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Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben
Autoren: Heike Dorsch
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musste, aber alles möglich war.
    Einmal segelten wir ziemlich hoch am Wind. Stefan meinte nur, mit
einem eigenen Schiff würde man das nicht tun, weil es das Material zu sehr
beanspruchen würde. Aber wir genossen dieses abenteuerhafte Unternehmen voll
und ganz. Mit einer Sicherheitsleine gewappnet standen wir beide ganz vorne auf
dem Netz, eingehakt am Vorstag, dem Draht, der sich zwischen Bug und Mast
spannte. Ein Freund steuerte den Katamaran, und wir rockten die Wellen. Das
Schiff hob sich, dann sprang man in die Luft, und wenn der Katamaran wieder auf
das Meer aufknallte, landete man selber auf dem Netz; die Gischt spritzte nur
so. Es war für Sekunden ein freier Fall, total gigantisch. Stefan schrie vor
Begeisterung und sprang in die Luft, so hoch, dass ich dachte, er stürzt
vornüber ins Meer.
    Doch es passierten uns auch Missgeschicke. Eine Leine verhedderte
sich im Motor, und wir konnten nur einseitig den Motor starten. Schon trieben
wir auf Klippen zu. Stefan sprang sofort ins Wasser und versuchte, das Boot mit
beiden Händen abzuhalten, was ihm tatsächlich auch gelang. Einmal, bei hohem
Seegang, stand er hinter dem Steuer, von oben bis unten in Segelsachen
gekleidet. Ich dachte nur: Stefan und der Himmel, Stefan und das Meer. Sie
gehören zusammen. Nicht im Geringsten zweifelte ich daran, dass wir eines Tages
ein eigenes Boot haben und auf dem Globus ein Land nach dem anderen
kennenlernen würden.
    Kurz darauf kündigte ich meinen Job und meine Wohnung in Köln gleich
mit.
    Erneut brach ich meine Zelte ab. Als ich in Barcelona ankam, konnte
ich mit meinen rudimentären Spanischkenntnissen nicht viel anfangen, zu groß
war der Unterschied zwischen meinem Lehrbuchspanisch und dem Katalan der Einheimischen.
Eine Arbeit fand ich nicht, wie ich es insgeheim gehofft hatte. Wir holten
erneut »Joshuaeii« aus Deutschland, um die Region rund um Barcelona erkunden zu
können, doch eines Tages blieb unser alter VW -Bus
mitten auf einer riesigen Straßenkreuzung stehen. Inzwischen war er über und
über mit Blumen bemalt, ein echter Hippie-Bus eben. Ein reicher Katalane kaufte
ihn uns ab, für jede Blüte gab es hundert Peso. Er wollte mit dem Bus seinen Garten
schmücken, in einer der besten Wohngegenden Barcelonas. Ein schöneres Ende konnten
wir uns für unser knallgelbes Gefährt nicht vorstellen.
    Nachdem Stefans Projekt in Barcelona beendet war, kehrte er nach
Eindhoven zurück. Ich fand ebenfalls schnell wieder einen Job als
Produktmanagerin bei einem englischen Healthcare-Konzern in Hamburg, der unter
anderem ein berühmt-berüchtigtes Antipickelmittel vertrieb.
    Stefan und ich waren jetzt wieder das typische Double-income-no-kids -Paar.
Stefan reiste fast jedes Wochenende aus Eindhoven an und lebte mit mir in
meiner kleinen Hamburger Wohnung. Wir fuhren dann meist zum Windsurfen und
Kiten an die Nordsee. Nichts machte uns glücklicher, als immer wieder ans Meer
zu kommen. Und das ging von Hamburg aus wunderbar. Unsere Windsurfbretter und
Kites verstauten wir in und auf »Joshuaeii II «.
Nachdem »Joshuaeii I « in den Ruhestand gegangen
war, hatten wir uns einen neuen VW -Bus, einen T 4, zugelegt, weil wir auf ein fahrbares Zuhause mit
eingebautem Bett und Kochnische nicht verzichten wollten. Statt knallgelb trug
»Joshuaeii II « weiß mit orangefarbenen
Rallysteifen.
    Inzwischen hielten wir auch konsquenter nach einem Boot Ausschau.
Wir hatten ziemlich genaue Vorstellungen davon, wie unser Schiff aussehen
sollte. Ein Katamaran, nicht unter vierzehn Meter lang. Er sollte nicht aus
Plastik sein, kein stinknormaler Joghurtbecher, wie sie in jeder Lagune
herumliegen. Zuletzt hatten wir eine Segeltour in Griechenland sowie eine um
Mallorca herum gemacht. Aluminium war Stefans bevorzugtes Material, weil es
robust war und problemlos fünfzehn, zwanzig Jahre auf dem Meer überstehen
konnte.

Von Schülern und Idolen
    Ich lag im Bett und schaute Stefan zu, wie er sich
geschickt eine Krawatte umband.
    Â»Wie sehen deine Pläne für heute aus?«, fragte er, während er sein
Werk im Spiegel begutachtete.
    Â»Vormittags Yoga, und danach will ich mich bei einer indischen
Organisation vorstellen, die soziale Projekte an Ausländer vergibt.«
    Stefan und ich lebten seit einem Monat in der Orchard Road, mitten
im Zentrum der Millionenmetropole Singapur. 2004, genau an meinem 30. Geburtstag, war ich in dem kleinsten Staat
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