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Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift

Titel: Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift
Autoren: Eva Almstädt , luebbe digital
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steuerbord auszuweichen.
    »Das wird knapp, das wird richtig knapp ...« Die sonst kräftige Stimme des Wachoffiziers klang gepresst. Von der Brücke aus betrachtet sah das Schiff dort unten nur wie ein Spielzeug aus, doch Jepsen wusste, dass Menschenleben in Gefahr waren. Das durfte alles nicht wahr sein! Die Jacht war jetzt so nahe, dass die Fähre sie bei dem Drehmanöver noch mit dem Achterschiff erwischen würde.

1. Kapitel
 
    K eine Unterhose? Bemerkenswert.«
    »Die Bewertung dieser Tatsache überlasse ich getrost Ihnen. Es fiel mir nur auf, als ich die Temperatur der Leiche gemessen habe. Ich dachte mir aber schon, dass Sie das interessiert.«
    Dr. Enno Kinneberg, der Gerichtsmediziner, stand mit dem Leichenthermometer in der Hand neben Kriminaloberkommissarin Pia Korittki. Sie wusste, er meinte das weder anzüglich noch sonst irgendwie tendenziös. Es war seine spezielle Art, mit der Polizei zu kommunizieren.
    »Na und«, meinte Kriminalhauptkommissar Heinz Broders. Er hatte die Bemerkung des Gerichtsmediziners ebenfalls  gehört. »Ich habe das damals auch so gemacht: mit 14, als in der Bravo stand, dass die Bay City Rollers es so halten. Das Gefühl war aber nicht so klasse.«
    »Deine Gefühle in Ehren, Broders, kannst du dich nicht mal um die Leute dahinten kümmern, die gleich unsere Absperrung niedertrampeln?«, fragte Pia Korittki. Sie hatte beobachtet, wie die Schaulustigen die Hälse reckten und sich unaufhaltsam vorwärtsschoben, wohl um besser beobachten zu können, wie der Gerichtsmediziner seine Arbeit tat.
    Der Grund für die ungewöhnliche Betriebsamkeit am Strand von Pelzerhaken war eine Wasserleiche. Sie war vor einer knappen Stunde von drei Wanderern bei einem Ostseespaziergang gesichtet worden. Die Entdeckung eines menschlichen Körpers, der mit dem Gesicht nach unten im Wasser trieb, sich längere Zeit über nicht selbsttätig bewegte, und das bei Wassertemperaturen, die um die neun Grad herum lagen, hatte die drei dazu veranlasst, ihren Fund der Polizei zu melden.
    Zuerst war die Schutzpolizei am Strand von Pelzerhaken eingetroffen, um sich davon zu überzeugen, keinem Scherz oder Irrtum zum Opfer gefallen zu sein. Danach hatten sie die Mordkommission der Bezirkskriminalinspektion in Lübeck informiert, ein Spurensicherungsteam angefordert und auch die Wasserschutzpolizei benachrichtigt, die im nahe gelegenen Neustadt über ein Boot verfügte. Das Hafenboot der Polizei, die Habicht , lag jetzt etwa fünf Meter vor dem Strand vor Anker, die Besatzung war mit dem mitgeführten Schlauchboot an Land gekommen.
    Die Mitarbeiter der Mordkommission hatten sich inzwischen fast vollzählig am Strand eingefunden. Sie waren alle aus ihren Sonntagnachmittagsbeschäftigungen gerissen worden. Pia Korittki und Heinz Broders, die als Erste zugegen gewesen waren, hatten bereits alle relevanten Fakten vom Fundort der Leiche notiert und auch skizziert. Alles Weitere in dieser Richtung war Aufgabe der Kriminaltechniker.
    Pia Korittki klappte ihr Notizbuch zu und verstaute es zum Schutz gegen die Feuchtigkeit in ihrer Tasche. Sie sah sich um.
    Feiner Sprühregen hüllte alles in grauen Dunst. Die Luft war so kalt, als wäre es noch März und nicht Mitte Mai. Die unvermeidlichen Schaulustigen standen jetzt, nachdem Broders sie zurechtgewiesen hatte, duldsam im feuchten Wind wie eine Schar Kühe auf der Weide. Mit beunruhigender Intensität starrten sie auf das Schauspiel, das eine angetriebene Wasserleiche und ein Tatortteam der Polizei ihnen bieten konnte. Sie warteten darauf, dass noch irgendetwas Dramatisches passierte.
    Bisher war nur zu sehen gewesen, wie der Tote mit einem Leichensegel aus der Ostsee geborgen worden war. Die Wasserschutzpolizei hatte es für solche Zwecke an Bord, um bei der heiklen Arbeit an einer Wasserleiche diese nicht grob berühren zu müssen.
    Aus der Entfernung sah der Tote wie ein beliebiges dunkles Bündel aus, das das Meer ausgespuckt hatte. Treibgut. Pia Korittki, die durch ihre Tatortarbeit in unmittelbare Nähe der Leiche gelangt war, hatte sich den Mann jedoch genauer angesehen: Er war mittelgroß, normalgewichtig und bis auf die fehlende Unterhose gut und teuer gekleidet. Für die Temperaturen vielleicht etwas zu sommerlich, denn er trug nur ein Sporthemd über seiner Markenjeans, keine wettertaugliche Jacke. Seine Füße waren nackt, aber das besagte nicht viel, denn Schuhe konnten leicht von der Strömung im Wasser fortgerissen worden sein. Aber die fehlende
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