konterte ich. »Denk
daran, was wir gewinnen: Wir können zwischen diesen beiden Superstädten ständig
hin- und herpendeln.«
    Und genau das taten wir dann auch. Vorher löste Stefan die
Norderstedter Wohnung auf. Er war der Ansicht, dass er keine feste Bleibe
bräuchte, während der Arbeitstage würde er sowieso in Hotels übernachten, und
am Wochenende käme er zu mir nach London.
    An unseren gemeinsamen Wochenenden fuhren wir jetzt mit »Joshuaeii«
nach Südengland, und in den Ferien nach Schottland. Zwei Wochen hatten wir dort
nonstop Regen, aber das war uns egal.
    Während in den Nächten der Regen auf »Joshuaeii« prasselte,
kuschelten wir uns in die Schlafsäcke. Stefan hatte zwei organisiert, die man
mit einem Reißverschluss verknüpfen konnte, sodass man in einem einzigen großen
Schlafsack lag und er meine eiskalten Füße wärmen konnte.
    Am nächsten Morgen schien dann meist die Sonne. Trotzdem war es kalt
und das Wasser in den zahlreichen Seen noch viel kälter. Eines Morgens zog
Stefan sich aus uns lief ins Wasser. Ich streckte vorsichtig meinen Zeh hinein
und rief: »Ieeehh, viel zu kalt!«
    Â»Ich sage nur Patagonien«, bemerkte Stefan ironisch. »Wenn du da
entlangsegeln willst, musst du das aushalten können. Also rein mit dir.«
    Stefan schaffte es immer wieder, mich anzutreiben, mich an meine
Grenzen zu bringen. Dafür liebte ich ihn. Ich zog mich aus und nahm mich
zusammen. Ich wusch sogar meine Haare in diesem eiskalten See. Mein Kopf war
hinterher so kalt, dass es fast schon wehtat. Stefan schwamm zu mir und gab mir
einen Kuss.
    Â Â»Ich wusste doch, auf dich
ist Verlass. Patagonien oder Tropen. Zusammen schaffen wir alles.«
    Â»Willst du wirklich noch immer um die Welt segeln?«, fragte ich
Stefan an einem regnerischen Abend, eng lagen wir beieinander, durch die Moore
peitschte der Wind.
    Â»Klar«, sagte er. »Aber nur, wenn du mitkommst. Bist du noch dabei?«
    Â»Na klar!« Ich kuschelte mich näher an Stefan heran.
    Â Â»Wichtig ist der finanzielle
Grundstock. Wir brauchen gute Jobs, und natürlich müssen wir sparen. Einige
Weltumsegler leben von der Hand in den Mund, aber das ist nicht mein Ding.
Brauchen wir ein neues Segel oder einen neuen Motor, müssen wir uns das leisten
können. Und selbstverständlich muss das Boot unverwechselbar sein. Mit so einem
weißen Joghurtbecher zieh ich nicht los.«
    Stefans Augen leuchteten, er schien schon alles genau vor sich zu
sehen. »Joghurtbecher« waren für ihn jene Boote, die vor weißem Plastik nur so
strotzten.
    Â»Aber das heißt nicht, dass wir bis dahin überhaupt nicht mehr
verreisen können, oder?«
    Â»Ach was. Nur halt Low Budget. Wir können wie immer in günstigen
Hostels absteigen, es sei denn, du bist durch deinen neuen Job auf den
Geschmack gekommen, nur in Edelhotels abzusteigen und in Nobelrestaurants
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher