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Blausäure

Blausäure

Titel: Blausäure
Autoren: Agatha Christie
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hat sie sich keinen Deut darum geschert.»
    «Da hast du Recht. Ich glaube, Stephen Farraday hat ihr Interesse geweckt. Er lieh ihr ja immer Broschüren und so.»
    «Was hat denn Sandra Farraday davon gehalten?», fragte George.
    «Wovon?»
    «Davon, dass ihr Mann Rosemary Broschüren lieh.»
    «Das weiß ich nicht», sagte Iris verlegen.
    «Sie ist eine sehr reservierte Frau», meinte George. «Kalt wie ein Kühlschrank. Aber es heißt ja, sie sei verrückt nach Farraday. Ganz der Typ, der ihrem Mann die Freundschaft mit ‘ner anderen Frau gründlich übel nehmen könnte.»
    «Möglich.»
    «Wie kamen denn Rosemary und Farradays Frau miteinander aus?»
    Iris antwortete zögernd: «Ich glaube, nicht sehr gut. Rosemary hat sich über Sandra lustig gemacht. Sie hielt sie für eine dieser mit Politik voll gestopften Frauen, die sie immer mit einem Schaukelpferd verglich. Übrigens, Sandra hat ja wirklich etwas von einem Pferd an sich. Und Rosemary meinte: Wenn du da mit einer Nadel hineinstichst, dann läuft das Sägemehl raus.»
    George grunzte.
    Dann fragte er: «Triffst du dich noch mit Anthony Browne?»
    «Allerdings.»
    Ihre Stimme war kühl, aber George wiederholte seine Warnungen nicht. Stattdessen zeigte er sich interessiert.
    «Hat sich ganz schön in der Welt rumgetrieben, oder? Muss ein interessantes Leben geführt haben. Hat er dir davon erzählt?»
    «Nicht viel. Natürlich hat er große Reisen gemacht.»
    «Geschäftlich, nehme ich an?»
    «Kann sein.»
    «Was für Geschäfte denn?»
    «Weiß ich nicht.»
    «Irgendwas mit der Rüstungsindustrie, oder?»
    «Davon hat er nie gesprochen.»
    «Brauchst ihm nicht zu sagen, dass ich gefragt habe. Interessiert mich halt. Letzten Herbst war er viel mit Dewsbury zusammen, weißt du, dem Vorsitzenden von United Arms Limited… Ich glaube, Rosemary hat Anthony Browne ziemlich oft gesehen, oder?»
    «Ja – möglich.»
    «Aber sie kannten sich noch nicht lange – er war doch mehr ‘ne Zufallsbekanntschaft, oder? Ist mit ihr tanzen gegangen, oder was?»
    «Ja.»
    «Ich hab mich gewundert, weißt du, dass sie ihn zu ihrem Geburtstag einlud. Hatte keine Ahnung, dass sie so vertraut mit ihm war.»
    «Er ist ein hervorragender Tänzer», sagte Iris ruhig.
    «Ja – ja, natürlich…»
    Ohne dass sie es wollte, blitzte in ihr eine Erinnerung an jenen Abend auf.
    Der runde Tisch im Luxembourg, das gedämpfte Licht, die Blumen. Die Band mit ihren eindringlichen Rhythmen. Die sieben Leute, die um den Tisch herum saßen – sie selbst, Anthony Browne, Rosemary, Stephen Farraday, Ruth Lessing, George, und rechts neben George Stephen Farradays Frau, Lady Alexandra Farraday, mit ihrem falben Haar und diesen leicht gewölbten Nasenflügeln und ihrer klaren, arroganten Stimme. Sie waren eine so vergnügte Runde gewesen – oder nicht?
    Und im Zentrum: Rosemary! Nein, nein, bloß nicht daran denken! Lieber erinnerte sie sich, wie sie neben Tony gesessen hatte – damals hatte sie ihn zum ersten Mal bewusst wahrgenommen. Bis dahin war er für sie nur ein Name gewesen, ein Schatten unten in der Halle, ein Rücken, der Rosemary die Treppen hinuntergeleitete und ihr ins Taxi half.
    Tony –
    Plötzlich kam sie wieder zu sich. Was hatte George sie eben gefragt?
    «Komisch, wie er danach so plötzlich verschwand. Weißt du eigentlich, wohin er damals gefahren ist?»
    Sie antwortete ausweichend: «Ach, Ceylon oder Indien oder so.»
    «Davon hat er an dem Abend gar nichts gesagt.»
    Mit scharfem Ton sagte Iris:
    «Warum sollte er auch? Und müssen wir jetzt darüber reden – über – diesen Abend?»
    Er lief violett an.
    «Nein, nein, natürlich nicht. Tut mir Leid, Schwesterherz. Ach – lade Browne doch mal zum Abendessen ein. Hätte Lust, ihn wieder zu sehen.»
    Iris freute sich riesig. Endlich nahm George wieder Vernunft an. Die Einladung wurde also ausgesprochen, und Anthony sagte auch zu, aber im letzten Moment musste er geschäftlich nach Nordengland fahren und konnte nicht kommen.
    Eines Tages – es war Ende Juli – verblüffte George Lucilla und Iris mit der Nachricht, dass er ein Haus auf dem Land gekauft habe.
    «Ein Haus gekauft?», fragte Iris ungläubig. «Aber ich dachte, wir wollten das Haus in Goring für zwei Monate mieten.»
    «Ist doch netter, wenn’s einem selbst gehört – oder? Da können wir zum Wochenende rausfahren, wann immer wir wollen.»
    «Wo liegt es denn? An der Themse?»
    «Nicht direkt. Na ja, eigentlich gar nicht. In Sussex. Marlingham. Little
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