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Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift

Titel: Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift
Autoren: Eva Almstädt , luebbe digital
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damit. Mit Sicherheit wissen wir bisher doch nur, dass Marlene einen Wochenendausflug geplant und Tom bezüglich ihres Reiseziels belogen hat, aus welchen Gründen auch immer. Die Freundin hat gesagt, Marlene hätte ihren Besuch schon vor dem Abflug wieder abgesagt, abgeflogen ist sie aber trotzdem. Sie hat diese Situation also zumindest im Anfangsstadium freiwillig so herbeigeführt. Was hatte Marlene also vor? Sich mit irgendwem zu treffen?«
    »Nach einem halben Jahr Ehe? Ach, Pia. Wahrscheinlich gibt es für die ganzen Schwierigkeiten eine harmlose Erklärung.«
    »Hat Tom sie schon als vermisst gemeldet?«
    »Nein. Er meint, es gäbe da so eine Frist, nach der eine erwachsene Person mindestens 48 Stunden verschwunden sein muss, bevor ...«
    »Das ist Unsinn. Er sollte sich spätestens morgen an die Polizei wenden.«
    Anna Liebig nickte und ließ sich dann zurück in die Kissen sinken, die auf dem hochgestellten Bettkopfteil hinter ihrem Kopf aufgetürmt waren. Pia starrte aus dem Fenster und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Marlene Liebig war verschwunden? Warum überraschte sie diese Tatsache gar nicht so sehr? Sie rief sich ihr Bild vor Augen. Das Bild einer gut aussehenden, selbstbewussten und erfolgreichen Frau. Was konnte passiert sein? Hatte sie Streit mit Tom gehabt?
    Ihr Bruder tat ihr aufrichtig leid. Sie hatte nur das Gefühl, dass gerade sie ihm kein bisschen helfen konnte.
    »Ich habe eine Bitte an dich«, sagte ihre Mutter, und Pia ahnte schon, was folgen würde. »Sprich du heute Abend noch einmal mit Tom. Ich möchte nicht, dass er den ganzen Abend allein zu Hause sitzt und sich Sorgen macht. Frag ihn, ob du ihm morgen mit Clarissa helfen kannst, jetzt, wo du schon mal Urlaub hast. Die Kleine muss um zwölf Uhr aus dem Kindergarten abgeholt werden. Tom kann seine Firma im Moment nicht im Stich lassen. Er hat mir erzählt, dass die bei ihm zurzeit an jedem Stuhl sägen, den sie finden können. Das liegt an der schlechten Auftragslage. Es wäre schon eine Hilfe für ihn, wenn er Clarissa versorgt wüsste.«
    »Anna, ich habe Marlenes Kind gerade zwei Mal in meinem Leben gesehen? Würde sie überhaupt mit mir mitgehen? Und Tom legt auch keinen Wert auf meine Gesellschaft, das weißt du doch.«
    »Pia, das ist in so einem Moment irrelevant. Du bist in der Familie die Einzige, die Zeit hat zu helfen. Du hattest doch sowieso nichts vor in deinem Urlaub.«
    »Ich wollte endlich meine Wohnung streichen ...«, kam es lahm von ihr. Die Farbe ihrer Wände war ihr gleichgültig, aber es widerstrebte ihr, Tom ihre Hilfe aufzudrängen, wo er sie seit einem halben Jahr behandelte wie eine Aussätzige. Und kleine Kinder waren ihr sowieso nicht ganz geheuer.
    »Ich bitte dich, deinem Bruder zu helfen.«
    Pia schluckte. Sie fühlte sich emotional erpresst. Sie sollte etwas tun, von dem sie jetzt schon wusste, dass es in einem Desaster aus Missverständnissen und Chaos enden würde. Wenn Tom sie um Hilfe bäte, wäre das etwas anderes, redete sie sich ein. Aber wie sollte sie ihrer Mutter etwas abschlagen, während sie mit Aussicht auf eine vielleicht niederschmetternde Diagnose in einem Krankenhausbett lag?
    »Ich werde auf dem Rückweg bei ihm vorbeifahren und fragen, ob ich ihm irgendwie helfen kann«, schlug sie widerstrebend vor.
    »Lass dich nicht von ihm abwimmeln, Pia. Du weißt, wie er ist, wenn er sich verletzt fühlt.«
    »Er ist dann wie sein Vater ...«, sagte Pia, weil ihr seine Ähnlichkeit mit ihrem Stiefvater, Günther Liebig, schon oft aufgefallen war. Mit den Gedanken schon bei dem bevorstehenden Besuch bei Tom, sprach sie unüberlegt weiter: »Tom und Nele wissen wenigstens, woher sie ihre Macken haben ...«
    »Ach,jetzt kommt wieder diese Geschichte.« Ihre Mutter stemmte sich aus den Kissen hoch. »Nein - du musst dich nicht entschuldigen, Pia. Ich habe ja versprochen, es dir irgendwann zu sagen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.«
    »Aber nicht jetzt, oder? Bin ich nicht langsam alt genug, um zu erfahren, wer mein Vater ist? Ich glaube langsam nicht mehr, dass die Realität irgendwie schlimmer sein könnte als die Dinge, die ich mir in meiner Fantasie so ausmale.«
    »Die Realität ist überhaupt nicht schlimm. Vertrau mir, Pia. Fahr zu Tom. Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn es Schwierigkeiten oder etwas Neues gibt.«
    Noch nie war Pia bei ihrer Mutter über diesen Punkt hinausgekommen, egal ob sie argumentierte, bat oder wütend wurde. Es war wie ein Spiel zwischen ihnen, aber
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